Verkehrt!
wirklich seltsam aus, ihr drei mit mir hier.
– Mal schauen, sagt Frank.
Ich gehe vor ihm in die Hocke und flüstere, sodass nur er es hören kann, – Nix mal schauen, wir werden miteinander reden, auch wenn du dein Handy abstellst, wir werden reden. Du wirst keine Ruhe haben. Keine Ruhe. Klar?
Ich muss die Nase hochziehen. Das passt gerade ausnahmsweise mal, wie in Gangsterfilmen, wo einer dem anderen droht.
Er nickt.
– Gut. Bis dann.
– Ciao, Theo.
– Ciao-ciao, sie sind gefangen in zwei verrrrschiedenen Galaxien.
Was für ein Vogel.
– Brrrrreathless Baby.
Und dann gehe ich. Ich spüre meine weichen Knie und hoffe, dass die anderen es nicht bemerken.
Das ist alles, was ich tun konnte, ihm das Gefühl geben, ihn nicht in Ruhe zu lassen, egal, was er unternimmt. Er wird keine Ruhe vor mir haben. Er kann sich nicht einfach mein Leben nehmen.
Ich schleudere Äste und Zweige zur Seite, als wären meine Unterarme Macheten.
59
Ich schaue ihr nach, wie sie sich durch das Dickicht schlägt und von den Büschen geschluckt wird.
Das Sprudeln des Whirlpools, das Platzen der kleinen Bläschen knistert für mich wie Feuer, mir ist heiß.
Eva und Clarissa bewegen sich nicht, schauen sich und mich stumm an.
Sie will unbedingt morgen mit mir reden. Soll ich? Wie kann ich es verhindern? In der Klasse wird sie mich kaum ansprechen während des Unterrichts. Aber in der Pause oder zwischen den Stunden würde sie mich wie verrückt verfolgen.
Ich könnte gar nicht erst zur Schule gehen. Das sieht zwar nicht gut aus, einen Tag vor den Ferien, aber es wäre den Umständen angemessen. So würde sie zur Schule gehen, und ich würde Mutti, wenn sie mich abholt, entgegenkommen oder sie anrufen und behaupten, wir hätten zwanzig Minuten eher Schluss. Das ist besser. Genau, das mache ich. Und dann erst mal Singapur, Thailand, Urlaub, Sommerferien. Scheiß drauf, was danach kommt, ich werde eine geile Zeit haben.
– Elizabeth?, Clarissa tippt mir an die Schulter.
– Fass mich nicht an, sage ich grob. Ihre Bemerkung nervt noch nach.
– Was hast du denn jetzt?
– Ich überlege.
Eva lässt sich zu mir treiben, – Was gibt es da zu überlegen? Polizei!
– Nein, der beruhigt sich wieder.
Mit gespreizten Fingern kämmt sich Clarissa die nassen Haare zurück, – Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ihr beide habt mal was miteinander gehabt.
– Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich dir jetzt ein paar aufs Maul geben.
Sie guckt mich einen Moment an, als hätte ich es tatsächlich getan, – Danke, ich bin raus hier.
Damit stemmt sie sich aus dem Pool, steht auf und geht zum Wohnzimmer. Das Wasser tropft an ihr herab, und sie hinterlässt eine feuchte Spur im Gras.
– Ich auch, sagt Eva und folgt ihr.
– Scheiße, sage ich und semmele mit voller Wucht meine Faust ins Wasser.
Hinter den großen Scheiben der Glasfront beginnen die beiden, sich anzuziehen.
Aus der offenen Schiebetür höre ich, – Wo ist Elizabeth? Wo ist Elizabeth?
Mein Bauch schmerzt, ein unangenehmes Ziehen.
Ich exe meinen Mad Dog Mojito.
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Freitag
60
Mitten in der Nacht weckt mich ein Zucken im Unterleib aus den schönsten Träumen von einem Bubi, den ich noch nie gesehen habe. Jens ist es nicht. Weniger als je zuvor macht es Sinn, von ihm zu träumen. Als wüsste mein Körper das.
Ich schlage die Augen auf, aber da ist es auch schon vorbei. Es ist noch dunkel und der fremde Boxer auf dem Poster nur schwer zu erkennen.
Es war, als wäre es in einem Urlaub gewesen, auf einer Segelyacht vor Südamerika. So sah er aus. Schwarze Haare, strubbelig, große braune Augen, ein dunkler Teint und weiße Zähne.
Ich bleibe regungslos liegen und schließe wieder meine Augen, schlafe bald ein, wahrscheinlich weil ich vor dem Einschlafen so lange wach gelegen hatte.
Ein tiefer traumloser Schlaf jetzt.
61
Rotzekacke. Was für eine Nacht. Bauchschmerzen. Ein Ziehen, als hätte ich mir einen Aufwärtshaken ungedeckt eingefangen. Zusammengekrümmt wie ein Embryo wälze ich mich Stunde um Stunde von einer Seite auf die andere. Manchmal schaffe ich es einzuschlafen, aber es dauert nie lange, und ich wache wieder auf. Ausgerechnet vor dem Flug. Ausgerechnet vor meinem ersten richtigen Urlaub.
So wie ich Mutti kenne, rennt die gleich mit mir zum Arzt, sobald ich ihr davon erzähle.
Ich hätte vielleicht doch nicht so viel Fleisch essen sollen. Wahrscheinlich zahle ich jetzt den
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