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Verico Target

Verico Target

Titel: Verico Target Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Aber der Herr weiß es besser. Er weiß,
daß ich meine Fehler bitter bereue, daß sie aber auch ihr
Teil an Schuld daran trägt, weil sie mich soweit getrieben hat!
Immerzu fand sie, ich wäre nicht gut genug als Streiter,
wäre nicht fromm und gottgefällig genug, wäre nicht
Manns genug, um so zu leben wie die Ältesten… Sie hat mich
zur Verzweiflung getrieben, Rebecca, und dann habe ich eben Mist
gebaut. Aber hat sie sich jemals bei mir entschuldigt? Darauf
läuft’s hinaus mit der Religion in dieser Siedlung –
daß die dort immerzu recht haben, und alle anderen haben,
verdammt noch mal, immer unrecht…!«
    Irgend etwas stimmte nicht. Rebecca hatte sich vom Sofa erhoben
und mit dem Rücken zu Wendell in einen Sessel am anderen Ende
der Bühne gesetzt.
    Wendell sprach zwar – aber Rebecca auch, denn er konnte sie
besser hören als sich selbst. Auch die beiden Kameras waren auf
sie gerichtet, und dann schwenkte eine davon zu dem jungen Mann, der
mit einem weißen Telefon die flachen Stufen zur Bühne
hochkam.
    Rebecca Johnson nahm das Telefon und stellte es auf ein Tischchen
neben ihrem Sessel. Der junge Mann ging wieder, und hinter den
Kameras lehnte Peterson sich an die Wand. Wendell schüttelte
sein Mikrophon; es war abgeschaltet.
    »Herr Doktor Stallman, guten Abend bei ›Albany
heute‹!« sagte Rebecca Johnson in den Hörer. »Was
für eine unerwartete Freude!«
    »Es ist keine Freude«, sagte eine tiefe Stimme, die
deutlich irritiert klang. Die Stimme erfüllte das ganze Studio.
»Es ist ein Dienst an der Öffentlichkeit. Ich fühle
mich verpflichtet, diese ganze Angelegenheit zurechtzurücken,
ehe Ihre Zuseherschaft einen völlig falschen Eindruck
bekommt.«
    »Aber gewiß, Herr Doktor!« flötete Rebecca.
Obwohl Wendell sie nur von hinten sah, wußte er, wie er diesen
Rücken – gerade, ein wenig vorgebeugt, die Schultern
hochgehoben – zu deuten hatte: Rebecca, die Klassefrau, war ganz
entzückt über diesen Anruf.
    »Zum ersten lassen Sie mich Mister Botts’ törichter
Behauptung, daß die von dieser Dienststelle durchgeführten
Autopsien unvollständig sind, kategorisch widersprechen. Wir tun
unsere Arbeit ausnahmslos sorgfältig, umfassend und
fachmännisch. Das sind unsere Standards, und wenn es jemanden
gibt, der meint, Beweise für das Gegenteil zu haben, dann
fordere ich ihn hiermit auf, sie auf den Tisch zu legen!«
    »Bitte fahren Sie fort, Doktor Stallman.« In ihrem
Sessel drehte Rebecca sich halb herum; die Kamera folgte ihr. Ihre
Augen glänzten.
    »Zum zweiten hat Mister Botts seine Unkenntnis selbst der
grundlegendsten medizinischen Prinzipien demonstriert, womit ihm
jegliche Qualifikation fehlt, sich kompetent über unsere Arbeit
zu äußern. Zum Beispiel stimmt es einfach nicht, daß
der Tod durch elektrischen Strom keine äußerlichen
Merkmale hinterläßt. Alle Körperschäden
durch Elektrizität, gleichgültig, wie sie zustandekamen,
verursachen charakteristische Verbrennungen. Diese bestehen aus einer
zentralen blassen Zone mit hellroter Umgebung, wohin das Blut durch
die Hitze der elektrischen Entladung gedrückt wird. Mister Botts
ist kein Arzt, er sollte über medizinische Belange, von denen er
nichts versteht, keine Erklärungen abgeben.«
    »Bitte sprechen Sie weiter, Doktor Stallman«, sagte
Rebecca Johnson.
    »Und schließlich möchte ich klipp und klar
feststellen, daß die Exhumierung der beiden Leichname in
Cadillac eine reine Vorsichtsmaßnahme war; gewisse Personen
haben Verdächtigungen über diese Dienststelle
geäußert, die so völlig aus der Luft gegriffen waren,
daß uns die nochmalige Überprüfung unserer Arbeit die
beste Antwort darauf schien. Und dazu kam es dann auch. Die beiden
untersuchten Toten starben beide an Myokardinfarkt – an
Herzanfällen. Das besagten die Originalberichte, und genauso
lautet der Befund des Teams, das die Nachuntersuchungen
durchführte. Ist das klar?«
    »Oh, absolut«, antwortete Rebecca besänftigend.
»Und aus der Eile, mit der Sie den Sachverhalt richtigstellen
wollten, wird uns auch klar, welche Bedeutung Ihre Dienststelle
dieser Angelegenheit beimißt.«
    Ihr Tonfall klang ernsthaft, aber Wendell sah, wie es in ihren
Augen funkelte. Hinter der Kamera winkte der junge Mann, der das
Telefon gebracht hatte, heftig mit beiden Händen. Abrupt sagte
Doktor Stallmans Stimme: »Ich danke Ihnen, daß mir
Gelegenheit für diese Richtigstellung gegeben wurde«,
gefolgt vom Klicken des Telefons.
    Rebecca blickte direkt in die

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