Verleumdung
Auktionshaus Ellemose, das Stück sei Teil einer größeren Sammlung, die sie zu verkaufen überlege. Sie nahm die Tontafel in die Hand, betrachtete sie interessiert und sagte dann, dass sie froh sei, sie in der Realität zu sehen. Denn nun könne sie auf jeden Fall bestätigen, dass das Stück echt sei.
»Ich bin mir nur nicht ganz sicher, wo die Tafel genau herstammt«, sagte Linnea versuchsweise.
»Solange die Dinge nicht gestohlen oder illegal aus dem Irak ausgeführt wurden, spricht jedenfalls nichts gegen einen Verkauf.«
»Aber genau das weiß ich ja gerade nicht.«
Anne-Grethe Topsøe lächelte beruhigend.
»Das muss nicht unbedingt ein Problem darstellen. Es gibt viele Dinge, die nicht genau dokumentiert werden können, aber deshalb kann man die Leute nicht ohne weiteres kriminalisieren. Man kann den Dingen ja nicht ansehen, ob sie frisch ausgegraben wurden oder nicht.«
»Ist es denn nicht illegal, damit zu handeln?«
»Wie gesagt, es ist eine Grauzone. Selbstverständlich würden wir nichts Illegales tun. Genau wie die meisten anderen Länder hat auch Dänemark eine UN-Konvention gegen den illegalen Handel mit Kulturerbe unterzeichnet. Das bedeutet, dass man einen Kunsthändler oder ein Auktionshaus wegen Hehlerei anzeigen kann, wenn sie etwas Gestohlenes verkaufen. Aber die Beweislast dafür liegt bei dem Land, aus dem die Dinge gestohlen und illegal ausgeführt wurden. Und darüber hinaus muss die dänische Polizei einem beweisen, dass man sich die Dinge im bösen Glauben angeschafft hat. So etwas lässt sich selten zweifelsfrei feststellen.«
Sie zeigte auf einen Empiretisch, der in einer Ecke des Zimmers stand.
»Nehmen Sie nur mal die chinesischen Keramikfiguren, die dort drüben auf dem Tisch stehen. Wir haben sie gerade neu hereinbekommen. Damit ließen sich berühmte Menschen ungefähr achthundert Jahre vor Christus beerdigen, um im Totenreich Soldaten und Bedienstete dabeizuhaben. Meistens werden sie in China illegal ausgegraben und dürfen von dort auch nicht ausgeführt werden. Anschließend werden sie aber nach Russland oder Hongkong geschmuggelt, wo man sie ganz legal erwerben und mit nach Dänemark nehmen kann. Natürlich ist das illegal, weil man sie nicht gerade im guten Glauben kauft. Aber darüber können wir im Prinzip nichts sagen, wenn ein Kunde zu uns kommt und so etwas verkaufen möchte. Wir können uns eigentlich nichts anderes erlauben, als dem Kunden zu glauben, der behauptet, es sei ein Erbstück, das schon seit Generationen im Besitz der Familie ist.«
Sie schob die Tontafel wieder zurück zu Linnea und lächelte professionell.
»Sie sind herzlich willkommen, mit der ganzen Sammlung bei uns vorbeizuschauen, oder wir können einen Gutachter zu Ihnen schicken. Wenn Sie interessante Dinge anzubieten haben, spricht unsererseits nichts dagegen, sie zu verkaufen.«
*
»Wie Sie sehen können, mangelt es uns nicht an Sicherheitsleuten.«
Der Schwarze, dessen Händedruck sanft war und zugleich Stärke vermittelte, hatte sich als Lenny Strange vorgestellt, seines Zeichens Special Agent of the Diplomatic Security Service. Er hielt den Blickkontakt etwas länger, als Thor es normalerweise bevorzugt hätte, während er auf eine Treppe zeigte. Sie mussten an einem weiteren Wachmann vorbei, obwohl Thor bereits zweimal durchsucht worden war, seit er das Gittertor der amerikanischen Botschaft in der Dag Hammerskjölds Allé passiert hatte. Er war noch nie zuvor in dem Gebäude gewesen und gehörte zu den wenigen Beamten bei der Kopenhagener Polizei, die nicht einmal im Laufe ihrer Karriere dorthin abkommandiert wurden, um die Botschaft gegen die vielen Demonstrationen zu schützen, die immer wieder im Diplomatenviertel in Østerbro stattfanden.
Sein NEC-Kontakt am Politigården hatte überraschend schnell ein Treffen arrangiert. Oder besser gesagt, er hatte Thor angerufen und ihm mitgeteilt, dass man seitens der Botschaft ein Treffen wünsche. Dankbar hatte Thor die Gelegenheit wahrgenommen, vom Politigården wegzukommen, wo sie Uffe Overbye ohnehin bald würden gehen lassen müssen. Overbye hätte garantiert Klarheit in die Sache bringen können. Aber er wollte mit nichts herausrücken. Ob er eigentlich selbst involviert war, konnte man schwer sagen. Um das zu erfahren, würden sie ihn wohl mehr unter Druck setzen müssen.
»Ich nehme an, Sie wissen, warum ich Sie hergebeten habe?«
»Vermutlich wegen der DNA-Probe, nach der das FBI gestern auf unseren Wunsch hin seine Register
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