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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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Dann glitt die Tür zu, und Love sah nur noch sein eigenes verschwommenes Spiegelbild auf den Stahlwänden des Aufzugs.
    Immerhin hatte er sich davon überzeugen können, dass der Tote mit jenem Mann identisch war, auf den er seine Killerin angesetzt hatte. Plötzlich kam ihm der Gedanke, dass der Tote auf Englisch vermutlich Jonah heißen würde. Ein Unglücksvogel, den man sich so schnell wie möglich vom Hals schaffen sollte. Was er versäumt hatte. Und jetzt wurde er mit einer Reihe von Fragen konfrontiert. Beispielsweise, warum die Expertin, die er für die Aufgabe angeheuert hatte, nicht wie vereinbart Bescheid gegeben hatte, dass sie den Auftrag durchgeführt hatte. War sie noch immer in Kopenhagen? Und was bezweckte sie mit ihrem Verhalten? Der Fall war alles andere als abgeschlossen, und die Einschätzung, dass seine Anwesenheit erforderlich war, hatte sich somit als korrekt erwiesen. Denn wenn ihn sein Gefühl nicht völlig täuschte, so war das eigentliche Geschäft auch nach Neergaards Tod nicht endgültig abgewickelt. Die Sache musste näher untersucht werden, und das Auktionshaus, das er im Blick hatte, wäre ein guter Ausgangspunkt.
    Einige Angaben waren noch nicht abschließend bestätigt, aber momentan deutete seine gründliche Lektüre der Auktionskataloge darauf hin, dass das Unmögliche eingetreten war: Neergaard war offenbar schlau genug gewesen, ihn bei ihren gemeinsamen Geschäften zu hintergehen. Sein Tod war also wahrlich selbstverschuldet gewesen. Und vor diesem Hintergrund musste er auch überlegen, ob nicht vielleicht mehr als eine Person aus dem Weg geräumt werden musste, um die ganze Angelegenheit endlich abzuschließen.
    Kevin Love warf einen hastigen Blick auf den uniformierten Mann, der vor der Tür des Fahrstuhls auftauchte, als dieser im Erdgeschoss hielt. Zunächst begriff er nicht, was der Mann zu ihm sagte, doch dann wechselte auch er ins Englische.
    »Darf ich fragen, was Sie hier suchen?«
    Die beiden aus dem Keller mussten einen Wachmann alarmiert haben. Offensichtlich war er, von einer schweren Taschenlampe abgesehen, unbewaffnet. In diesem sozialdemokratischen Kinderparadies durften sich wahrscheinlich nicht einmal die privaten Sicherheitsleute bewaffnen.
    »Ich suche genau das«, sagte Kevin Love, griff nach der Securitas-Krawatte des Wächters und zog so kraftvoll daran, dass dieser in den Aufzug stolperte und gegen die Wand hinter Love knallte. Ein kräftiger Tritt in die Kniekehle ließ den Wachmann auf dem Boden des Fahrstuhls zusammensacken, und Kevin Love drückte schnell noch den Knopf zum Kellergeschoss. ehe er über den Mann hinwegstieg. Er verließ den Aufzug und ging gemächlich die letzten Schritte zum Ausgang des Rechtsmedizinischen Instituts.
    *
    »Wie gut, dass du nicht bei der Polizei bist. Du kannst ja noch nicht mal einen Mann ausfindig machen, der direkt unter deinem eigenen Büro liegt. Und noch dazu nicht mehr davonlaufen kann!«
    Thor grinste Linnea an, die eine Sekunde brauchte, um zu begreifen, dass er auf das vorausgegangene Telefonat anspielte. Die kühle Luft im Leichenschauhaus war ausnahmsweise einmal angenehm, verglichen mit der drückenden Hitze draußen. Die Temperatur in den drei Räumen des Leichenschauhauses betrug konstant vier Grad, weshalb es als Kühlraum diente, in dem die Toten vor und nach der Obduktion aufbewahrt wurden. Erst wenn die Todesursache zweifelsfrei geklärt war, wurde die Leiche freigegeben und konnte vom Bestatter abgeholt werden.
    Linnea schloss die schwere Stahltür hinter sich. Thor suchte auf den weißen Kachelwänden nach der richtigen Nummer. Sie spürte, wie ihr nach der klebrig-heißen Taxifahrt endlich ein wenig kühler wurde. Zu ihrer eigenen Verwunderung war ihr Umgang mit Thor unverkrampfter, als sie es erwartet hatte. Allerdings konnte das auch daran liegen, dass es ihnen bisher gelungen war, eine professionelle Distanz zu wahren und lediglich Belanglosigkeiten auszutauschen. Sie gingen an den vielen Rolltischen aus rostfreiem Stahl vorbei. Auf den meisten lagen mit weißen Laken bedeckte Leichen. Die alten Kühlfächer waren aus hygienischen Gründen längst abgeschafft und durch die Obduktionspritschen ersetzt worden, an deren einem Ende sich ein Ablauf befand, der genau über die Waschbecken passte. Das erleichterte die Reinigung, und die Leiche konnte problemlos zwischen Obduktionsraum, CT- oder MRI-Scanner und Leichenhaus hin und her transportiert werden.
    »Kennst du ihn?«
    »Nicht richtig. Er war

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