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Verleumdung

Verleumdung

Titel: Verleumdung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Boedker
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unter dem Keller des Panum Instituts, und Linnea war sich schmerzlich bewusst, dass draußen die Sonne schien und eher zu Eis und leichten Sommerkleidern einlud als zur Registrierung spätmittelalterlicher Schädel. Sie wollte gerade von ihrem Arbeitstisch aufstehen, warf aber zuerst einen Blick auf ihren Blackberry. In Gedanken war sie schon dabei, eine SMS an Lex zu formulieren, um zu hören, ob sie sich nicht heute Abend nach ihrer Schicht sehen wollten. Sie musste ihr ja berichten, was sie über Jonas herausgefunden hatte. Außerdem wären ein wenig Trost und Gespräche vielleicht genau das, was die Freundin jetzt brauchte.
    Sie schickte die Nachricht und checkte dann ihre Mails. Die älteste stammte von Anne-Grethe Topsøe vom Auktionshaus Ellemose. Zuerst verstand Linnea nicht, worum es eigentlich ging. Dann fiel ihr ein, dass sie am Dienstag auf gut Glück ein Foto von der Tontafel an sie geschickt hatte, in der Hoffnung auf einen Experten, der ihnen mit Details behilflich sein konnte. Darüber hinaus hatte sie es bei einem weiteren Auktionshaus, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Nationalmuseum und einem freien Dozenten der Kopenhagener Uni verursacht. In Anbetracht der Ferienzeit war es kein Wunder, dass nur einer geantwortet hatte.
    Hastig überflog sie die Mail. Anne-Grethe Topsøe erklärte kurz, der Gegenstand sei eine Tontafel mit Keilschrift, vermutlich aus der dritten Dynastie von Ur, also etwa aus dem Jahr 1900 vor unserer Zeitrechnung. Es sei schwer, die Inschrift nur anhand des Fotos zu deuten, aber das Siegel auf der einen Seite stamme aus einem Tempel in Umma im Süden des heutigen Irak. Der Text auf der anderen Seite gebe vermutlich an, dass es sich um eine Quittung für eine Lieferung von Rohr für Schreibwerkzeuge handele. Nichts Aufsehenerregendes, also eine jener Tontafeln, die man zu Tausenden in den Ruinen alter babylonischer Städte gefunden habe. Für ein Museum keine Seltenheit, und einem privaten Sammler wäre sie vermutlich zwei- bis dreitausend Kronen wert. Und Linnea sei jedenfalls herzlich eingeladen, mit der Tontafel in ihrem Auktionshaus vorbeizukommen.
    Linneas erster Gedanke war, die Mail sofort in den Papierkorb zu verschieben. Sie war neugierig gewesen, weil die Tafel etwas mit dem toten Iraker zu tun hatte, und sie hatte ein gewisses Rachebedürfnis gegenüber Bodilsen verspürt. Doch inzwischen kam ihr die ganze Angelegenheit nicht mehr besonders relevant vor, besonders vor dem Hintergrund, dass Lex’ Mann ermordet worden war. Schließlich legte sie die Mail in einem Ordner ab. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie mit dieser Sache noch nicht abgeschlossen hatte.
    *
    Der Mann in dem ölverschmierten Overall fluchte, machte aber keine weiteren Anstalten, sich aus Thors Griff zu befreien.
    »Was zum Teufel haben Sie hier zu suchen?«
    »Nichts.«
    »Sie sind also ganz zufällig mit einem Schlüsselbund vorbeigekommen und haben sich durch die Polizeiabsperrung geschlichen? Entweder Sie erzählen mir jetzt sofort alles, oder wir fahren zusammen zum Politigården. Dann können wir mit dem Staatsanwalt darüber reden, welche Strafen auf Gewalt gegen Polizisten im Dienst stehen.«
    Thor trat ein Stück von dem Mann zurück, der aufstand und versuchte, so zu tun, als sei gar nichts passiert. Er streckte die Hand nach seinen Schlüsseln aus, doch Thor schüttelte den Kopf. Dann erzählte der Mann ehrlich, dass er es sich zur Gewohnheit gemacht habe, die Bootswerft zu beaufsichtigen, da in der Gegend neuerdings zu den merkwürdigsten Zeitpunkten zwielichtige Aktivitäten stattfänden.
    »Meistens am frühen Abend. Vielleicht auch später.«
    »Jemand, der einzubrechen versucht hat?«
    »Noch nicht. Sie waren immer drüben bei den Lagerräumen auf der anderen Seite. Aber man weiß ja nie. Ich wollte nur sichergehen.«
    »Das ist aber verdammt nett von Ihnen. Und jetzt hauen Sie ab, ehe ich es noch bereue. Die Schlüssel lege ich draußen hin, wenn ich hier fertig bin.«
    Der Mann starrte Thor wütend an und machte sich dann aus dem Staub, nachdem er versichert hatte, er könne nichts über die Zeit von Freitagabend und später sagen, in der Neergaard getötet worden war.
    Er blickte auf die Schlüssel und entschied, dass er sich nun, wo er schon mal hier war, auch gleich genauer umschauen konnte. Er war ziemlich überzeugt, dass man den Ort nur aufgrund seiner einsamen Lage gewählt hatte. Wer eine öde Gegend suchte, war hier genau richtig. Vermutlich war dies das einzige

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