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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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einen Knopf und goss den Saft aus dem Auffangbecher in zwei langstielige Gläser, die sie Linnea reichte. Linnea, die erschöpft war von ihrer langen Schicht, lächelte Lex müde an und nahm die Gläser entgegen. Sie tauschten ein wissendes Lächeln aus, denn sie waren sich beide bewusst, dass dieser Willkommensdrink keinesfalls zufällig gewählt war, sondern einen Gruß aus alten Zeiten darstellte. Eine Reminiszenz an jenen Sommer, in dem Linnea und Lex nur Champagnercocktails tranken, ganz gleich, wie schmuddelig die Kneipen waren, in denen sie manchmal gelandet waren. Wenn man es nicht besser wusste, hätte man meinen können, der Tod ihres Mannes habe Lex kaum getroffen. Aber Linnea kannte sie gut genug, um hinter die Fassade zu blicken und bis zu ihrer Trauer vorzudringen. Sie war gerade erst Witwe geworden, und vermutlich war ihr Zustand eine Mischung aus einem schweren Schock und der Unmöglichkeit, das Geschehene zu begreifen.
    »Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Sieh dich doch ein bisschen um. Ich erledige noch schnell die letzten Kleinigkeiten. Erst sollten wir was essen, und dann können wir reden.«
    Damit schob Lex Linnea aus der Küche und kümmerte sich weiter um das Essen.
    Linnea nippte an ihrem Drink und sah sich in den beiden Zimmern um, die zum Garten hinausgingen. In einem war an einem runden Arne-Jacobsen-Tisch für das gemeinsame Essen gedeckt. Sie war mit dem Taxi direkt von der Arbeit zu Lex nach Virum gekommen. Anfangs war sie enttäuscht gewesen, als der Fahrer in eine langweilige Straße im typischen Vorortstil mit Wohnblöcken direkt neben der S-Bahn einbog. Wie sich dann herausstellte, lagen diese jedoch neben immer größer werdenden teuren Einfamilienhäusern. Und schließlich entdeckte sie, dass der Weg nicht zufällig Skovridergårdsvej, also Förstereiweg, hieß. Vom Wohnzimmer des eingeschossigen Hauses aus konnte man tatsächlich den nahe gelegenen Geelwald sehen.
    Lex lebte ausgesprochen gut, so war es bei ihr und ihrer Familie immer gewesen. Linnea hatte ihr angesehen, dass sie fast den ganzen Tag geweint hatte, trotz des frischen und perfekten Make-ups. Und alles nur, um ihrer Rolle als lächelnde Gastgeberin gerecht zu werden, selbst in einer solch schwierigen Situation.
    *
    An diesem Abend sah das Kastellet mit seinen roten Gebäuden zwischen den Wallgräben und den vielen Touristen in den engen Gassen wie ein kleines Freilandmuseum aus. Die gesamte alte Festungsanlage gehörte noch immer den dänischen Streitkräften und beherbergte unter anderem den Militärischen Nachrichtendienst und das Militärgericht.
    Thor durchquerte gerade den kleinen Park bei der Sankt Albans Kirche und dem Freiheitsmuseum. Er war etwas zu früh und nutzte die Zeit für ein weiteres Telefonat.
    »Können Sie die Anfrage denn nicht sofort ans FBI weiterleiten?«, fragte er, nachdem man ihn durchgestellt hatte.
    »Wollen Sie die Sache etwa so aufblasen? Normalerweise warten wir immer auf Inter- und Europol, und außerdem arbeitet sonntags niemand.«
    »Sie wissen doch selbst, wie wahnsinnig langsam die sind. Ich zweifle ja auch daran, dass etwas dabei herauskommt, aber ich will nichts unversucht lassen. Bei diesen Ermittlungen sind wir mit Spuren nicht gerade reich gesegnet.«
    »Dinesen, Sie waren schon immer ein ungeduldiger Geist. Und noch dazu haben Sie das einzigartige Talent, die Zeit anderer Leute zu stehlen!«
    Thor bedankte und verabschiedete sich. Er hatte soeben mit seiner Kontaktperson vom Center für nationale Ermittlungen gesprochen. Das NEC hatte ein Büro im Politigården und war beispielsweise für die Kommunikation mit den ausländischen Verbindungsoffizieren vom FBI zuständig. Thor hatte jedoch auf der privaten Leitung angerufen, um den Prozess zu beschleunigen. Das Institut für Rechtsgenetik hatte seine Untersuchungen inzwischen in Rekordzeit abgeschlossen und die DNA-Proben analysiert, die in der Nacht am Tatort gesammelt worden waren. Nachdem man das genetische Material des Toten und einige andere irrelevante Spuren isoliert hatte, musste eines der DNA-Profile mit ziemlicher Sicherheit dem Mörder gehören. Die DNA ergab keinen Treffer in den Polizeiregistern. Deshalb hatte Thor die Daten an so viele internationale Kooperationspartner wie möglich schicken lassen. Also musste er jedem einzelnen Beteiligten Dampf unter dem Hintern machen, damit seine Anfragen nicht auf irgendeinem Schreibtisch liegen blieben, bis die Ferienzeit vorbei war. Außerdem hatte er Daniel Kraus und

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