Verleumdung
zwei weitere Kollegen damit beauftragt, einige von Neergaards ehemaligen Regimentskameraden aus der Livsgardens-Kaserne und aus der Zeit im Camp Dannevang zu kontaktieren. Denn abgesehen von dessen Arbeitskollegen in der Security-Firma war das der einzige Umgangskreis von Jonas, an den sich seine Frau erinnern konnte. Bis jetzt hatten sie immer noch keinerlei Hinweise auf ein Tatmotiv.
»Du hast mir ein Eis zum Nachtisch versprochen!«
»Gleich, mein Schatz. Ich muss nur kurz auf jemanden warten.«
Maja drückte erneut seine Hand, um ihn daran zu erinnern, dass er sein Wort unbedingt halten müsse, und Thor lotste seine Tochter zu der Bank, die er als Treffpunkt vereinbart hatte. Maja war sieben, gerade erst mit der ersten Klasse fertig, und war schon jetzt furchtbar genervt, Ferien zu haben. Sie sagte, dass sie sich langweile, und das hing sicherlich auch damit zusammen, dass ihre beste Freundin erst in einer Woche aus den Ferien zurückkommen würde. Catherine, Thors Ex, war in dieser Sache keine große Hilfe. Seit ihrer ziemlich aufreibenden Scheidung vor drei Jahren gelang es ihnen kaum noch, ein vernünftiges Gespräch von mehr als fünf Minuten zu führen. Obwohl sie sich das Sorgerecht teilten, schien sie ziemlich froh darüber, Maja so oft wie möglich bei ihrem Vater abliefern zu können. Dafür war Thor im Grunde genommen auch dankbar, denn er wollte so viel Zeit wie möglich mit seiner Tochter verbringen, obwohl es hin und wieder nicht ganz leicht war, ein beinahe alleinerziehender Vater zu sein.
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D u bist dir schon darüber im Klaren, dass das, was ich hier tue, völlig regelwidrig ist? Ich setze meinen Arsch aufs Spiel.«
»Wenn ich auch nur auf das kleinste Detail stoße, das für euch von Relevanz sein könnte, dann gebe ich es euch sofort weiter. Versprochen! Ich mache nur eine Hintergrundrecherche, sonst nichts.«
Thor konnte sehen, dass seine Antwort den anderen nicht so überzeugte, wie er geplant hatte. Aber sie wussten beide, dass sie sich in der Grauzone namens Freundschaftsdienst bewegten und es nie schaden konnte, einen persönlichen Kontaktmann in einer anderen Abteilung zu haben. Asbjørn Vogler war Teil der Nachforschungsabteilung, die für militärische Strafsachen zuständig war – von den Ermittlungen bis hin zum endgültigen Urteil. Sie bearbeiteten alle Fälle, die Angehörige des Militärs betrafen, auch wenn diese gegen das Zivilgesetz verstoßen hatten. Da das Militärgericht direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt war, gab es immer ein Zuständigkeitsgerangel mit der Polizei, das offizielle Eingaben in lange bürokratische Kriege verwandelte. Thor hatte Asbjørn auf einer UN-Mission im Kosovo kennengelernt. Bei dem Einsatz hatte es sich um eine Zusammenarbeit von der UNMIK, der Polizei vor Ort, und der KFOR, der Asbjørn zu dieser Zeit angehörte, gehandelt. Es war in den Jahren nach dem Bürgerkrieg, als Thor wie so viele andere dänische Polizisten dort war, um die örtliche Polizei bei der Identifikation der Opfer aus den zahlreichen Massengräbern zu unterstützen. Der ganze Kosovo erschien ihm wie eine einzige korrupte Räuberhöhle, in der Gleichgesinnte wie Asbjørn schwer zu finden waren. Die Wirtschaft war korrupt und von Freundschaftsdiensten und Bestechung dominiert, und in dem gesamten Gebiet wimmelte es nur so vor Kriegsverbrechern. Sie hatten einander bei einer größeren Festnahmeaktion am Rande von Priština kennengelernt, bei der vier serbische Kriminelle verhaftet worden waren. Thor hatte die Razzia geleitet, bei der sie ohne größere Zwischenfälle vier Orte gestürmt hatten, um die Gesuchten dort aufzugreifen. Als er anschließend entdeckte, auf welchen Unmengen von Waffen und Munition die vier gesessen hatten, war er schockiert. Für Asbjørn hingegen war es bereits die zweite Mission, und er wusste zu berichten, dass das keinesfalls ungewöhnlich war. Hier trugen alle Waffen, und die Serben waren seiner Meinung nach ziemlich durchtrieben.
»Schieß los! Was hast du für mich rausgefunden?«
»Keine besonders schönen Sachen. Aber alle Anklagen wurden wegen der dünnen Beweislage fallengelassen. Das heißt, niemand wurde für etwas verurteilt.«
»Aber du meinst schon, dass an den Anklagen etwas dran sein könnte, auch wenn sie nie vor einen Richter kamen?«
Asbjørn nickte und reichte ihm einen Umschlag, der Auszüge aus der alten Ermittlungsakte enthielt.
»Und Neergaard war involviert?«
»Er war zwar nicht der verhörende
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