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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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eine
Todesrate von vier Prozent überraschend hoch erscheint, so ist
doch bei einer zahlenmäßig so geringen Basis der
Erhebung…«
    »Und zweitens«, sagte Wendell und überrollte die
zahlenmäßig geringe Basis genauso, wie Peterson es ihm
aufgetragen hatte, »finden die Streiter, daß Menschenopfer
durch die Bibel gerechtfertigt sind. Die sind dazu fähig, das
können Sie mir glauben! Ich weiß es! Die nehmen
Leviticus wörtlich!«
    »Wo es heißt…«
    Wendell rezitierte mit aller Sorgfalt. Nichts von dem Zeug
über die Wiederauferstehung des hl. Cadoc, hatte Peterson
gesagt, aber die Bibel zitieren, das war okay. Wendell machte die
kleine Pause, wo Peterson sie wollte, und fuhr fort: »›Denn
die Seele des Fleisches ist im Blut, und ich habe es euch auf den
Altar gegeben, daß eure Seelen damit versöhnet
würden. Denn das Blut ist die Versöhnung, weil die Seele in
ihm ist.‹ Das ist die Stelle, die dafür herhalten
muß, daß sie Tiere umbringen und ihr Blut auf den Boden
rinnen lassen.«
    »Und Sie wissen, daß Ihre Kinder dieses
Blutvergießen haben mitansehen müssen.«
    »Wer weiß schon, was für Auswirkungen so was auf
ein kleines Kind haben kann? Ich will meine Kinder weghaben von dort!
O Gott, ich will sie nur raushaben!«
    Das Miene der Gastgeberin, die ihn angestarrt hatte wie ein
gefährliches Raubtier, wurde ein wenig sanfter. Sie hielt immer
noch die Fotos von Penny und David in der Hand. Wendell sah,
daß Peterson drei Finger hochhob.
    »Und drittens, Rebecca…« Das war das erste Mal,
daß Wendell sie beim Vornamen ansprechen sollte, »drittens
glaubt auch der amtliche Leichenbeschauer, daß an der Sache mit
den Menschenopfern in der Siedlung etwas dran ist.«
    »Doktor Richard Stallman«, ergänzte Rebecca
Johnson. »Er war vor einiger Zeit schon einmal Gast bei
›Albany heute‹. Aber sagen Sie uns, was für Hinweise
haben Sie, daß bei den Behörden bereits ein Verdacht gegen
die Streiter des göttlichen Bundes besteht?«
    Wieder erinnerte Wendell sich daran, eine kleine Pause zu machen.
»Weil letzte Woche von Amts wegen zwei der Toten, die im August
in der Siedlung gestorben sind, exhumiert wurden.«
    Rebecca Johnson hatte gewußt, daß diese Antwort kommen
würde – Peterson sagte, das wäre der Grund, daß
sie sich überhaupt einverstanden erklärt hatte, Wendell in
die Sendung zu lassen –, aber jetzt tat sie so bestürzt und
aufgeregt, als wäre ihr das alles neu.
    Man konnte keinem einzigen von denen über den Weg trauen.
    »Eine Exhumierung ist etwas sehr Ungewöhnliches, nicht
wahr, Wendell?«
    »Allerdings. Ist fast nicht möglich, dafür eine
Genehmigung zu kriegen. Also warum haben die Distriktsbehörden
nicht nur einen, sondern sogar zwei Leichen exhumieren lassen, die
aus der Siedlung stammen? Wenn nicht bei den ersten Obduktionen
irgendwie gepfuscht wurde oder sonst was faul war?«
    »Das ist eine gute…«
    »Klar ist das eine gute Frage! Und keiner gibt mir eine
Antwort darauf, nicht die Behörden – und wir haben
tausendmal dort angerufen, das können Sie mir glauben! Und auch
nicht die Ältesten des göttlichen Bundes, die nicht mal mit
mir reden wollen, wo es doch meine eigenen Kinder dort drinnen sind,
um die ich mir so schreckliche Sorgen mache! Und auch nicht
Saralinda, meine Exfrau, die das sogenannte Sorgerecht bekommen hat,
weil ich vor ’ner Weile Mist gebaut hatte und die Streiter
keinem Menschen je vergeben, ganz egal, wie klar und deutlich es in
der Bibel steht: ›Lasset denjenigen, der unter uns ohne
Sünde ist, den ersten Stein werfen!‹ Man soll doch den
Sündern vergeben…«
    Peterson runzelte die Stirn und legte den Zeigefinger über
den Mund. Wendell ignorierte ihn. Deshalb war er gekommen – um
genau das zu sagen! Dies war ein Ausbruch wie der bei der
Radiosendung, er war besser in Fahrt wie nach einem Scotch, und er
hatte sich seine Rede verdient, bei all dem Scheißkram, den er
bisher mitgemacht hatte! Er hatte ein Recht darauf, und er würde
sagen, was er sich vorgenommen hatte, und zwar alles!
    »Und ums Vergeben geht es hier, Rebecca! Nicht, daß Sie
was Falsches denken – was ich getan habe, war nicht richtig,
aber der Herr hat mir vergeben, und ich habe mein Leben wieder im
Griff. Ohne Hilfe von den Streitern oder meiner Ex… meiner
Saralinda, die nie einen Grund sieht, um Vergebung zu bitten, weil
sie denkt, sie würde nie was falsch machen. Ist das nicht
’ne Sache, Rebecca? Jemand, der denkt, er würde niemals was
falsch machen?

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