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Verlangen

Titel: Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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vermeiden. Lucas zwang sich, seine Aufmerksamkeit der bemerkenswerten Frau mittleren Alters zuzuwenden, die auf dem eleganten Sofa saß.
    »Ihr Diener, Lady Nettleship«, murmelte er, während er sich über ihre beringte Hand beugte. »Ich sehe jetzt, daß Victorias hübsche Augen ein Markenzeichen der Familie sind.«
    »Wie charmant, Graf. Nehmen Sie doch Platz. Wir haben Sie erwartet. Victoria, meine Liebe, leg doch die Käfer beiseite und begrüße deinen Gast.« Victorias Tante wandte ihren Kopf in Richtung ihrer Nichte und lächelte.
    Lucas war erleichtert. Das kleine Luder hatte seine Meinung also doch nicht geändert. Er richtete sich mit einem Lächeln auf und sah hinüber zu Victoria, die ruhig in der Nähe des Fensters am anderen Ende des Raumes stand. Kein Wunder, daß er sie nicht sofort entdeckt hatte. Sie trug ein goldgelbes Kleid, das sich kaum von den Vorhängen abhob.
    Ihre Gelassenheit sagte ihm, daß sie ihre Position absichtlich gewählt hatte, um ihn einige Minuten in Ruhe beobachten zu können.
    Ob dieses Schachzugs hob Lucas amüsiert die Augenbrauen. Es ging doch nichts über die Möglichkeit, den Gegner erst einmal aus der Nähe zu betrachten, bevor man ihm gegenüberstand. Eines war klar - er war nicht der einzige, der etwas von Strategie verstand.
    »Guten Morgen, Miss Huntington. Einen Augenblick lang hatte ich befürchtet, Sie hätten bereits eine andere gesellschaftliche Verpflichtung.«
    Ruhig kam sie näher, wobei ihre weichen Hauspantoffeln geräuschlos über den Teppich glitten. Sie hielt eine kleine Schachtel in den Händen, und ihre Augen blitzten schalkhaft. »Wie konnten Sie nur annehmen, daß ich Ihren Besuch vergessen würde, Graf?«
    »Man kann sich hinsichtlich des Gedächtnisses von jungen
    Damen nie ganz sicher sein.« Lucas neigte seinen Kopf über die Hand, die sie ihm graziös entgegenstreckte. Ihre Finger waren kalt; ein Zeichen, daß sie nicht so gelassen war, wie sie erschien. Dieser Gedanke gefiel ihm.
    »Ich versichere Ihnen, daß ich ein ausgezeichnetes Gedächtnis habe.«
    »Bedauerlicherweise ist es nicht immer das Gedächtnis, das versagt. Manchmal ändern die Frauen auch einfach ihre Meinung«, sagte Lucas.
    Victoria schüttelte den Kopf und betrachtete ihn. »Nicht ohne Grund. Bitte nehmen Sie doch wieder Platz. Interessieren Sie sich für Käfer?«
    »Käfer?« Lucas sah in die Schachtel, in der sich eine Sammlung toter Insekten befand. Sie waren sorgsam der Größe nach geordnet, wobei das größte, ein wahres Monster, zuerst aufgespießt war. »Um die Wahrheit zu sagen, Miss Huntington, ich habe mich noch nie besonders um Käfer gekümmert.«
    »Aber das hier sind ganz besondere Exemplare, nicht wahr, Tante Cleo?«
    »Eine bemerkenswerte Sammlung«, pflichtete Lady Nettleship ihr begeistert bei. »Lady Woodbury, ein Mitglied unserer kleinen Gesellschaft, hat sie gesammelt.«
    »Faszinierend.« Langsam kehrte Lucas zu seinem Platz zurück, wobei seine Augen auf Victoria ruhten, die sich neben ihre Tante auf das Sofa setzte.
    »Ich frage mich, wie es Lady Woodbury geschafft hat, so viele große Insekten zu töten.«
    »Wie man es für gewöhnlich macht, nehme ich an«, sagte Cleo. »Sie wird sie unter den Flügeln aufgespießt oder Kampfer oder ein Stück Draht verwendet haben.«
    »Sammeln Sie Insekten, Miss Huntington?« fragte Lucas.
    »Nein, ich fürchte, mir fehlt die erforderliche Kaltblütigkeit.« Sie sah in die Schachtel. »Wissen Sie, die armen Dinger sind nicht immer sofort tot.«
    Er betrachtete ihr Profil. »Der Überlebenswille kann erstaunlich stark sein.«
    »Ja.« Sie klappte die Schachtel zu.
    »Ich fürchte, meine Nichte ist etwas zu weichherzig für bestimmte Forschungsbereiche«, sagte Cleo mit einem Lächeln.
    »Ich gebe zu, daß mir Botanik und Gartenbau lieber sind als Insektenforschung.«
    »Sie scheinen vielfältige Interessen zu haben, Miss Huntington«, bemerkte Lucas.
    »Hatten Sie einen anderen Eindruck?« Sie sah ihn mit gespielter Unschuld an.
    Lucas erkannte die Falle. »Ganz im Gegenteil. Unsere kurze Bekanntschaft hat genügt, um mir zu zeigen, daß Sie eine höchst ungewöhnliche Frau sind.«
    Cleo sah ihn aufmerksam an. »Interessieren Sie sich für Gartenbau und Botanik, Graf?«
    »Wie Sie vielleicht wissen, ist mir der Titel erst kürzlich zugefallen. Ich stelle fest, daß sich meine Interessen durch die Erbschaft erheblich erweitert haben. Mir scheint, als müsse ich einiges über Gartenbau und ähnliche Dinge lernen,

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