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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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sich wieder. Seine Selbstbeherrschung und seine Vernunft gewannen die Oberhand. Auf keinen Fall konnte er es sich jetzt erlauben, von seinem Opfer als tugendhafter Langweiler betrachtet zu werden. Sein Gefühl sagte ihm, daß Victoria sich einer Herausforderung oder auch einem Machtkampf stellen würde, daß sie ihn jedoch vollständig ignorieren würde, wenn er es fertigbrächte, sie zu langweilen.
    Ein tugendhafter Langweiler. Großer Gott. Der Gedanke, so gesehen zu werden, reichte aus, um ihn zum Lachen zu bringen. Dies war gewiß nicht die Beschreibung, die für gewöhnlich auf ihn angewandt wurde. Doch Lucas erkannte, daß er in Miss Huntingtons Anwesenheit schnell einen für ihn höchst ungewöhnlichen Sinn für Anstand entwickelte. Er war immer noch schockiert darüber, sie in Männerkleidern zu sehen.
    Auf jeden Fall schenkte ihm Victoria keinerlei Beachtung mehr. Sie lächelte in Annabellas Richtung. »Du hast dich also entschlossen, Bartons Antrag abzulehnen. Das freut mich zu hören. Er wäre ein grauenhafter Ehemann für dich gewesen.«
    »Ich bin überzeugt, daß du recht hast.« Annabella erschauderte leicht. »Ich hätte zwar Bartons Spielleidenschaft übersehen können, doch die Vorstellung, einen Mann zu heiraten, der irgendeiner armen Frau zwei Kinder anhängt, und sich dann weigert, ihnen seinen Namen zu geben, ist unerträglich.«
    »Auf jeden Fall spricht das nicht gerade für sein Ehrgefühl«, pflichtete Victoria ihr grimmig bei.
    Lucas studierte ihr Profil im Halbdunkel. »Wie sind Sie überhaupt hinter die Geschichte mit Bartons unehelichen Kindern gekommen? Ich kann mir nicht vorstellen, daß diesbezügliche Gerüchte auf dem Ball einer Gastgeberin wie Lady Atherton an Ihr Ohr gedrungen sind.«
    »Nein, tatsächlich nicht. Ich habe einen Spitzel engagiert, der soviel wie möglich über Barton herausfinden sollte, und er kam mit der Neuigkeit von den zwei Kindern und der Geliebten.«
    Lucas fuhr zusammen. »Sie haben einen Spitzel angeheuert?«
    »Ich dachte, dies sei der beste Weg, das Problem anzugehen.«
    »Es war ein hervorragender Weg«, erklärte Annabella.
    Lyndwood stöhnte. »Gütiger Gott, wenn Mama das wüßte. Armer Barton. Weißt du, ich glaube, ihm lag wirklich etwas an dir, Bella.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Victoria energisch. »Seine Familie erwartet, daß er heiratet, und er sucht lediglich nach einer Frau, die seinem Vater angenehm ist. Bei mir versuchte er es letztes Jahr so lange, bis es mir gelang, ihm zu verstehen zu geben, daß ich ganz und gar unpassend wäre, und daraufhin versuchte er sein Glück bei der perfekten Miss Pilkington. Offensichtlich war auch sie vernünftig genug zu erkennen, daß er nur ein billiger Mitgiftjäger ist. Dann hat er Bella hier entdeckt und beschloß, es bei ihr zu versuchen. Das ist alles.«
    »Die perfekte Miss Pilkington?« Lucas blickte von einer Frau zur anderen. »Weshalb nennen Sie Miss Pilkington perfekt?«
    »Weil sie es ist«, erklärte Annabella kurz. »Kein einziger Fehltritt. Ein Muster an weiblicher Perfektion. Ein Ausbund an Tugend sozusagen.«
    »Sie werden das mit Miss Pilkington verstehen, Graf«, sagte Victoria, »wenn wir Ihnen erzählen, daß sie von Lady Atherton protegiert wird.«
    »Ich verstehe.« Kein Wunder, daß ihn Jessica der anderen Erbin hatte vorstellen wollen. Er hätte wetten können, daß er jetzt nicht mit einer empörenderweise in Männerkleider gehüllten jungen Dame in dieser Kutsche säße, wenn er beschlossen hätte, Miss Pilkington zu hofieren. Einen Augenblick lang fragte sich Lucas, ob er nicht einen ernsthaften Fehler begangen hatte. Doch dann sagte er sich, daß diese Nacht mit Miss Huntington, ungeachtet der Risiken, weitaus interessanter werden würde.
    »Das wußte ich, Graf«, sagte Victoria.
    »Nun, eine Sache ist klar«, bemerkte Lucas trocken. »Durch Ihre Einmischung wird Miss Lyndwood nie herausfinden, welche Gefühle Barton ihr gegenüber hegt, nicht wahr? Und Barton selbst wird nie herausfinden, daß seine Chancen durch einen
    Spitzel und eine gewisse Miss Huntington zunichte gemacht wurden. Der Mann wird noch nicht einmal Gelegenheit haben, sich zu rechtfertigen.«
    »Könnte er sich denn rechtfertigen?« erwiderte Victoria, deren Augen die von Lucas in der Dunkelheit fixierten. Dieses Mal lag kein Schalk oder Humor in ihrem ruhigen, herausfordernden Blick. »Wollen Sie behaupten, daß die Angaben des Spitzels nicht stimmen?«
    Lucas hielt ihrem Blick stand und sagte ruhig:

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