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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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vier Diamantenketten hinein, die mit riesigen Spangen aus Perlen oder roten, grünen und gelben Steinen befestigt werden. Zuletzt vermögen sie sich mit dieser Apparatur auf dem Kopf kaum mehr zu bewegen! Ihr könnt euch gut vorstellen, wie eine derart abenteuerliche Weise, sich zu kleiden, die natürliche Hässlichkeit, mit welcher die hiesigen Frauen auszustatten der Natur beliebte, betont und verstärkt. Ganz zu schweigen davon, wie sauertöpfisch und griesgrämig sie sind. In Paris hat man mir erzählt, nichts und niemand sei hier lebhaft, sondern alles von Phlegma durchdrungen, und keiner errege sich je wirklich, außer in Fragen, die das Zeremoniell betreffen. Hier würden die Wiener ihre hemmungslosesten Leidenschaften austoben. Stimmt das denn?»
    «Nicht dass ich wüsste», antwortete ich, verärgert über die Reihe böser Gerüchte über meine Wahlheimat. Wenn er so schlecht über Wien dachte, hätte ich ihm sagen wollen, warum hatte er mich dann hergeschickt?
    «Freilich habe auch ich mich kundig gemacht, und an der Poststation habe ich gehört, vor kurzem seien des Nachts zwei Kutschen in einer Gasse zusammengestoßen, und keine der Damen, die darin saßen, wollte nachgeben – also zurückfahren und der anderen den Vortritt lassen –, da beide von gleichem Rang waren. Fast die ganze Nacht haben sie damit zugebracht, einander die verdienten Ehrungen ihres gesellschaftlichen Standes aufzuzählen, um die andere zu überzeugen, sie müsse zurückweichen. Die Sache artete so aus, dass man schon bald in allen umliegenden Straßen ihre Schreie hörte. Es scheint sogar, als hätten sie den Kaiser geweckt, der seine Leibgarde schicken musste, um sie zum Schweigen zu bringen, wiewohl es dieser erst gelang, der Sache Herr zu werden, als sie auf die Idee kam, beide Kutschen gleichzeitig rückwärts aus der Gasse zu ziehen und sie dann auf getrennte Wege umzuleiten …», schloss er mit einem impertinenten Gelächter.
    Mir blieb nur noch der Versuch einer letzten Offensive:
    «Signor Atto, es hat einen Mord gegeben», sagte ich unvermittelt.
    Endlich hatte das Geschwätz Melanis ein Ende.
    «Einen Mord? Aber was erzählst du mir da, Junge?»
    «Gestern Nacht. Ein Freund von Simonis, meinem Handwerksgesellen. Simonis hatte versprochen, einige seiner Kommilitonen, die auch ich kennengelernt habe, als Spürnasen auf die Fährte dieses sonderbaren Goldenen Apfels zu schicken, von dem der Türkische Aga während der Audienz bei Prinz Eugen gesprochen hat.»
    «Ich erinnere mich sehr gut. Und dann?»
    «Gestern Nacht hatten Simonis und ich mit einem dieser Studenten eine Verabredung auf den Bastionen. Er hieß Danilo, Graf Danilo Danilowitsch. Als wir ihn fanden, lag er im Sterben. Man hat ihn erstochen, er ist in unseren Armen gestorben.»
    Abbé Melani wandte seinen blinden Blick von mir ab, seine Miene wirkte kummervoll und besorgt zugleich.
    «Das ist wirklich traurig», sagte er, nachdem er einige Augenblicke geschwiegen hatte. «Hatte er Familie?»
    «Nicht in Wien.»
    «Hat euch jemand gesehen, als ihr diesem Grafen Danilo beistandet?»
    «Wir glauben nein.»
    «Gut. Dann werdet ihr wahrscheinlich nicht in die Sache hineingezogen», sagte er mit einer Spur Erleichterung in der Stimme. Er hatte wohl kurz um sein eigenes Wohl gebangt.
    «Danilowitsch hieß er, hast du gesagt? Das ist kein deutscher Name. Woher kam er?»
    «Aus Pontevedro.»
    «Aha, nun, das sind keine gesitteten Leute. Von wegen Graf!
    Pontevedro! Das sind Völker von einer Brutalität und Rohheit sondergleichen …»
    Abbé Melani schien genauso zu denken wie Simonis, der für sie sogar den Begriff «Halb-Asien» geprägt hatte.
    «Ich wette, er ging irgendeiner niederen Arbeit nach, um seine Studien zu finanzieren», vermutete Atto.
    «Spion. Gegen Bezahlung denunzierte er Personen, die die Gesetze über die Angemessenheit der Gebräuche übertreten.»
    «Ein gewerblicher Spion! Und du wunderst dich, dass so einer, sintemal aus Pontevedro, erstochen wird? Junge, es ist zwar eine traurige Angelegenheit, aber dieser Tod hat nichts Überraschendes. Vergiss ihn und Schluss», fertigte Melani mich ab, dem offenbar entfallen war, dass auch er ein bezahlter Spion war.
    «Und wenn es stattdessen die Türken gewesen wären? Danilo sammelte Informationen über den Goldenen Apfel. Kurz vor seinem Tod hat er uns seltsame Dinge zugeflüstert.»
    Interessiert hörte Atto sich an, was der arme Student genuschelt hatte, bevor er sein Leben aushauchte.
    «Der

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