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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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zurückgehen und es noch mal machen
könnte, es anders machen könnte, wenn sie etwas tun
könnte, um Susie zu helfen…
    Etwas tun. Tun. Irgend etwas. Wenn sie etwas anders machen
könnte, um Susie zu helfen… Aber es gab nichts mehr, was
Susie noch helfen konnte. Susie war tot. Und alles, was Jeanne jetzt
unternahm, würde sie nur selbst in Gefahr bringen.
    Aber Jeanne war schon tot. Wenn sie weiterhin in jeder
glänzenden Fläche Sue Ann Jeffersons Spiegelbild sehen
mußte, wenn sie weiterhin jede Nacht schweißgebadet
aufwachen und vor jeder Überquerung einer Straße
Herzklopfen bekommen mußte – dann war sie, Jeanne Cassidy,
bereits so tot wie Susie.
    »Nein! Laß mich nicht allein!«
    Wieder klingelte das Telefon. Jeanne ignorierte es.
    Sie konnte sich nicht an den Namen des Mannes erinnern, der sie in
Las Vegas befragt hatte. Der FBI-Agent. Carter? Connors? Der
Anfangsbuchstabe war ein C. Und sein Vorname war Robert gewesen,
daran erinnerte sie sich. In Vegas hatte sie so viele Männer nur
beim Vornamen gekannt…
    Cavanaugh. Robert Cavanaugh.
    Das Telefon klingelte immer noch. Wiederum Jeff. Jeanne hob den
Hörer einen Fingerbreit hoch, legte ihn wieder hin und hob ihn
erneut. Dann wählte sie 1-555-1212.
    »Rufnummernauskunft. Welche Stadt, bitte?«
    »Washington, D.C.«
    »Dazu benötigen Sie eine andere Vorwahl. Wählen Sie
bitte 1-202-555-1212.«
    »Danke.« Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme
ruhig. Sie tippte die Ziffern ein, bekam die gewünschte Nummer
und wählte erneut.
    »FBI-Zentrale.«
    Es war Samstagabend. »Ich möchte gern eine Nachricht
hinterlassen. Für einen Ihrer Agenten. Wenn er Montag wieder zur
Arbeit kommt.«
    »Name, bitte.«
    »Ich möchte meinen Namen lieber nicht nennen.«
    »Den Namen des Agenten meinte ich.« Eine geduldige
Stimme.
    »Robert Cavanaugh.«
    »Ich verbinde Sie mit seinem Telefonbeantworter.«
    Eine Sekunde später hörte sie seine Stimme, angenehm
aber sparsam mit Worten. »Robert Cavanaugh. Bitte hinterlassen
Sie eine Nachricht.« Piep.
    Jeanne leckte sich über die Oberlippe. Sie holte ausgiebig
Atem, um ihre Stimme tief aus dem Zwerchfell kommen zu lassen, so wie
es ihr in Las Vegas ein Schauspieler, der vorübergehend als
Hilfskellner arbeitete, gezeigt hatte. »Das FBI sollte erfahren,
daß Carlo Gigliotti und Sue Ann Jefferson von denselben Leuten
getötet wurden, nämlich von Carlos Leuten. Miss Jefferson
hatte von etwas Gefährlichem Kenntnis, das Carlo ihr verraten
hatte. Von Cadoc. Verico. Cadaverico.«
    Jeanne legte auf. Zwölf Sekunden. Das konnten sie doch nicht
rückverfolgen, oder? Im Fernsehen brauchten sie dazu immer
länger als zwölf Sekunden.
    An der Klinke ratterte es heftig. Sie hielt die Tür immer
fest verschlossen. Jeff hämmerte dagegen. »Jeanne! Mach
auf! Ist alles in Ordnung?«
    Jeanne starrte noch einen Augenblick lang das Telefon an und
schloß dann die Tür auf.
    »Warum blockierst du denn das Telefon? Ich dachte schon, du
hättest… Menschenskind! Was hast du bloß mit dir
angestellt!«
    Jeanne lächelte und ließ ihn gucken. Sie bewegte die
Schultern ein wenig über dem trägerlosen Ausschnitt.
Komisch, wie rasch das alles wieder zurückkam, wenn man es
brauchte. Jeff starrte sie sprachlos vor Verblüffung an.
    »Komm, gehen wir«, sagte sie, griff nach ihrem
Perlentäschchen und preßte es an sich.
    »Du siehst ja… unglaublich aus!« sagte
Jeff.
    »Danke«, sagte sie lächelnd, schaltete das Licht
aus, und Susies Bild verschwand aus dem Spiegel.

Über
Nacht hatte sich eine Schneedecke über Boston gelegt. Judy
Kozinski lag im Bett und hörte Radio. Kämpfe in Liberia.
Das Begräbnis vom Obersten Richter William Taylor Fogel. Die
Celtics verlieren gegen die Knicks. Mit Winterstürmen in einem
Großteil des östlichen Seengebietes mußte gerechnet
werden.
    Sie setzte sich auf, zog den Vorhang zur Seite und rieb eine klare
Stelle in die Fensterscheibe, um das sehen zu können, was sie
nicht sehen wollte. Zwei Wochen lang wolkenloser Himmel, und dann, in
der Nacht vor einer beabsichtigten längeren Autofahrt –
rrrumms. »Winterstürme.«
    Zumindest dreißig Zentimeter Schnee blockierten ihre
Ausfahrt. Sie würde eine Stunde brauchen, um den Weg
freizuschaufeln. Und es schneite immer noch. Die Fahrt mit dem Wagen
nach New York würde grauenhaft sein.
    Judy kaute an der Unterlippe und kam zu einem Entschluß.
    »Amtrak? Wann geht der nächste Zug von Boston zur
Pennsylvania-Station? In einer Stunde und fünfzehn

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