Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
Vom Netzwerk:
wieder, weil sie so zentral wohnte, dass sie fast alles zu Fuß erreichen konnte.
    »Ich stelle Sie zu Vizekommissar Thor M. Dinesen, dem Verantwortlichen bei der Mordkommission, durch.«
    »Nein, warten Sie!«
    Aber es war zu spät. Linnea war bereits weitergestellt worden. Sie starrte aus dem Autofenster. Endlich zerstreute sich die Ansammlung japanischer Touristen, und das Taxi konnte weiterfahren. Der Fahrer ließ das Fenster herunter und klopfte eine Zigarette aus einem Päckchen.
    Als sich jemand am anderen Ende meldete, sah sie ein, dass es nun definitiv zu spät war aufzulegen. Sie zögerte einen Moment, nachdem Thor seinen Namen genannt hatte, und meldete sich dann ebenfalls.
    »Du machst ja ganz schön von dir reden.«
    Er klang müde.
    »Was meinst du damit?«
    »Die Schlagzeilen in den Zeitungen sind schwer zu übersehen. Ausgezeichnete Arbeit, die du da geleistet hast. Ich war ja nur zwei Tage in dem Fall abgestellt, aber ich habe deinen Bericht gelesen und durfte ja auch deine kleine Angebervorstellung erleben. Beeindruckend. Ich glaube kaum, dass uns die alten Rechtsmediziner so viel Arbeitsmaterial geliefert hätten.«
    »Danke!«
    Daraufhin entstand eine peinliche Stille, in der Linnea versuchte, sich nicht mehr darüber zu ärgern, dass der Taxifahrer rauchte. Er blies den Rauch nur halbherzig aus dem Fenster, was bei der Hitze ohnehin nicht viel geholfen hätte. Es ärgerte sie, dass sie nicht einmal mit einem so beherrschten und außerdem rein fachlichen Kompliment von Thor umgehen konnte. Nach jenem Weihnachten im letzten Jahr waren sie ein paar Monate lang ein Paar gewesen. Oder zumindest hatten sie sich regelmäßig gesehen und wahnsinnig guten Sex gehabt, bis seine sechsjährige Tochter eines Tages dabei ins Zimmer gekommen war. Es war der letzte Sonntag, den sie gemeinsam im Bett verbracht hatten, und Linnea war mit dem Versprechen gegangen, sich bald zu melden. Dann versuchte sie sich selbst davon zu überzeugen, dass sie einfach noch nicht bereit für eine neue Beziehung war. Dafür sprach auch, dass sie Phil in San Francisco noch nicht erzählt hatte, dass sie in nächster Zeit nicht gedachte zurückzukehren. Und ihre Flucht hatte auch garantiert nichts damit zu tun, dass sie nicht in der Lage war, die Ersatzmutter für Thors Kind zu spielen.
    Zu allem Übel war nun auch noch er es, der das Schweigen brach.
    »Was kann ich für dich tun? Ich gehe mal davon aus, dass du nicht anrufst, um einen gemütlichen Plausch mit mir zu halten?«
    Linnea nahm sich zusammen und erklärte, dass sie gern etwas über jenen Jonas Holm Neergaard erfahren würde, den man tot aufgefunden hatte.
    »Was ist mit ihm passiert? Wisst ihr schon was?«, fragte sie.
    »Aus welchem Grund fragst du?«
    »Du würdest mir damit einen Riesengefallen tun. Es ist rein privat.«
    »Das überhöre ich jetzt einfach mal … aber vielleicht bist du doch nicht so hellseherisch veranlagt, wie man glauben könnte.«
    »Wie meinst du das?«
    »Bist du am Rechtsmedizinischen?«
    »Noch nicht, aber bald, wenn wir hier nicht ständig mit Touristen kollidieren würden, die meinen, die ganze Stadt sei eine Verlängerung des Tivoli.«
    »Ich bin sowieso gerade auf dem Weg dorthin. Warte einfach auf mich.«
    Damit legte Thor auf.
    31
     
    D ie Türen des Aufzugs öffneten sich, und Kevin Love ging sofort hinein. Ein Mann und eine Frau traten automatisch zur Seite, um ihm Platz zu machen, und stiegen anschließend aus. Er drückte auf den Knopf und bemerkte, dass sie draußen stehen blieben und ihn anglotzten. Die Frau sagte etwas zu ihm, was er nicht verstand. Er drehte sich um und starrte sie an. Dann wiederholte sie das Gesagte auf Amerikanisch.
    »Entschuldigung, aber wer sind Sie? Haben Sie eine Genehmigung, sich hier aufzuhalten?«
    Die Frau trug einen Kittel und gehörte vermutlich zu den hiesigen Rechtsmedizinerinnen. Sie war ausgesprochen klein. Vielleicht wirkte das aber auch nur so, weil sie in Begleitung eines ziemlich großen Mannes war. Er trug keinen Kittel und machte Anstalten, wieder in den Aufzug zurückzukehren. Vermutlich wollte er ihn festhalten. Aber Kevin Love wechselte nur seine Blickrichtung und starrte den Mann eindringlich an, damit er ruhig blieb, um dann erneut die Frau zu fixieren.
    »Ich bin nur auf dem Weg nach draußen.«
    Kevin Love versuchte weiter, den Mann mit seinen Blicken einzuschüchtern. Eigentlich sah er aus wie ein Polizist, schien aber mit der Situation überfordert und zog sich wieder zurück.

Weitere Kostenlose Bücher