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Verletzlich

Verletzlich

Titel: Verletzlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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noch ungefähr fünfzehn Meter entfernt waren, hielt Donne kurz inne und huschte hinter die Mauer eines kleinen Restaurants.
    »Bist du bereit?«, fragte sie Anton.
    Anton griff sich in die Tasche und zog eine kleine weiße und goldfarbene Tube hervor.
    »Die vergesse ich nicht wieder, nach der Erfahrung vom letzten Mal«, sagte er.
    Donne zog ebenfalls etwas aus der Tasche. Sie hatte etwas Schmales aus Metall in der Hand, das aussah wie ein silberfarbener Stift. Außerdem ein weißes, gefaltetes Stofftaschentuch und ein kleines, braunes Fläschchen mit einem Gummistopfen, aber ohne Etikett. Sie gab einige Tropfen der Flüssigkeit aus der Flasche auf das Tuch und drückte es in ihrer zarten Faust zusammen. Ein scharfer und zugleich süßlicher Geruch waberte durch die Luft.
    »He, was macht ihr …«
    Mein Satz blieb unvollendet, weil sich die beiden Vampire in dem Moment auf den Zeitungsmann stürzten.
    Ich sage stürzten, dabei bewegten sie sich lautlos und so geschmeidig und elegant, dass sie eher aussahen wie über einen See streifende Schwäne als wie springende Tiger. Man konnte sie nur als anmutig bezeichnen, keinesfalls als tödlich, monströs oder gar bedrohlich. Es wirkte nicht wie ein Angriff, sondern eher wie ein Tanz.
    Sagan, du würdest es nicht glauben , dachte ich.
    Ich folgte ihnen. Anton und Donne waren in zwei verschiedene Richtungen gesprungen. Zwischenzeitlich segelten sie mehr als drei Meter hoch in der Luft, bevor sie kurz mit einem Fuß aufkamen, nur um sich wieder abzudrücken, als wollten sie die letzte Ecke eines Dreiecks schließen.
    Der Alte bekam nicht mit, was ihn zur Strecke brachte. Er hatte sie nicht kommen hören und sich gerade vorgebeugt, um einen weiteren Stapel alter Zeitungen herauszuziehen, als die Vampire hinter ihm landeten. Anton griff ihn sich als Erster. Er drückte ihm die Arme an den Körper. Ich eilte zu ihnen und versuchte mich für Donnes Angriff zu wappnen, die im nächsten Moment in die Kehle des Mannes beißen und ihn diese aufreißen würde.
    Doch es geschah ganz anders. Donne legte ihren Arm um die Schultern des Mannes, während Anton ihn weiter festhielt, und platzierte das nasse Tuch über Nase und Mund.
    Auch wenn ich das Gesicht des Mannes nicht sah, konnte ich mir doch gut vorstellen, wie sich seine Augen einen Moment lang vor Schreck weiteten. Ich glaube nicht, dass er einen der Vampire sah. Zwei oder drei Mal zuckte sein Körper lautlos. Als Anton den Mann herumdrehte, war sein Körper bereits schlaff und die Augen geschlossen. Behutsam legten die Vampire ihn auf den Gehsteig.
    Anton hob den Kopf des Alten auf seinen Schoß. Donne zog den rechten Arm des Bewusstlosen aus dem Jackenärmel und dehnte dann den Kragen seines T-Shirts, sodass ein blasser Hals und ein Teil der Schulter zum Vorschein kamen. Jetzt geht es los, dachte ich und stand wie vom Donner gerührt da.
    Donne nahm das kleine stiftähnliche Objekt, das sie in der linken Hand gehalten hatte, und zog eine fünf Zentimeter lange Linie an der Schulter des Mannes. Nur dass es kein Stift war, sondern eine Art Messer.
    Der Mann rührte sich nicht und stöhnte nicht einmal, als das warme Blut wie rote Fäden aus dem dünnen Schnitt quoll. Ich sah, wie sich Anton über die Lippen leckte. Donne ließ ihm den Vortritt. Er senkte den Kopf und begann zu trinken, dass es wie ein leidenschaftlicher Kuss aussah.
    Er trank höchstens zwanzig Sekunden, was mich überraschte. Anschließend war Donne an der Reihe und sie trank genauso – wie beim Küssen. Sie verhielten sich so manierlich und vorsichtig, so vollständig anders als die brutale, gewaltsame Art und Weise, mit der das Monster Moreau mir das Bein aufgerissen hatte, dass ich nur sprachlos zuschauen konnte.
    Donne bemerkte, dass ich sie beobachtete.
    »Der hier ist nicht für dich, Frischling«, sagte sie.
    Auch sie trank weniger als eine Minute. Sie verdrehte die Augen, bevor sie sie schloss und es vorbei war, ehe es richtig begonnen hatte. Als sie den Kopf hob, hatte sie nicht einmal Blut am Mund. Sie hätte dem Kerl ebenso einen Knutschfleck machen können.
    Die beiden waren fertig, so viel war klar. Doch anstatt den Mann liegen zu lassen und zu verschwinden, tupfte Donne die Wunde mit einem Tuch ab und Anton drückte ein wenig der entzündungshemmenden Salbe aus der weißen Tube heraus und massierte sie sanft mit einem Finger ein, bis die Blutung stoppte. Zum Abschluss zogen sie dem Mann die Jacke wieder richtig an und trugen ihn behutsam zum

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