Verküsst & zugenäht!
Entschuldigung für sein arrogantes und unhöfliches Verhalten ihr gegenüber oder dafür, dass er lieber wild um sich geschlagen hatte, als sich seine Pein einzugestehen.
„Darf ich hereinkommen?“
Nein, verflucht . Das wäre keine gute Idee, vielmehr ein Himmelfahrtskommando, und sie sollte von der Couch aufstehen und ihm die Tür vor der Nase zuknallen. Als wäre sie nichts als eine Marionette, kontrolliert von einem alten Puppenspieler, hob sie nur eine Schulter. Der Puppenspieler musste zugleich ein grandioser Bauchredner sein, denn als sie den Mund öffnete, um Jake zum Teufel zu schicken, hörte sie sich stattdessen sagen: „Wenn’s sein muss.“
Soll das vielleicht ein Scherz sein? Sie schleuderte den Bericht, den sie gerade gelesen hatte, zur Seite und sprang auf. Aber es war zu spät, die Tür ging bereits quietschend auf, um schnappend hinter ihm wieder zuzufallen.
Sie hätte ihre Einladung gern zurückgenommen, doch leider funktionierte so etwas immer nur in Vampirfilmen und nicht im wahren Leben. Wobei sie den Satz zumindest hätte aussprechen müssen, um ihre Theorie zu testen.
„Hier“, sagte er und streckte eine Hand aus. „Die sind für dich.“
Mein Gott . Er war fix und fertig, wie sie jetzt sah, als er ins Licht trat. Seine Augen waren blutunterlaufen, er hatte einen Dreitagebart und eine schlimme Frisur – das Haar an manchen Stellen platt gedrückt, an anderen in die Höhe stehend, als hätte er sich nicht einmal dazu aufraffen können, sich nach dem Aufstehen zu kämmen.
Und er hatte Blumen mitgebracht. Rosen, Tulpen und Gerbera. Sie nahm ihm den Strauß ab, kühl und beherrscht, er sollte nicht auf die Idee kommen, damit wäre es getan. Am liebsten hätte sie das Gebinde auf den Couchtisch geschleudert und es dort liegen lassen, bis es verwelkt war.
Stattdessen steckte sie die Nase in die Blüten und atmete tief ein. Warum nur schaffte sie es nicht, sich wenigstens ein einziges Mal in seiner Nähe klug zu verhalten? Es war ein großer, großer Fehler, sich über diese Blumen zu freuen.
Clever wäre zu sagen: Die sind hübsch, vielen Dank. Und dann streng hinzuzufügen: Und jetzt verschwinde. Da er sie jedoch mit seinen grünen Augen traurig anblickte, war sie dazu einfach nicht in der Lage. Sie stieß einen Seufzer aus. So viel zum Thema Himmelfahrtskommando. „Ich hole eine Vase.“
Er folgte ihr in die Küche und sah ihr dabei zu, wie sie ein Gefäß aus dem Schrank nahm, es mit Wasser füllte, das Frischhaltemittel aus dem kleinen Tütchen hineinschüttete, die Stiele anschnitt und den Strauß hineinstellte.
„Wo ist Austin?“, fragte er und sah sich um, als rechnete er damit, dass der Junge sich jeden Moment materialisieren könnte.
Sie sah ihn über die Blumen hinweg an. „Er übernachtet bei Oliver Kidd, der feiert heute seinen Geburtstag.“
Er schwieg eine Weile, dann sagte er leise: „Mir tut das mit gestern Abend wirklich leid. Ich kann manchmal richtig fies sein – aber normalerweise nicht so fies.“
Sie sah ihn an. „Ach ja? Und wieso war ausgerechnet ich der Glückspilz?“
Einen Moment lang stützte er sich auf der Küchentheke ab und rieb mit einem Daumen über seine Augenbrauen. Sie dachte schon, er würde ihre Frage einfach überhören, doch dann ließ er die Hand sinken und sah ihr in die Augen.
„Mir ist gestern zum ersten Mal so richtig klar geworden, was ich alles weggeworfen habe.“ Er ging hinüber zu dem kleinen Küchentisch und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
Sie stellte die Vase auf die Fensterbank, setzte sich zu ihm und fragte: „Möchtest du Kaffee?“
„Nein danke. Ich habe vergangene Nacht kein Auge zugetan und will das nicht noch mal erleben. Sich hin und her zu wälzen ist Mist.“ Er blickte auf seine Hände, dann legte er sie gespreizt auf die Tischplatte. „Das letzte Mal, als ich ihn sah, war er ein launisches, schreiendes Etwas. Ich wusste nichts mit ihm anzufangen.“
„Austin?“ Sie schnitt eine Grimasse und machte eine wegwerfende Handbewegung. Wen sollte er wohl sonst meinen?
„Dabei hätte ich ihn sofort lieben sollen“, sagte er leise. „Das hat mir jeder gesagt – dass ich ihn in der Sekunde, in der ich ihn im Arm hielte, lieben würde.“ Er sah sie mit gehetztem Blick an. „Warum tat ich das nicht? Warum habe ich ihn angesehen und nur gedacht, dass er wie ein Siamese aussieht, und mich gefragt, woher zum Teufel er diese Lunge hat? Er brüllte wie am Spieß, kaum dass ich in seine Nähe kam. Kathy
Weitere Kostenlose Bücher