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Verirrt in den Zeiten

Verirrt in den Zeiten

Titel: Verirrt in den Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oswald Levett
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ich mein Büchlein an das Herz.
Wie jener Dichter, der in fernem, wildem Lande sich mühsam
vor dem Tode rettet und, mit den Fluten kämpfend, in erhobnen
Händen, gleich einem Heiligtum, sein Letztes trägt, sein
Einziges, sein alles: seine Werke. 15 )
    Entsagungsreicher Trost: Diese Handschrift ist alles, was
von mir bleibt . . . Ich werde Kunde geben.
    15)   Gemeint ist Camões, der Dichter der »Lusiaden«, der Ilias und Odyssee
der Portugiesen. Als er von Goa in Indien heimkehren wollte, scheiterte das
Schiff. Camões stürzte sich in die Wellen, und mit der Rechten schwimmend,
hielt er in der Linken die Handschrift der Lusiaden hoch über die Wogen empor.
Einundfünfzigstes Kapitel
    S ie haben mich gepeitscht, sie haben mich gemartert. Die
Glieder haben sie mir schier gebrochen, aus meinen Nägeln
ist das Blut gespritzt. Und ich habe bekannt, was sie nur wollten;
den Mord an Konradin und an Agathe und schwarze
Kunst und Teufelsbund.
    Mein Urteil ist gesprochen: daß mir ob meiner lästerlichen
Reden die Zunge ausgerissen, daß mir ob meiner anderen
Missetaten aus lebendem Leib das Herz herausgeschnitten
und ums Maul geschlagen, daß ich alsdann gevierteilt werden
solle.
    Noch einmal bäumte sich mein Lebenswille auf: Diese tollen
Bestien halten meine Wissenschaft für Hexenkunst und
Blendwerk. Aber einen gibt es; dessen feurig düstrer Geist hat
mich sofort verstanden; der hat mir vertraut, mir ein Bündnis
angeboten: Wallenstein.
    Ich gab dem Turmwart all mein Geld und gab ihm den
Smaragdring. Und er versprach mir, seinen Sohn zu Wallenstein
zu senden mit dem Ring und mit der Botschaft, ich
nähme sein Anerbieten an, doch möge er kommen, mich befreien.
    Und es verstrichen drei angstvolle frohe Tage, drei Ewigkeiten
banger Hoffnung. Wenn nachts ein fernes Wetterleuchten
meinen Kerker schwach erhellte, so hielt ich es für
Lichtsignale des Befreiers, und wenn das Fenster unterm
Nachtwind leise klirrte, so fuhr ich auf und wähnte, die Erde
zittre unter dem Tritt der nahenden Kolonnen.
    Doch am vierten Tage sah ich den Reif am Finger meines
Wächters und sah den Stein am Halse seiner Tochter. Als ich
ihn verzweifelt beschwor, er möge doch nicht solch ungeheuerlichen
Treubruch auf sich laden, da stieß er die Faust in
mein Gesicht und gröhlte verlegen: »Was glaubt Er, zauberischer
Bube, daß ich um solche Botschaft an den Feind meinen
besten Hals verwette? Sei froh, du Rabenaas, daß ich nichts
bei Gericht vermelde. Sonst tun sie dir noch obendrein die
Pfoten am langsamen Feuer rösten.«
Zweiundfünfzigstes Kapitel
    S ie mögen mich töten, schänden werden sie mich nicht. Bei
ihrer Habsucht wußte ich sie zu packen und habe ihnen etwas
vorerzählt von ungeheuern Reichtümern, die bei meinem
Hause vergraben seien, von zauberhaften Schätzen, die ich
durch schwarze Kunst gehoben hätte. Die soll ich ihnen zeigen.
    Noch ist meine Dynamomaschine unversehrt. Sie soll mich
töten, soll mich vom Martertode retten.
    Während ich gramvoll dem Tod entgegensinne, öffnet sich
die Kerkertüre, und es tritt ein Priester ein. Der Todesbote.
    Ich erkenne ihn: Er ist es, dem ich damals vor dem Rathause
begegnet war. Wenn mich auch seine Lehre nicht trösten
kann, so ist es doch schon Trost, ein solches Angesicht zu
sehen und eines Menschen Stimme zu vernehmen.
    Auf seine Bitte, ich möge durch die Beichte mein Herz erleichtern,
er sei gekommen, mir Trost zu spenden, erwiderte
ich: »Ich habe nichts zu beichten. Auch glaube ich nicht an
das Sakrament.«
    »Ich weiß, Ihr gleichet keinem Mörder, keinem Hexenmeister,
und ich ahne, daß über Euch Außerordentliches waltet.
Ach, menschliche Gerechtigkeit ist fehlbar. Wie viele mußte
ich zum Martertod geleiten, die schuldlos waren so wie Ihr.
Aber verhärtet nicht Euer Herz. Sprechet. Es wird Euch
Lindrung bringen. Und Ihr sprecht zu einem Herzen, das mit
Euch fühlt.«
    So erzählte ich ihm alles. Erzählte ich mir alles, mein ganzes
Lebensschicksal. Überschaute es noch einmal in düstrem
Rückblick, übersann es.
    Viele Stunden lang sprach ich vor mich hin, bis das Tageslicht
mählich verblaßte.
    Und er hörte zu wie nur ein reines, edles Herz zu hören
weiß. Nur ab und zu, wenn mir in übergroßem Schmerze die
Stimme brach, neigte er sein gütiges Gesicht ganz nah zu mir
und strich mir tröstend über meine Stirne.
    Als ich zu Ende war, sprach er mit ergriffner Stimme: »Bruder,
mein geringer Verstand vermag all dies nicht zu begreifen.
Doch will ich aus dem Urquell

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