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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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hineinzugelangen. Ich entdeckte eine Metalltür, die sich öffnete, als ich mit Kraft daran zog. Von dort brauchte ich nur noch eine Leiter hinunterzuklettern, die in eine von außen verschlossene Kammer führte. Mit ein wenig Gewalt konnte ich mich jedoch daraus befreien.
    Sich in dem Gebäude zurechtzufinden, war schwieriger, als ich gedacht hatte. Es gab unendlich viele lange Gänge, von denen wieder andere Gänge abzweigten. Und es gab Zellen mit Arbeitsplätzen, so weit das Auge reichte. In den meisten Büros war es vollkommen dunkel, in einer Zelle leuchtete eine Lichterkette, die den ganzen Raum in ein unheimliches farbiges Licht tauchte.
    Bis ich endlich die Cafeteria fand, war ich so ausgehungert, dass ich auch Toilettenpapier gegessen hätte. Aber die Selbstbedienungsregale und Warmhaltevorrichtungen waren leer. Nichts als blitzender Edelstahl. Ich hastete in die Küche … auch dort war alles blitzblank. Kein einziger Krümel war zu finden. Unter einer Plastikabdeckung gab es Chips und Kekse, doch mir war nach etwas Nahrhafterem. Hühnerfrikassee zum Beispiel.
    Ich hatte das Gefühl, in letzter Zeit mehr Appetit zu haben. Mussten halb menschliche, nicht blutsaugende Vampire vielleicht spätestens alle zwei Stunden essen? Vielleicht war ich nicht nur der erste Vampir mit Epilepsie, sondern auch der erste mit Hypoglykämie – einem zu niedrigen Blutzuckerspiegel, was zu erhöhtem Appetit führt. Bei dem Gedanken musste ich laut lachen. Es fühlte sich gut an, zum ersten Mal wieder zu lachen, seit … seit ich Manda zum letzten Mal gekitzelt hatte. Schluss damit .
    Ich befahl meinem Magen ruhig zu sein und öffnete alle Schränke und Fächer. Ich entdeckte eine Gefriertruhe, doch die war abgestellt und voll mit Kartons voller Servietten, Pappbecher und Plastikbesteck. Was für eine Cafeteria war das?
    Ich kehrte in den vorderen Bereich zurück und wollte gerade nach einer Tüte Chips greifen. Doch als ich die Hand hob, um die Plastikabdeckung einzuschlagen …
    »He.«
    Die Stimme war nicht laut, doch sie veranlasste mich dazu, so schnell herumzuwirbeln, dass ich mir den Kopf an der Ecke eines Metallregals stieß. Fluchend griff ich mir an die Stirn, um zu sehen, ob es blutete.
    »Oh Mann, das tut mir leid.«
    Vor mir stand ein junger Typ. Er war groß und dünn und hatte glattes, blondes Haar mit Seitenscheitel, das ihm bis knapp über die Ohren reichte. Er sah nur einige Jahre älter aus als ich.
    »Meine Schuld«, sagte er. »Alles in Ordnung?«
    »Nein«, erwiderte ich.
    Mein Gott. Gerade mal zwei Nächte war ich auf der Flucht und schon ließ ich mich erwischen. Was tat er eigentlich hier, obwohl doch längst alles geschlossen war?
    Langsam richtete ich mich auf und betrachtete meine Hand. Kein Blut. Dann sah ich wieder den Typen an. Er hatte einen breiten Mund, eine etwas zu lange Nase und große, eisblaue – fast unwirklich wirkende – Augen, die ziemlich unwiderstehlich waren. Er trug kakifarbene Shorts, lederne Slipper ohne Socken und ein T-Shirt, auf dem HUBBLE TROUBLE stand.
    »Das Essen hier wird angeliefert«, sagte er und kam näher. »Jeden Tag. In einem großen Laster mit Wärmevorrichtungen wird es gebracht. Von irgendeiner Firma. Anscheinend ist es so billiger. Mein Vater sagt, früher gab es hier eine richtige Cafeteria. Jetzt werden hier nur noch Kleinigkeiten gemacht. Das meiste wird fertig hertransportiert und muss gerade mal aufgewärmt werden. Dann wird es für einige Stunden verkauft, wieder in den Laster gepackt und Zoom , schon sind sie wieder weg.«
    »Aha.« Abermals legte ich eine Hand an meine Stirn.
    »Ich sehe sie mir mal an«, sagte der Typ.
    »Wen?«
    »Deine Verletzung. Du hast dir den Kopf ganz schön angehauen.«
    »Ach, es geht schon. Es blutet ja nicht einmal.«
    Er schien nicht überzeugt und erkundigte sich besorgt: »Bist du sicher? Magst du dich vielleicht setzen? Die meisten Mädchen würden bei so etwas einen Riesenaufstand machen.«
    »Ach ja, Mädchen?«
    Entschuldigend hob er die Hände. Seine Finger waren lang und dünn. »Okay, okay. Die meisten Leute. Gehörst du hier zum Team?«
    »Zu welchem Team?«
    »Du weißt schon. Dem Wach- und Putzdienst. Bist du sicher, dass alles klar ist?« Er kam noch näher und sah mich eindringlich an.
    »Nein, ich gehöre nicht zum Team …« Ich wusste nicht, wie ich erklären sollte, wer ich war. Am liebsten wäre ich im Boden versunken, schließlich stand ich in einem feuchten Schlafanzug und Gummistiefeln vor

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