Verletzlich
Spitzen ab, ein dritter Finger wurde bis zum Knochen aufgetrennt.
Der riesige perdu kreischte auf und hätte mir fast das Bein ausgerissen, als er seine gewaltige Hand zurückzog. Beinahe wäre ich gestürzt und das Messer wäre mir aus der Hand gerutscht und in den Gang eine Etage tiefer gefallen.
Weitere Hände brachten die Platten zum Bersten und lavendelfarbenes Licht drang von beiden Seiten zu mir herein, während ich mich verzweifelt wand und versuchte, ihnen zu entkommen. Vor mir sah ich einen weißen Eimer, doch in dem Moment zerbarst eine ganze Platte und vier massive Arme begannen den Metallrahmen der Decke hinunterzureißen.
Ein großer Teil fiel krachend in den Gang. Ich hielt mich an den Rohren fest und hatte das schreckliche Gefühl, für meine Gegner wie auf dem Präsentierteller zu sitzen. Unter mir konnte ich jetzt Bastien und den großen perdu sehen, die sich wütend abdrückten und hochsprangen. Als sie sich auf mich warfen, stürzte der Rest der Decke ab.
Gerade noch bekam ich den Rand des weißen Eimers zu fassen und stieß ihn um.
20 Liter Schwimmbadchlor kippten mit einem lauten Flopp um und schneiten den perdus mit chemischer Brennkraft direkt ins Gesicht. Eine Wolke stob auf und schmerzte auch mir in Nase und Augen. Ich schloss den Mund und hechtete blind durch die große Öffnung, die die Vampire gerissen hatten.
Mir blieb die Luft weg, als ich auf dem Stahlboden landete. Doch dann öffnete ich schnell die tränenden Augen, rappelte mich hoch und lief los. Meine Lunge schrie nach Sauerstoff, aber ich wagte hier drinnen nicht zu atmen. Im letzten Moment drehte ich mich um und sah die beiden perdus . Zusammengekauert kratzten sie sich die Gesichter und würgten elendig.
Ich stürmte durch die halb geöffnete Tür auf die Plattform und atmete gierig die Nachtluft ein. Hinter mir konnte ich zornige Rufe hören.
Klettern , dachte ich nur. Klettern .
Ich sprang ab und landete so leichtfüßig wie eine Katze an der Wand des Turms. Allerdings wäre ich auch fast gefallen wie eine Katze, die davon überrascht wird, dass der Landeplatz schwieriger ist als gedacht.
Die rostige Verkleidung des Turms war mit tellergroßen, sechseckigen Schrauben versehen, an denen ich mich festhielt. Leider standen die Schrauben nicht so weit vor, wie ich gehofft hatte, sodass es nicht leicht war, sich zu halten.
Unter mir schlug die Tür zum Gang auf und Bastien stürmte brüllend auf die Plattform. Sein Gesicht war weiß vom Chlor und die Augen leuchtend rot.
»Tuez-la, tuez-la, tuez-la!«
Hastig kletterte ich die steile Wand des Turms weiter hinauf, indem ich mich von einer Schraube zur nächsten hangelte. Bastien schnaubte wie ein wild gewordenes Tier und war schon wieder direkt hinter mir.
Aus dem Funkgerät, das ich noch am Ohr hatte, hörte ich Sagan etwas brüllen, aber ich konnte an nichts anderes denken als an das Monster, das mir auf den Fersen war. Jeden Moment würde er mich am Knöchel festhalten und vom Turm schleudern.
Tatsächlich rutschte ich von einer Schraube ab und sofort bekam mich Bastien mit seiner Pranke zu fassen. Zum Glück griff er nicht fest genug zu und ich konnte mich noch einmal befreien. Ich fand mein Gleichgewicht wieder und stieß mich mit den Zehenspitzen ab. Dabei betete ich, dass ich genug Vorsprung herausarbeiten würde, um auf die nächste Galerie zu gelangen.
Ich schnellte nach oben und fand tatsächlich Halt an der metallenen Bodenplatte, sodass ich mich über die Reling schwingen konnte. Kaum dass ich gelandet war, lief ich auch schon wieder die Galerie entlang.
Ich war auf der Suche nach einem bestimmten Metallrohr … bei dem hohen Tempo sahen alle Balken ziemlich ähnlich aus.
Bastien hatte die Galerie jetzt ebenfalls erreicht.
»Venez, elle est là!« , brüllte er hinunter. Dafür brauchte ich keine Übersetzung. »Sie ist hier!«
Der perdu raste auf mich zu. Tastend griff ich in das Rohr über mir und fand, was ich suchte – die Nagelpistole, die wir dort versteckt hatten.
Ich nahm sie in beide Hände und feuerte dem Vampir kleine Nägel in die Brust. Bastien stöhnte, als sie sich tief in seinen Körper bohrten, aber er kam noch immer näher. Ich zielte direkt auf sein Gesicht und schoss so schnell hintereinander, wie das Gerät es zuließ. Pop, pop, pop.
Bastien verzog das Gesicht. Ich sah, wie sich schwarze Punkte auf seiner Haut abzeichneten – die Nagelköpfe –, dennoch verringerte er den Abstand weiter und ich spürte eine Wand hinter
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