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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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Kriterium des Mörders für die Wahl des Tatorts gewesen, auch was die Bootswerft betraf. Es war ein kleines Unternehmen, das am Wochenende garantiert verlassen lag und wo auch nicht unbedingt an jedem Werktag gearbeitet wurde.
    Die Schlüssel passten auch für die Werkstatt im Anbau, und Thor inspizierte sie. Sein Puls raste nach dem plötzlichen Überfall noch immer. Außerdem musste er ständig an Linnea denken, und das erleichterte ihm die Konzentration auch nicht gerade. Er hätte gedacht, dass er diesen Teil seiner Gefühle längst abgeschaltet hatte, aber offenbar bedurfte es nicht viel, um sie wieder zu aktivieren.
    Er riss sich zusammen und begann sich umzusehen. Bei Tageslicht wirkte der Ort weniger befremdlich als in der letzten Nacht. Nun begann er zu ahnen, dass es sich offenbar um das Atelier eines Künstlers handelte. Große Deckenlampen versorgten den Raum mit Licht, und es gab kleine Arbeitsstationen, an denen man Dinge aus Ton modellieren oder Feinkeramik bearbeiten konnte. In den Regalen ringsherum lagen Dinge, die aussahen wie Tintenfischarme und Gipsabdrücke von Tieren, und mitten im Raum stand ein halber mehrere Meter langer Pterodaktylus. Er durchquerte eine improvisierte Küche am Ende des Raums, in der ein halbleeres Glas Kohlwürste und ein paar Dosen Bier standen, die vor sich hin gärten. Dann fiel ihm auf, dass es noch eine weitere Tür gab, zu der die Schlüssel passten und die aufs Dach hinaufführte. Er überlegte eine Sekunde, ob es die Mühe wert war, lief dann aber doch die wenigen Stufen nach oben. Das Dach war flach, und man konnte von dort aus die Kläranlage und die alten Werftgebäude überblicken. Sogar die Türme der Stadt konnte er auf der anderen Seite des Hafeneinlaufs pittoresk in den vor Hitze diesigen Himmel ragen sehen. Thor konnte aber keine Anzeichen dafür erkennen, dass jemand das Dach für seine Mittagspause oder als schöne Aussicht nutzte. Vielleicht hatte man einfach keinen Sinn mehr für das Schöne, wenn man sich in diesem entlegenen Winkel der Stadt aufhielt.
    Nachdem er das Dach besichtigt hatte, rief er einen Bekannten an, der beim Militärgericht der dänischen Streitkräfte arbeitete. Er überzeugte den Mann am anderen Ende der Leitung davon, dass zwar Sonntag sei, er ihm allerdings einen großen Gefallen schulde, den einzulösen er hier und jetzt verpflichtet sei. Thor klappte zufrieden das Handy wieder zu und steuerte erneut die Treppe an. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ging er jedoch erst bis zur Kante und blickte von dort auf das Toilettengebäude gegenüber. Von hier hatte man tatsächlich einen ungehinderten Blick auf die gesamte Umgebung.
    Er ging in die Hocke und schaute über den kleinen Mauervorsprung, der rings um das Dach verlief. Hier konnte man sich im Liegen perfekt verstecken, wollte man jemanden irgendwo auf dem Gelände beobachten, ohne gesehen zu werden. Hastig stand er wieder auf. An den Ecken des Dachs hatte sich Schmutz angesammelt, der vom Regen dorthin gespült worden war. Er blieb als dünne Schicht aus Staub und Erde liegen, von der er soeben einen Teil abgetragen hatte. Und einen Meter rechts von ihm war dasselbe der Fall. Als ob dort erst kürzlich jemand gelegen hatte.
    Er beeilte sich, die Stelle zu markieren, an der er selbst Spuren hinterlassen hatte, und ging dann denselben Weg zur Treppe zurück, den er gekommen war. Die Frage war, ob die Spuren auf dem Dach noch immer sichtbar waren, weil sie keine Bedeutung hatten. Oder ob jemand versäumt hatte, sie zu beseitigen, nachdem er hier auf der Lauer gelegen hatte. Zum Beispiel der Mörder, der es nach dem Kampf, der sich offenbar in dem Toilettengebäude abgespielt hatte, nicht mehr geschafft hatte, zurückzukehren und sie zu verwischen. Aber wer hatte in diesem Fall überlebt – das ursprünglich vorgesehene Opfer oder der Täter?
    Thor rief die Spurensicherung an.
    »Wir brauchen eine gründlichere Untersuchung. Ich möchte, dass alle Gebäude am Tatort durchkämmt werden. Auch die umliegenden. Ich warte hier auf Sie.«
    Dann stieg er die Treppe hinunter und steuerte auf die Lagergebäude zu, von denen der Mann im Overall gesprochen hatte.
    34
     
    W ie wäre es mit einem Bellini?«
    Linnea war kaum zur Tür hereingekommen, als Lex sie auch schon in die Küche führte.
    »Oder ist das pietätlos? Ehrlich gesagt, könnte ich gut einen Drink vertragen. Und ich freue mich so schrecklich, dass du da bist!«
    Lex schob die Pfirsiche in den Entsafter, drückte auf

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