Verirrte Herzen
wieder zu Caro? Da war es doch so schön.« Lilly hatte kein Verständnis dafür, dass sie eine neue Wohnung suchten.
Es fiel Anne schwer, mit ihrer Tochter darüber zu sprechen. Aber sie musste, das war nur fair. Lilly hatte ein Recht zu erfahren, warum sie innerhalb kürzester Zeit ein drittes Mal umziehen sollte. Anne atmete tief durch. »Caro und Mama haben sich nicht mehr lieb. Deswegen können wir nicht mehr zu Caro zurück.« Sie machte eine kleine Pause und sah Lilly ernsthaft an. »Manchmal passiert es leider, dass Menschen sich nicht mehr liebhaben.«
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Lilly ihre Mutter an. »Ich werde dich immer liebhaben«, widersprach sie lautstark. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie irgendwann ihre Mama nicht mehr liebhatte.
»Ich dich auch, das verspreche ich dir.« Anne drückte Lilly an sich und küßte sie zärtlich. »Es wird niemals passieren, dass ich dich nicht mehr liebhabe. Das musst du mir glauben.« Eine kleine Träne lief ihre Wange hinunter.
»Mama, weinst du?«
»Nur weil ich so glücklich bin, dass es dich gibt.« Sanft strich Anne ihrer Tochter die Locken aus dem Gesicht.
Sie machten sich auf den Rückweg. Diese Wohnung war sicherlich nicht das richtige für sie.
»Was habt ihr denn heute Schönes gemacht?« wollte Nadine wissen, als Anne und Lilly die Wohnung betraten.
Bisher hatte Anne ihrer besten Freundin verschwiegen, dass sie auf Wohnungssuche war. Sie wollte ihr auf keinen Fall das Gefühl geben, sich bei ihr nicht wohlzufühlen. Aber nun war wohl der richtige Zeitpunkt gekommen, Nadine von ihren Plänen zu berichten. Anne räusperte sich. »Wir haben eine Wohnung besichtigt.« Ihre Augen ruhten erwartungsvoll auf Nadine. Sie war gespannt, wie sie reagieren würde.
Nadine fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Ihre Gesichtszüge spannten sich an. »Oh«, war zunächst alles, was ihr in diesem Augenblick dazu einfiel.
Es schien Anne, als müsste sie eine Erklärung hinzufügen. »Es ist nicht so, dass ich hier unbedingt weg möchte. Ganz im Gegenteil, es ist wirklich toll, mit dir zusammen zu wohnen. Wir fühlen uns hier sehr wohl.« Anne lächelte Nadine bestätigend zu. »Aber wir wollen dir nicht länger zur Last fallen. Und so, wie es aussieht, werden wir über kurz oder lang eine eigene Wohnung brauchen. Caro möchte uns nicht mehr in ihren vier Wänden. Damit muss ich mich abfinden.«
»Aber ihr fallt mir doch nicht zur Last«, protestierte Nadine. »Ich bin froh, dass ihr hier seid. Meine Wohnung ist doch viel zu groß für mich allein. Außerdem habe ich mit dir abends die angenehmste Gesellschaft, die ich mir vorstellen kann, nämlich die Frau, die mich am besten kennt.« Sie grinste Anne an.
»Das sagst du jetzt nur, weil dein letztes Date ein Reinfall war. Stell dir vor, ihr hättet euch näher kennenlernen wollen, da hättest du mich aber schnell auf die Straße gesetzt.« Anne knuffte Nadine neckisch in die Seite und zwinkerte ihr zu.
»Ja, unter diesen Umständen hätte ich dir nicht länger Asyl gewähren können. Das stimmt.« Nadine lachte lauthals los.
Als sie sich wieder gefangen hatte, sah sie Anne ruhig an. »Im Ernst, ihr könnt hier so lange wohnen, wie ihr wollt. Ich würde mich jedenfalls freuen.«
Nachdenklich rieb sich Anne über die Stirn, auf der sich eine tiefe Falte gebildet hatte. »In Ordnung«, gab sie sich schließlich geschlagen. »Aber ich suche weiter nach einer Wohnung, vielleicht nur nicht mehr so krampfhaft wie im Moment.«
Ihre beste Freundin nickte und streckte Anne ihre Hand entgegen. »Einverstanden.«
Anne nahm die Hand an und grinste. »Einverstanden.«
Beide prusteten los. Eine so gute Freundschaft wie die, die sie verband, war mit Sicherheit eine Seltenheit.
Während Lilly in ihrem und Annes Zimmer verschwand, kochte Nadine Tee, und die beiden Frauen setzten sich damit gemütlich an den Küchentisch.
Plötzlich seufzte Anne tief. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie dankbar ich dir für deine Hilfe bin. Ohne dich hätte ich die letzten Wochen wohl nicht überstanden.« Sie neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Momentan ist es wirklich sehr schwer für mich. Auch wenn ich mich noch so sehr ablenke, ich muss doch ständig an Caro denken. Sie geht mir einfach nicht aus dem Kopf.« Anne hörte sich nun wieder niedergedrückter an. Ihre Begegnung auf dem Parkplatz vor der Kanzlei kam ihr in den Sinn. Anne senkte den Blick, ihre Stimme zitterte. »Als ich Caro das letzte Mal gesehen
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