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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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Offizier, aber die Sache ist passiert, als er im Camp Dannevang war. In den meisten Fällen war er der Zweitkommandierende. Er kam also in der militärischen Rangfolge direkt nach Hauptmann Overbye.«
    Asbjørn zögerte einen Augenblick, ehe er fortfuhr.
    »Es ist immer leicht, ›Folter‹ zu rufen und aufzuschreien und sich darüber einig zu sein, dass das etwas Schreckliches ist und man es nie so weit kommen lassen darf. Die Dinge stellen sich jedoch als viel komplexer dar, wenn man selbst in eine solche Situation gerät. Denk daran, dass die Bush-Regierung die ›ausgeweiteten Verhörmethoden‹ im Irak sogar offiziell sanktioniert hatte.«
    »Meinst du damit Abu-Ghureib?«
    Thor hatte sich einen Scherz erlauben wollen, doch der andere schüttelte nur irritiert den Kopf.
    »Neergaard und die Einheit, der er angehörte, waren dafür zuständig, die Iraker zu verhören und Nachforschungen anzustellen. Welche Dörfer in der Gegend ihnen gegenüber feindlich eingestellt waren und so weiter. Sie verhörten auch Iraker, die sie gefangen genommen hatten. Meistens fand die Befragung in einem Gefängnishof im Freien statt, mit Sandboden und Steinwänden. Oder in irgendeiner Baracke. Man muss sich das ziemlich primitiv vorstellen. Sie arbeiteten unter viel zu hohem Zeitdruck. Sie hatten nur zwölf Stunden Zeit, um zu entscheiden, ob sie eine Person freiließen, die im Prinzip sofort nach draußen gehen und eine Bombe am Straßenrand zünden und weitere Kameraden in den Tod reißen konnte. Oder ob das Verhör eine ausreichende Grundlage bot, um sie weiter festzuhalten oder sie in ein britisches Gefangenenlager zu überstellen. In manchen Fällen sogar in irakische Gefängnisse, bei denen niemand sagen konnte, welcher Behandlung sie dort ausgesetzt waren.«
    »Soll das heißen, dass sie die Leute tatsächlich gefoltert haben?«
    »So lautet zumindest die Anklage.«
    Asbjørn stand auf und entschuldigte sich damit, dass seine Familie wartete. Thor dankte ihm vielmals und lächelte über seinen Freund, der seiner Meinung nach durch seine Arbeit Tür an Tür mit dem Nachrichtendienst von einer krankhaften Paranoia angesteckt worden war.
    Er öffnete den Umschlag und zog die Papiere heraus. Es waren Auszüge aus dem Entwurf zu der Anklageschrift, die man damals ausgearbeitet hatte. Man hatte sie aber nie verwendet, weil der höchste Militärrichter offenbar entschieden hatte, dass die Vorwürfe vor einem Gericht keinen Bestand haben würden, oder möglicherweise auch, weil die Sache eine politische Brisanz entwickelt hatte. Besonders nach dem Fall Hommel, bei dem eine dänische Nachrichtenoffizierin wegen unmenschlicher Verhörmethoden verurteilt wurde. Er hatte den Verdacht, dass das Militär immer noch zwischen der neuen Linie, alle Grenzüberschreitungen hart zu bestrafen, und dem Wunsch, alles so schnell wie möglich zu vertuschten, schwankte. Er blätterte wahllos in den Unterlagen und entdeckte recht schnell, dass einige der Aussagen von genau den Leuten abgegeben worden waren, mit denen sie heute gesprochen hatten, also den Kameraden, die mit Neergaard zusammen im Irak gewesen waren. Einer von ihnen war der frühere Hauptmann Overbye, den Asbjørn ebenfalls erwähnt hatte. Aber die Angaben, die dieser während der damaligen Untersuchung gemacht hatte, stimmten nicht ganz überein mit dem, was er heute erzählt hatte.
    Plötzlich verspürte Thor ein Kribbeln, ein Gefühl, dass er etwas auf der Spur war.
    »Welches willst du?«
    Thor sah zu Maja auf, die mit einem Eis in jeder Hand vor ihm stand. Das eine war mit einem Schaumkuss und Marmelade dekoriert. An dem anderen hatte Maja der roten Spur auf ihrer Nase nach bereits geleckt.
    »Ich nehme das da«, entschied er und zeigte auf das mit dem Schaumkuss.
    »Ich will die kleine Meerjungfrau sehen!«
    Thor versuchte gar nicht erst, ihr zu erklären, dass die Meerjungfrau zurzeit einen Ausflug nach China machte, um auf der Expo den dänischen Pavillon zu schmücken, und dass auf dem Stein im Wasser nun an ihrer Stelle das Werk eines chinesischen Künstlers zu bewundern war. Stattdessen faltete er die Papiere zusammen, steckte sie in die Innentasche seiner Jacke, stand auf und nahm Majas ziemlich klebrige Hand. Sie gingen in Richtung Langelinie. Ihm fiel auf, dass die Refshaleinsel direkt gegenüberlag, auf der anderen Seite des Hafens.
    *
    Während des Essens unternahm Linnea mehrere Versuche, das Gespräch auf Jonas’ Tod zu lenken, aber es war nicht leicht, darüber zu

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