Verlieb dich nie in einen Vargas
flatterte. Völlig egal, dass im Garten ein Steinengel stand, dessen ausgestreckte Hände voller Vogelfutter für die Elstern waren. Und wenn schon.
Böse!
Ich hatte nicht vor, mir die Gelegenheit entgehen zu lassen.
Ich schoss verstohlen ein paar Bilder und speicherte sie als mögliche Beweise auf meinem Handy.
Abgesehen davon, dass sie ein Messer in mein Fleisch bohrten und mich zwangen, einen Schwur zu unterzeichnen, der eine ganze Familie verunglimpfte, hatten meine Schwestern mich nicht in die gefährlichen Einzelheiten des Vargasjunge-Daseins eingeweiht. Johnny und Miguel wohnten nicht mehr zu Hause, aber vielleicht hatten sie Überbleibsel zurückgelassen, irgendeinen Hinweis darauf, dass Mari recht hatte – dass Emilio Vargas, der jüngste der notorischen Unholde, das personifizierte Böse auf zwei Beinen war.
Ich verstaute mein Handy wieder und klingelte, und Beelzebub öffnete mir die Tür in einer hellgrünen Schürze, auf der ein riesiges Gänseblümchen prangte.
»Ist das …« Ich musterte sein Gesicht mit zusammengekniffenen Augen. »Wie ist der Plätzchenteig in deiner Augenbraue gelandet?«
Emilio fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Eine viel bessere Frage ist: Warum stehst du nicht längst am Herd, Heimchen? Du bist schließlich ein Mädchen. Und daher prädestiniert … autsch!« Emilio duckte sich von der schwarzhaarigen Frau weg, die ihm einen Schlag mit dem Handrücken verpasst hatte.
»Hüte deine Zunge, mijo «, sagte sie. »So reden wir nicht mit unseren Gästen.«
»War nur ein Witz, Ma. Entspann dich.« Emilio küsste sie auf die Wange, und sie lächelte, dann gab sie ihm mit dem Handtuch einen Klaps auf den Hintern und scheuchte ihn zurück in die Küche.
»Beachte ihn gar nicht.« Sie hielt die Tür auf und führte mich ins Haus. »Ich bin Susana. Du musst Jude sein.«
Susana wartete nicht auf eine Antwort, sie umarmte mich einfach. Sie küsste mich rechts und links auf die Wange, dann hielt sie mich etwas auf Abstand und musterte mich von oben bis unten, die Hände fest auf meine Schultern gelegt. »Ay, corazón de melón , du bist deinen Schwestern so ähnlich. So wunderschön, diese Familie!«
Susana musste gerade reden, sie war atemberaubend. Das war das einzige Wort dafür. Schimmernde schwarze Haare, die im Nacken zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, sonnengebräunte Haut, strahlende Augen, wie die ihres Sohnes. Sie brauchte kein Make-up.
Böse!
»Komm. Jetzt, da ich nicht mehr in der Unterzahl bin, werden wir den Jungs schon zeigen, wo’s langgeht.« Sie zwinkerte mir zu, nahm meine Hand und führte mich in die Küche, und obwohl mein Gesicht vor Verlegenheit glühte, fühlte es sich wie das Natürlichste der Welt an, ihre Hand zu halten.
»Arbeitsteilung«, verkündete ich Emilio. »Deine Mom und ich rühren den Teig an, du übernimmst das Backen und Abkühlen. Samuel kann sie dann in die Schachteln packen.«
Susana und ich bemühten uns schon seit zwanzig Minuten, für Ordnung zu sorgen, aber bislang trug Emilio einen Großteil des Teigs am Körper oder vernaschte ihn, anstatt ihn zu verbacken, und Samuel spielte irgendein Zombiespiel auf seinem Handy.
»Oh, das Mädchen gefällt mir, Emilio.« Susana lachte, als sie mir half, die Küche entsprechend dem neuen Plan einzurichten. »Sie ist klug. Sie weiß, dass du Disziplin brauchst.«
Emilio ließ sich auf einen Stuhl am Küchentisch neben Samuel fallen. Über ihnen aufragende Stapel weißer Gebäckschachteln ließen beide wie Zwerge erscheinen. »Wenn man bedenkt, dass ihr zwei die ganze Arbeit macht und wir schön hier drüben sitzen, wer ist da klüger?«
Samuel und er klatschten sich ab, aber bevor sie mit Kichern fertig waren, hatte Susana sich schon drohend vor ihnen aufgebaut. »Zurück an die Arbeit, charlatánitos. Ahora !« Sie reckte den hölzernen Kochlöffel drohend in die Höhe, und die zwei kleinen Clowns beeilten sich, ihre Posten einzunehmen.
»Vertrau mir«, sagte Samuel, als wir schließlich an unseren Stationen standen. »Du musst geraspelte Schokolade nehmen. Das ist das ganze Geheimnis.«
»Geraspelte Schokolade?«, sagte Susana. »Der da glaubt wohl, er gehört zu den oberen Zehntausend!«
Ich lachte und goss eine Tüte Schokoladentröpfchen in die Schüssel. »Als ob wir einem Kerl vertrauen würden, der eine rosa Küss-den-Koch-Schürze trägt.«
»Solang sie mir zu etwas Zucker verhilft, trage ich sie.« Samuel zupfte an den Rüschen, die über seine Brust liefen. »Nur
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