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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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nicht allzu unangenehm war. Im Gegensatz zu seiner Wohnung wirkte er sauber.
    »Was ist mit der Infektion?«, fragte ich. »Wird er jetzt nicht selbst zum Vampir? Ich dachte, man müsste sie umbringen, damit sie nicht verwandelt werden …«
    Donne sah mich angewidert an. »Das gilt für diese Tiere, die perdus . Sie haben keine Kontrolle über ihren Hunger. Sie trinken so viel, diese gierigen Schweine, dass sie keine andere Wahl mehr haben, als zu töten. Oder mehr sang nouveau hervorzubringen wie dich. Ich habe dir doch gesagt, dass die soleils Würde haben. Wir sind zivilisiert. Deshalb nehmen wir von jedem Menschen nur ein kleines bisschen. Nie annähernd genug, um sie zu verwandeln. Keine Sorge, wenn du zu gefräßig wirst, werden wir dich schon bremsen. Jetzt zögere es doch nicht dauernd weiter hinaus.«
    Mein Mund war jetzt ganz nah an seiner Schulter. Bring’s hinter dich, Emma.
    Ich legte die Lippen über den Schnitt.
    Natürlich wusste ich, wie Blut schmeckt. Man kann keinen Mannschaftssport betreiben, ohne sich mindestens einmal die Lippe aufzuschlagen. Immer wieder wird gesagt, es würde »salzig«, »kupfern« oder sogar »metallisch« schmecken.
    Ich konnte das nicht bestätigen, auch wenn ich den Geschmack nicht beschreiben konnte. Das Einzige, was ich sagen konnte, war, dass es »fremdartig« schmeckte – eindeutig nicht wie etwas, das durch meine Kehle fließen sollte.
    Die Zunge hielt ich aufgerollt im Mund. Bislang musste ich immerhin nicht würgen und es gelang mir, nicht zu zeigen, wie furchtbar ich es fand. Tu einfach so , dachte ich und begann die Sekunden zu zählen. Mehr ist es nicht.
    »Ich schaue zu«, warnte Donne. »Und ich kann sehen, ob du schluckst oder nicht. Also fang lieber an.«
    Oh Gott. Sie meint es ernst.
    Ich beschloss zu schlucken, ohne etwas im Mund zu haben, doch fast augenblicklich begann das Blut zu fließen, als wenn durch die Bewegung in meiner Kehle ein Vakuum entstanden wäre. Eine warme, scheußliche, klebrige Flüssigkeit floss mir über die Zunge. Langsam füllte sich mein Mund mit dem Zeug. Noch ein Moment der Wahrheit . Entweder ich würde Donne alles vor die Füße spucken oder …
    Ich zog das Gesicht zusammen und schluckte. Und schluckte noch einmal. Plötzlich schmeckte ich etwas Vertrautes … auch wenn es eigentlich kein Geschmack war, sondern ein Geruch, der als solcher daherkam.
    Bier. Der Typ hatte Bier getrunken . Ich konnte es in seinem Blut schmecken.
    »Igitt!«, rief ich, bekam einen Schluckauf und musste würgen. Gerade noch rechtzeitig zog ich meinen Mund weg … nur einige Sekunden länger und ich hätte mich übergeben.
    Ich hustete und spuckte, während Anton hysterisch anfing zu lachen. Die Faust, um ihm damit ins Gesicht zu schlagen, hatte ich bereits erhoben, als Donne nach meinem Handgelenk griff und mich reumütig ansah. Sie lächelte sogar ein wenig.
    »Tut mir leid, aber wir mussten uns vergewissern. Nun bin ich zufrieden. Du bist ein wahrer Frischling! Das ist unverkennbar. Ich hoffe, du hast genug bekommen. Er wird bald wieder zu Bewusstsein kommen. Wir sollten sehen, dass wir wegkommen.«
    Noch immer schmeckte ich das fettige, nach Bier riechende Blut, das mir durch die Kehle bis in den Magen geflossen war. In meinen Magen. Sofort musste ich an meinen Besuch in Moreaus Kopf denken, wie das Blut der sterbenden Frau durch meine Speiseröhre gelaufen war. Würg! Erneut spürte ich Übelkeit in mir aufsteigen und richtete mich ruckartig vom Sofa auf. Als ich wieder stand, holte ich mehrmals tief durch die Nase Luft, bis ich mich wieder ein wenig besser fühlte.
    »Schnell weg hier«, murmelte ich und hastete zur Tür, während die anderen beiden noch mein Frühstück aufwischten.
    Draußen ging es mir bald besser, obgleich ich durch die Nachwehen der Aktion noch recht wackelig auf den Beinen war. Anton hatte sichtlich Spaß dabei, mich zu beobachten, wie sich jedes Mal meine Wangen aufblähten, wenn ich versuchte den Brechreiz in Schach zu halten. Den Berg hinauf mussten Donne und er mich stützen.
    Ich überlegte, wie spät es wohl wäre. Dann erinnerte ich mich an Sagans Geschenk und zog meine Taschenuhr heraus: 4:23 Uhr. Bald würde die Nacht zu Ende sein. Weshalb sich mir die Frage aufdrängte, wo die drei Vampire, die sich selbst soleils nannten, wohl die Tage verbrachten.
    »Das war köstlich«, schwärmte Anton, wobei ich mir nicht sicher war, ob er sich auf seinen vollen Magen bezog oder auf die Tatsache, dass sie mich

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