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Veritas

Titel: Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francesco Rita & Sorti Monaldi
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schließen. «Wir müssen einig bleiben. Wenn wir anfangen, uns gegenseitig zu beschuldigen, ist alles aus», hatte er ihm gesagt. Ohnehin war die Wut des Polen schon fast verraucht: Auch ihm war klar geworden, dass er den Pennal in seiner Verzweiflung über den Tod Koloman Szupáns, der vielleicht nur ein Unfall war, voreilig beschuldigt hatte.
    Zu allem entschlossen, umzingelten die drei Studenten jetzt den jungen Kastraten. Orsini erschrak zu Tode, als er sich von den Muskeln des stattlichen Polen, von der Bohnenstange Simonis und von dem hüftlahmen, bebrillten Penicek bedroht sah. Letzterer konnte, wie er sich da in finsterer Nacht auf seinem lahmen Bein voranschleppte, an ein Wesen aus der Hölle gemahnen.
    Ich hatte mich damit begnügt, ihnen das Opfer zu zeigen, und mich dann hinter einer Straßenecke versteckt. In der abendlichen Stille konnte ich Fragen und Antworten deutlich hören.
    «Es macht nichts, wenn du die Namen der anderen nicht nennen willst, wir wissen sie ohnehin. Für Koloman ist es jetzt zu spät, aber du musst ausspucken, wo der Heiligenfledderer ist, sonst spuckst du nämlich gleich etwas anderes aus: deine Seele!», drohte der Grieche.
    «Der Heiligenfledderer? Aber ich versichere euch, dass ihr euch irrt, ich bin nicht der, den ihr sucht, ich weiß nichts von dem, wonach ihr mich fragt, ich bitte euch!», jammerte Orsini.
    Auf einen Wink von Simonis versetzte Opalinski ihm einen Fausthieb in die Magengrube. Orsini brach zusammen. Dann schlug der Pole ihm mit dem Handrücken auf die rechte Wange, während Penicek und mein Gehilfe ihn von hinten packten. Der Pennal riss ihm den Kopf zurück, Simonis drehte ihm den Unterarm auf den Rücken. Der arme Sänger, mit derartigen Techniken aus der Unterwelt sicher nicht vertraut, winselte hinter der Hand, mit der Penicek ihm den Mund zuhielt.
    «Nehmt es euch, nehmt euch alles Geld, was ihr bei mir findet … Es ist nicht viel, aber auch nicht wenig. Ich bitte euch, tötet mich nicht!»
    «Dann haben wir uns wohl nicht richtig verstanden», beharrte Simonis, «wir wollen wissen, wo Ugonio, der Heiligenfledderer, ist. Sollte er dich besuchen kommen? Oder hattet ihr irgendwo eine Verabredung? Und was hast du mir über die zwei Gehenkten zu sagen?»
    «Was hat denn das damit zu tun? Ich verabscheue die Wälder. Ich gehe fast nie aus den Stadtmauern heraus. Noch einmal», flehte er mit bebender Stimme, «ich weiß nicht einmal, von wem …»
    Opalinski verpasste ihm noch ein paar Schläge in den Bauch.
    «Wir haben genug von deinem sinnlosen Pallawatsch, hast du verstanden?», zischte der Grieche, während Jan ihn weiter malträtierte. «Ugonio, das ist der mit dem stinkenden Umhang. Der Reliquiendieb. Erzähl mir nicht, du hättest ihn schon vergessen …»
    Der Ordnung halber ohrfeigte Janitzki ihn noch drei- oder viermal kräftig. Orsini schrie auf und zog sich einen Hagel von Kopfnüssen zu. Ein Stück seiner eigenen Jacke wurde ihm in den Rachen gestopft. Der Kampf war lächerlich ungleich.
    «Ich habe etwas Geld bei mir, nehmt alles», bot Orsini noch einmal an.
    «Noch ein Versuch», wiederholte Simonis, taub für das Angebot, «Ugonio, ich meine den, der so ein bisschen sonderbar spricht … los, streng dich an!»
    «Ich bringe euch zu mir nach Hause, wenn ihr wollt, dort habe ich noch mehr Geld …», erwiderte der Kastrat, was ihm lediglich sechs oder sieben Schläge auf den Kopf eintrug.
    «Frag ihn, ob er wenigstens weiß, wo Ugonio wohnt», schlug Opalinski vor.
    «Richtig. Hast du meinen Freund gehört?»
    Schweigen. Orsini weinte. Aus reiner Vorsicht versetzte Jan ihm noch ein paar Maulschellen, welche jedoch das Gegenteil der gewünschten Wirkung hervorriefen: Der Kastrat, der nunmehr offensichtlich vollends die Fassung verloren hatte, begann leise zu beten. Diese Reaktion wirkte zu spontan, um gekünstelt zu sein.
    «Für heute lassen wir dich gehen. Wenn wir aber merken, dass du lügst, und vor allem, wenn du jemandem von unserem Gespräch erzählst, dann wirst du eine böse Überraschung erleben.»
    Orsini hockte zusammengekauert am Boden. Es versetzte mir einen Stich ins Herz zu sehen, wie der arme Musikus gleich einem Stück Butter unter dem heißen Messer der noch gezügelten Gewalt der drei Studenten erlegen war. Dann aber dachte ich an die toten Studenten und an Ugonio, und das Mitleid mit Orsini verflog.
    Die drei machten sich in meine Richtung aus dem Staub und liefen, mir einen Wink gebend, an mir vorbei. Ich folgte ihnen

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