Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
legten wir uns wieder auf die Luftmatratze und zählten die immer zahlreicher werdenden Sterne am Himmel. Eine leichte Brise wehte über den Turm hinweg. Sagan zog sein Hemd aus, und ich spielte mit den Fingern auf seiner nackten Brust.
    »Meine größte Angst ist, dass wir nicht früh genug mitkriegen, dass sie kommen«, sagte ich. »Dass du mit mir hier oben bist, wenn Moreau und seine Kumpane anrücken.«
    Sagan drehte sich auf den Bauch und sah mich an.
    »Du bist der Stratege«, fuhr ich fort. »Wir haben genug Zeug, um uns zu wehren, aber was können wir noch tun, um unsere Chancen zu erhöhen?«
    »Na ja, klassischerweise würde man versuchen, sie zu schwächen, indem man sie trennt. Dann können sie nicht gemeinsam angreifen.«
    »Und wie macht man das am besten?«
    »Wenn wir sie als Gruppe hart genug treffen, sehen sie sich vielleicht gezwungen, sich zu trennen, um von verschiedenen Seiten anzuschleichen. Wenn das nicht funktioniert, können wir mich einsetzen.«
    »Dich einsetzen?«
    »Ja, wenn ich dort unten im Bunker bin, könnte ich als eine Art Köder dienen und einige von ihnen ablenken. Das würde die Gruppe aufsplitten.«
    »Das meinst du hoffentlich nicht ernst.«
    »Ich fürchte doch«, murmelte Sagan. »Hast du noch eine Zahnbürste?«
    Als wir uns schließlich schlafen legten, küsste mich Sagan an der Nase und nahm mich dann in die Arme, bevor er mit seinen Lippen über meine Augenlider strich. Ich rückte näher an ihn heran und genoss die Wärme, die von seinem Körper ausging.
    »So ganz habe ich es immer noch nicht realisiert«, sagte ich dennoch. »Wir müssen …«
    »Nicht jetzt, Psst.«
    Ich schwieg. Lange Zeit sagte keiner von uns ein Wort. Es gab nur noch uns und wir sprachen mit Händen und Mündern.
    Später lag Sagan mit einem Arm unter dem Kopf auf dem Rücken.
    »Weißt du, was wir brauchen?«, fragte ich.
    »Mehr Kopfkissen?«
    »Ein Tau, um dich abzuseilen. Ich springe, du fällst, das weißt du doch!«
    Ich träumte.
    Sagan und ich gingen gemeinsam an Bahngleisen entlang. Sie führten über einen kleinen Berg. Oben auf dem Berg sahen wir große, sehr glatte und fast kreisförmig angeordnete Felsblöcke, die um eine Art Trichter gruppiert waren. Ich fragte mich, wohin dieser Trichter wohl führte. Als wir näher kamen, sahen wir ein unheimliches, orangefarbenes Licht daraus aufsteigen. Sagan ging an die Kante und …
    … war fort. Urplötzlich.
    Er war in den steinernen Trichter gerutscht, der unendlich tief hinunterging. Ich konnte ihn noch immer sehen, weil der gesamte Schacht orangefarben leuchtete. Tiefer und tiefer fiel er in das scheinbar endlose Loch. Sagans Körper drehte und wendete sich, während er immer kleiner wurde.
    Doch das Schlimmste war das Wissen, dass er sich auf dem Weg nach unten verändern würde. Der Schrecken einer solchen Erfahrung musste ihn verändern. Und noch vor seinem Tod würde er mir fremd sein.
    Mitten in der Nacht wachte ich auf und hörte die Stimme meines Großvaters.
    Emma.
    Mehr sagte er nicht, aber ich hörte ihn so laut und klar, als würde er neben mir sitzen. Ich fuhr hoch und blickte hektisch über den Wald. Außer einem Lastwagen in der Ferne bewegte sich nichts.
    »Ein Telefon«, rief ich und rüttelte Sagan am Arm.
    »Was ist los?«, murmelte er und fuhr sich durchs Haar, während er sich schlaftrunken aufsetzte.
    »Ich muss telefonieren. Jetzt!«
    Wir rannten zum Solarobservatorium.
    »Such dir eins aus«, sagte Sagan und schob mich in eins der Büros. »Um rauszukommen, musst du die 9 wählen. Er wird die Nummer auf dem Display sehen, aber …«
    »Ist mir egal.« Meine Hände zitterten so stark, dass ich kaum wählen konnte.
    Sagan blieb im Gang und hielt nach dem Sicherheitsdienst Ausschau. Das Telefon meines Großvaters klingelte und klingelte. Ich legte auf und wählte erneut. Niemand hob ab.
    »Er ist nicht da«, sagte ich. »Ich kann ihn nicht erreichen. Ich versuche es bei meiner Mutter …«
    »Hallo?« Mandas Stimme versetzte mir einen tiefen Stich.
    »Manda, mein Gott. Es ist so gut, dich zu hören!«
    »Emma! Emma!« Sie kreischte so laut, dass ich sonst nichts hören konnte.
    »Manda, wie geht es Mom? Was ist los?«
    »Oh Emma.« Manda schluchzte und es dauerte eine Weile, bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass ich sie verstehen konnte. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Papi ist verletzt. Er ist krank. Tot.
    »Mom … Mom ist bei der Arbeit«, brachte sie schließlich weinend hervor. »Ms Peterson schaut ab

Weitere Kostenlose Bücher