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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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müssen sogar ihrerseits die Angaben sämtlicher Personen notieren, die sie befördern.»
    «Ja, das stimmt leider», gab der Pennal zu, «in meinem Gewerbe gibt es viele Spione, doch auch Inspektoren, die, sagen wir … tolerant sind», schloss er und zwinkerte uns verschwörerisch zu.
    «Penicek», ergänzte Simonis, «wird von den Behörden geduldet, wie andere auch. Es genügt, einen kleinen ‹Obolus› zu zahlen … und schon bekommt seine Tätigkeit eine Reihe von Vorteilen. Erklär du ihm das, Pennal.»
    «O ja, freilich, Herr Meister», bestätigte Penicek, während die Kalesche knarrend durch die menschenleeren Straßen fuhr. «Zuvörderst zahle ich keine Steuern, da ich weder zu den Kleinfuhrleuten, die wenige Personen befördern, noch zu den Großfuhrwerkern gehöre, welche schwere Waren transportieren. Auch werden mir Kalesche und Pferd nicht für Reisen des Hofstaates beschlagnahmt oder um Kanonen zu transportieren, wenn der Krieg ausbricht. Ich bin nicht verpflichtet, mich an der Beseitigung des Abfalls oder, im Winter, des Schnees zu beteiligen. Wenn ich nicht möchte, muss ich nicht einmal Kohle transportieren oder mich mit Fahrten zwischen Wien und Linz abplagen. Ich fahre zwischen der Stadt und den Vorstädten hin und her, das genügt mir vollauf. Die Großfuhrwerker sind seit einiger Zeit verpflichtet, mindestens acht Pferde und vier Wagen zu halten. Letztes Jahr hat sich die Zunft der Pferdeverleiher mit jener der Kleinfuhrleute zusammengetan. Also muss jetzt beschlossen werden, wessen Regeln gelten. Es wird alles so kompliziert, warum sollte ich mich da einmischen? Ich habe meine Pferde, meine vier Räder und meine Remise in der Gegend von Rossau. All das hat mich wenig gekostet. Will ich aufhören, verkaufe ich es wieder. Klar, man muss aufpassen: Wenn ich einen Unfall habe und man womöglich entdeckt, dass ich betrunken war, verpassen sie mir ein saftiges Bußgeld, und ich komme ernsthaft in Schwierigkeiten. Man muss eben immer die Augen offen halten.»
    Trotz seines unterwürfigen Gebarens, dachte ich, schien dieser Penicek einer zu sein, der sich gut durchzulavieren wusste.
    «Simonis», wandte ich mich wieder an meinen Gehilfen, «du hast dich in meinen Dienst begeben, um ein wenig Geld zu verdienen. Penicek arbeitet als Kutscher. Danilowitsch dagegen wird das Studium, da er ein Graf ist, wohl von seiner Familie bezahlt bekommen, oder?»
    «Ja, er ist ein Graf, er stammt aus einer der berühmtesten Familien Pontevedros, aber dieser kleine Staat ist total bankrott. Um die Geschicke seiner Nation zum Besseren zu wenden, hat Danilo sogar versucht, sich eine reiche Witwe aus der Gegend hier zu angeln, aber das war ein Fehlschlag.»
    «Alles Frömmlerinnen!», meinte Penicek kopfschüttelnd, während er dem Pferd die Zügel gab. «In Paris hätte er es versuchen sollen, ja, da gibt’s lustige Witwen …»
    «Aber da hat ihm dieser verdammte Krieg einen Strich durch die Rechnung gemacht», erklärte der Grieche. «Und um sich durchs Leben zu schlagen, hat er sich jetzt dazu erniedrigt, einem nicht besonders ehrenvollen Gewerbe nachzugehen: Er ist Spion.»
    Ich schrak auf: nach Atto schon wieder ein Geheimagent?
    «Nicht so, wie Ihr fürchtet», fügte Simonis sofort hinzu, «er ist ein legaler Spion, bevollmächtigt sozusagen.»
    Er erläuterte mir, dass der vormalige Kaiser Leopold, der Vater Josephs I., ein frommer und rechtschaffener Geist war. Er schreckte vor jeglichen Exzessen zurück und ließ in hohem Grade Vorsicht, Geduld und Sparsamkeit walten. Und da Österreich, wie ich wohl wusste, von der Göttin des Überflusses geküsst war und noch der letzte der Untertanen genug besaß, um wie ein König zu leben, hatte Leopold, damit der Edelmann nicht mit dem Tagelöhner, der Fürst nicht mit dem Tischler, die Dame nicht mit der Magd verwechselt wurde, die Gesellschaft in fünf Klassen unterteilt. Einer jeden hatte er genau vorgeschrieben, welcher Luxus ihr gestattet und welcher verboten war. Von dieser Klassifizierung waren nur die Adeligen und Kavaliere ausgenommen, da ihnen besondere Privilegien gebührten.
    «Tatsächlich habe ich von diesen fünf Klassen schon gehört. Doch seit ich hier bin, hat mich noch niemand gefragt, welcher ich angehöre», wandte ich ein.
    «Vielleicht, weil Ihr ein Fremder seid und niemand daran gedacht hat, Euch zu kontrollieren. Für die Wiener ist das jedoch eine sehr ernste Angelegenheit.»
    Simonis gab mir einen kurzen Überblick über die fünf Klassen.

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