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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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ich mich an den Jeep. Sagan legte den Arm um meine Taille.
    »Du weißt, dass du mir die besten Tage meines Lebens bescherst«, sagte ich. »Mit mir ist noch nie jemand ausgegangen.«
    »Das habe ich mir irgendwie gedacht.«
    »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwie fühlte ich mich an mich selbst in meinen letzten Schuljahren erinnert. Als ich noch in der Schule war, habe ich es auch nicht besonders oft gemacht, und wenn, dann war es eher freundschaftlich. Ich habe mich mit der Chefredakteurin der Schülerzeitung getroffen, weil ich ebenfalls Redakteur war, so etwas eben. Oder mit einem Mädchen aus der Schach-AG.«
    »Du warst in einer Schach-AG?«
    »Ja.« Er streckte seine Brust vor. »Hast du etwa was dagegen?«
    »Und in der Schulband warst du wahrscheinlich auch. Sag’s mir nicht. Du hast Tuba gespielt. Nein! Du warst immer mit einem dieser tragbaren Xylophone unterwegs …«
    Er küsste mich.
    »Hm. Du küsst aber nicht wie jemand aus der Schach-AG.«
    Sagan umschlang mich von hinten. Ich konnte seinen Mund in meinem Haar spüren. Jede neue Bewegung steigerte mein Wohlbefinden, bis ich es kaum noch aushielt. Lag es daran, dass ich ein Vampir war? Oder war es etwas anderes?
    »Du verwirrst mich ganz schön, weißt du das eigentlich, Sagan?«, stöhnte ich.
    »Das ist meine Absicht.«
    Ich legte meine Hand auf seinen Arm. »Nur weiter so.«
    Lange saßen wir noch in seinem Jeep, redeten und knutschten. Irgendwann war der Parkplatz leer, abgesehen von uns und einem Straßenreinigungsgerät, das immer näher kam und uns dezente Hinweise gab.
    »Sagan«, sagte ich.
    »Was?«
    »Würdest du ewig leben wollen, wenn du es könntest?«
    Er legte eine Hand an sein Kinn und rückte ein Stück zur Seite. »Na ja, Genetiker sagen, dass in fünfzehn bis zwanzig Jahren fast alle Krankheiten heilbar sein werden und sich damit die Lebenszeit quasi ins Endlose verlängert. Klar, wer würde das nicht wollen? Es gibt so viele Dinge, die ich gern sehen und machen würde.«
    »Aber denk doch mal darüber nach«, entgegnete ich. »Für immer. Es geht nie zu Ende. Ich weiß, dass es blöd klingt, aber überleg dir mal, was das bedeutet.«
    »Du meinst, worin das endet? Was aus uns würde?«
    »Ja, genau.«
    »Ich weiß nicht, mir gefällt, was wir sind.«
    Ich wurde eindeutig zur Nachteule. Nachdem Sagan mich abgesetzt hatte, war ich kein bisschen müde. Mit ihm zusammen zu sein, war wie eine Droge, die mich am Leben hielt. Nachdem ich eine Stunde lang auf der Luftmatratze gelegen hatte und nur an ihn gedacht hatte, stand ich auf und sah mich in dem schäbigen Zimmer nach einem Zeitvertreib um.
    Ich sehnte mich nach einem Laptop – nie zuvor hatte ich mich so abgeschnitten von der Welt gefühlt.
    Schließlich setzte ich mich an den schimmeligen Schreibtisch, holte Mandas Bild hervor und betrachtete es. Nach einer Weile legte ich meine Finger auf eine imaginäre Tastatur und begann Tastenkombinationen zu tippen, die mir so vertraut waren, dass ich nicht einmal mein Gedächtnis zu bemühen brauchte. Eher fühlten sie sich wie Muster an, mit denen ich geboren worden war. Muster, die mir vor der Geburt in die Finger eingegeben worden waren.
    Muster.
    Die Tischplatte fühlte sich moderig, fast aufgeweicht an, was mich jedoch nicht störte. Ich tippte weiter, bis mich gar nichts mehr störte.
    Als ich wieder aufblickte, stand der Vampir in der Tür. Wie immer war er von einem lavendelfarbenen Leuchten umgeben. Mein Herz begann wie wild zu klopfen. Er beobachtete mich. Sein schiefer Mund war zu einem zufriedenen Lächeln verzerrt.
    Ich hatte keinerlei Waffen hier drinnen, nur Dinge wie Batterien oder Tüten mit Kleidung.
    Mir fiel es schwer, ruhig zu bleiben. Vielleicht könnte ich ihn zurückdrängen und so hart zuschlagen, dass er vom Turm fiele.
    Doch als ich versuchte aufzustehen, war ich unfähig, mich zu bewegen.
    Noch immer lagen meine Hände auf dem Tisch. Jetzt geschieht es wieder , dachte ich. Ein weiterer Anfall. Ich kämpfte, gefangen im gepolsterten Gefängnis meines Kopfes, innerlich fluchend. Moreau kam immer näher, füllte den Raum. Er betrachtete die Wände, den Tisch, die übrigen Möbel. Das Einzige, was ich bewegen konnte, waren meine Augen; ich schaute von links nach rechts und versuchte ihm mit dem Blick zu folgen, um zu sehen, wofür sich der Vampir interessierte.
    Moreau griff nach den Schubladen des Aktenschranks, hielt jedoch, kurz bevor er die Griffe berührte, inne. »Würdest du so freundlich sein und sie

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