Verleumdung
waren Lex und Jonas in illegale Geschäfte verwickelt, und vielleicht hatten sie sich einfach nur in etwas hineingeritten, was sie nicht mehr überschauen konnten.
»Wir sind jetzt auf dem Kongevej. Sagen Sie Bescheid, wann wir abbiegen müssen?«
»An der nächsten großen Kreuzung links, dann sind wir auf dem Skovridervej.«
Als sie ankamen, sprang Linnea aus dem Auto und versicherte dem Taxifahrer, in fünf Minuten wieder zurück zu sein. Noch bevor er protestieren oder Geld verlangen konnte, war sie zum Haus gerannt. Sie konnte sehen, dass Lex’ Auto in der Garage stand, und sie wunderte sich, dass die Tür nicht geöffnet wurde, obwohl sie wieder und wieder klingelte. Sie winkte dem Fahrer zur Beruhigung zu und ging dann hinter das Haus. Vielleicht saß Lex bei dem schönen Wetter auch nur im Garten.
Doch da war niemand. Die Terrassentür war verschlossen. Linnea versuchte ein weiteres Mal, Lex telefonisch zu erreichen, aber diesmal sprang sofort die Mailbox an. Sie klopfte energisch an die Terrassenfenster. Mittlerweile hatte sie immer mehr das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie holte tief Luft. Sie hob die massive Sonnenliege vorn hoch und rollte sie auf die Terrasse.
Dann rammte sie die Liege mit aller Kraft gegen die Terrassentür. Ihr Gesicht schirmte sie mit einer Hand ab. Das Glas zersprang in tausend kleine Stückchen, die ihr um die Ohren flogen.
51
N atürlich muss ich mit ihm sprechen. Er steht immerhin unter Mordverdacht!«
Der Arzt starrte Thor entgeistert an und schüttelte dann den Kopf.
»Erstens entscheide ich darüber, und nicht Sie, und zweitens können Sie nicht mit ihm sprechen, weil er gar nicht dazu in der Lage ist. Momentan wissen wir nicht einmal, ob er jemals wieder das Bewusstsein erlangt.«
»Das verstehe ich nicht. So viel Blut kann er doch gar nicht verloren haben.«
»Momentan sind wir dabei, seine geschädigte Leber zu retten. Er ist gründlich gewesen. Bevor er versucht hat, sich die Pulsadern aufzubohren, hat er eine Überdosis Paracetamol geschluckt. War er denn gestern oder heute bei einem Arzt?«
Thor nickte düster.
»Bevor er zu uns in die Haft kam. Weil er einen Schock erlitten hatte.«
»Dann hat er dort anscheinend ein paar Gläser Tabletten mitgehen lassen. Er wollte sichergehen, dass ihm der Selbstmord gelingt, und Ihre Fragen sind wohl das Letzte, was ihn dort, wo er jetzt ist, interessiert.«
Anschließend verschwand der Arzt den Flur entlang und ließ Thor mit dem Gefühl zurück, ein abgestumpfter Idiot von Polizist zu sein.
Lange hatte es sich doch anders überlegt und Thor zum Rigshospital geschickt, damit er Uffe Overbye befragte, sobald es möglich war. Der Selbstmordversuch konnte durchaus als Schuldeingeständnis aufgefasst werden. Wenn Overbye nie wieder aufwachte, würden die Ermittlungen möglicherweise eingestellt. Nachdem er verhaftet worden war, hatte man sein Haus durchsucht und dort eine Waffe vom gleichen Kaliber gefunden wie die, mit der Neergaard erschossen worden war. Aber das kriminaltechnische Center musste erst noch untersuchen, ob Overbyes Pistole tatsächlich die Tatwaffe war. Thors Meinung nach gab es, abgesehen von ihrer gemeinsamen Vergangenheit, nicht viel, was die beiden Männer miteinander verband. Zwischen ihnen hatten keine finanziellen Transaktionen stattgefunden, was die Erpressungstheorie ein wenig unwahrscheinlicher machte. Neergaards Fall war anders gelagert. Zwischen ihm und dem ermordeten Khalid gab es definitiv eine Verbindung. Zum einen verrieten die Telefondaten, dass sie bereits wenige Monate nach Khalids Ankunft in Dänemark im Juli 2007 und bis zu seinem Tod etwas mehr als ein Jahr danach in Kontakt gestanden hatten. Zum anderen waren bedeutende Summen von Neergaards Konto auf ein ausländisches Konto eingegangen, das Khalid gehörte.
Thor stellte sich neben die Aufzüge und rief Daniel Kraus an. Dieser war gerade dabei, die Akten noch einmal von vorne durchzugehen.
»Was tun wir jetzt?«
»Ich bin noch immer davon überzeugt, dass der Irak die wichtigste Verbindung darstellt«, sagte Thor. »Ob Khalid bewusst nach Dänemark kam, weil er etwas gegen Neergaard und die anderen in der Hand hatte, weiß ich nicht. Vielleicht war es reiner Zufall, dass sie sich wiedertrafen. Aber Khalid war damals der Hauptzeuge, und es war entscheidend für den Fall, dass er sein Wissen zurückhielt. Vermutlich hat er Neergaard später erpresst, und zwar nicht gerade um kleine Summen. Und irgendwann wurde es dem
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