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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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zu spielen», mischte sich Atto ein.
    «Was wollt Ihr damit sagen?», fragte ich.
    «Vorerst nichts. Aber Monna Cloridia hat richtig bemerkt: Der Hüftlahme empfängt Befehle vom Griechen.»
    «Und was beweist das? Es handelt sich um einen studentischen Brauch, der …»
    «Die Form interessiert mich nicht. Ich achte auf die Tatsachen», fuhr mir der Abbé brüsk ins Wort. «Übrigens hat Cloridia mir von dem Blatt des Agas erzählt. Kann ich es einmal sehen?»
    «Es sehen?», wunderte ich mich.
    «Nun ja, in der Hand halten. Es wäre zu schön, wenn meine armen Augen das Papier wirklich sehen könnten!»
    Ich zog das ein wenig mitgenommene Blatt aus der Tasche, reichte es dem Abbé, und er öffnete es. Mir schien, als versuchte er den Inhalt im Licht der Kerze zu erfassen, die auf dem Tischchen neben seinem Sessel stand. Doch kaum hatte Cloridia gesehen, wie übel unsere Experimente unter der Leitung des kleinen Handbuchs von Doktor Abelius den armen Papierfetzen zugerichtet hatten, nahm sie ihm das Blatt aus der Hand.
    «O mein Gott! Und jetzt? In diesem Zustand kann ich das Blatt nicht zurückgeben!»
    «Nun, wenn man an den Rändern ein wenig wegschneidet und es einmal bügelt …», stammelte ich.
    Das Papier in ihrer Schürzentasche, stürzte Cloridia wie eine Furie aus Attos Gemächern und ließ uns zurück, ohne noch ein Wort zu sagen.
    In diesem Moment trat die Schwester Vorratsaufseherin mit dem Nachtmahl für Atto und den immer noch bettlägerigen Domenico ein. Atto wollte sein Zimmer nicht verlassen: Wir warteten auf Ugonio. Der sich jedoch verspätete.
    Unter dem Vorwand, Onkel und Neffen ungestört speisen zu lassen, schickte ich mich an, Cloridia in unserer Unterkunft aufzusuchen. Wir waren ja nur wenige Schritte voneinander entfernt; wenn Atto uns brauchte, konnte er uns rufen lassen.
    Ich fand Cloridia damit beschäftigt, mit größter Behutsamkeit die verkohlten Ränder des Blattes abzuschneiden. Danach würde sie das von der Wasserprobe gewellte Papier mit dem Bügeleisen glätten.
    Abbé Melani habe ihr berichtet, was am Morgen mit Ugonio geschehen sei, erzählte mir Cloridia, während sie sich an dem Papier zu schaffen machte. Der Kopf, den der Derwisch Ciezeber so heftig begehre, sei also der vertrocknete Schädel Kara Mustafas und nicht der junge, lebendige Kopf Ihrer Kaiserlichen Majestät. Er hatte ihr auch von der Verabredung des Heiligenfledderers mit Gaetano Orsini erzählt, die in irgendeiner Weise mit zwei nicht näher bezeichneten Gehenkten in Zusammenhang stehe. Jetzt, da wir allein waren, schilderte ich ihr genau, was an diesem Morgen vorgefallen war, nachdem sie uns das Fliegende Blatt mit der Nachricht von den vermeintlichen Blattern des Grand Dauphin in die Bierschänke gebracht hatte: Attos Geständnis und alles andere, was ich von ihm erfahren hatte, einschließlich Eugens Neid auf Ihre Kaiserliche Majestät. Als ich zu den bestürzenden Enthüllungen über die intimen Gepflogenheiten des Durchlauchtigsten Prinzen kam, war mein süßes Weib weniger überrascht, als ich erwartet hatte; sie machte sogar einige schlüpfrige Bemerkungen, die ich hier nicht wiedergeben kann.
    «Tja», sagte sie schließlich skeptisch, «wie schlecht man auch immer über den Savoyer denken mag, weißt du, was ich dir sage? Ich halte es nicht für möglich, dass er den Tod des Kaisers wünscht. Dass er aber ein gerissener Hund ist, vermute ich schon lange», schloss sie lächelnd. «Ich wette, er ist es gewesen, der die Pálffy ausgerechnet hier in der Himmelpfortgasse fast direkt gegenüber seinem Palais untergebracht hat.»
    «Gaetano Orsini hat gesagt, es sei der Kaiser persönlich gewesen, wegen der Nähe zum Kloster, wo Camilla lebt.»
    «Vielleicht waren es beide. Auf jeden Fall würde ich Orsini so lange nicht trauen, bis Ugonio dir erklärt, welcher Art ihre Beziehung ist. Apropos, wie viel Uhr ist es? Sollte er nicht um fünf hier sein?»
    Es war fast sechs Uhr; der Heiligenfledderer ließ auf sich warten. Cloridia aber durfte sich nicht verspäten: Der Moment war gekommen, das Blatt des Agas zurückzuerstatten. Sie bat mich, über Abbé Melani zu wachen, und verließ das Zimmer, um sich in das Palais des Prinzen Eugen zu begeben.
    Kurze Zeit später kehrten Simonis und der Kleine aus dem Beisl zurück, wo sie zu Abend gegessen hatten. Cloridias Worte über Orsini hatten mich auf eine Idee gebracht. Ich schickte die beiden in den Hafnersteig, sie sollten bei Anton de’ Rossi anklopfen. Der

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