Verlieb dich nie nach Mitternacht
abzubrechen, um zu helfen. Immer deutlicher gewann Friedrich im Kampf die Oberhand. Der Teufel persönlich schien ihm seine Kraft zu leihen.
Doch während sie mit Entsetzen das schreckliche Schauspiel beobachtete, erfasste ein Sog ihren Körper. Sie konnte sich nicht dagegen wehren, mitgerissen und hineingezogen zu werden. In einen Strudel, der sie schwindelig machte. Durch einen Tunnel, von dessen Wände grelle Blitze auf sie herabfuhren.
Das Letzte, was Maribel wahrnahm, war eine helle Öffnung, der sie entgegentrieb.
Sie verlor das Bewusstsein.
XXXII
»Da ist sie ja wieder.«
Maribel stöhnte unwillig auf, als ihr eine kräftige Männerhand auf die Wange klatschte. Die Augen noch immer geschlossen, schob sie die Hand ungehalten beiseite. Ganz allmählich dämmerte es ihr, wo sie sich befand. Als die Erkenntnis in ihrem Bewusstsein verankert war, schnellte sie in die Höhe, als habe jemand sie mit einer Nadel gestochen.
»Aua!«
Vor ihr kniete ein Mann, den Maribel noch nie gesehen hatte. Grummelnd rieb er sich das Kinn an der Stelle, wo Maribel ihn getroffen hatte. Der Mann trug einen blauen Overall und ein Käppi. Auf beidem stand in roter Schrift: Meyers Heiztechnik. Über seine breiten Schultern hinweg sah Maribel eine Frau, die ihr vage bekannt vorkam. Neben ihr drängelten sich weitere Menschen.
Es roch penetrant nach Öl. Maribel brummte der Kopf.
»Andrej.«
»Kenn ich nicht, Mädchen«, sagte der Mann im blauen Overall. Behutsam half er ihr auf die Beine. Maribel musste sich an ihm festhalten, so schwankte der Boden unter ihren Füßen.
»Haben Sie mich gerufen?«, fragte er.
Vor ihren Augen verschwammen die Umrisse seines Gesichts.
Wo war Andrej?
Und Friedrich?
Mit den Augen suchte sie in den Gesichtern der vielen Menschen um sie herum nach einer Antwort. Besorgte Mienen blickten ihr entgegen.
»Das arme Ding ist völlig benommen.«
Erinnerungsfetzen stiegen an die Oberfläche.
Ihr Umzug.
Die neue Arbeit. Hausmeisterin.
Weihnachten. Kalt. Heizung. Keller.
»Was für ein Tag ist heute?«
»Heiligabend, Mädchen. Die Familie wartet mit der Gans. Können wir jetzt zur Sache kommen?« Erschrocken zuckte er zusammen, als Maribel ihn strahlend mit beiden Händen am Revers seines Overalls packte.
»Sie verstehen nicht, gnädiger Herr, ich bin zurück, zurück, zurück. Ich hab’s geschafft. Ich bin wieder ich. Ich …«
»Ist ja schon gut, Mädchen.« Behutsam löste der Mann ihre Finger aus seinem Kragen.
»Ich freu mich ja, dass es dir wieder besser geht. Aber du musst mich auch verstehen. Es ist Weihnachten. Ich habe Hunger. Lass mich endlich meine Arbeit machen.«
Maribel strahlte über das ganze Gesicht. »Ja! Natürlich. Reparieren Sie!« Mit einer großzügigen Geste zeigte sie auf die Anlage. »Alles!«
»Ob sie Drogen nimmt?«, hörte sie hinter sich eine Frau flüstern. Maribel schnellte zu ihr herum.
»Freuen Sie sich etwa nicht? Es ist Weihnachten. Wir sind zu Hause. Ist das kein Grund, sich zu freuen?«
»Doch, doch.«
Maribel umarmte die verwirrte Frau herzlich. Ihr war nach Jauchzen und Springen zumute, nach Fanfaren und Posaunen.
»Mensch, Leute. Lasst uns ein Weihnachtslied zusammen anstimmen. O du Fröhliche! Auf mein Zeichen geht’s los!« In Dirigentenmanier baute Maribel sich vor den Hausbewohnern auf.
»O du Fröhliche!« Niemals zuvor hatte sie das Weihnachtslied mit solcher Inbrunst geschmettert. Es dauerte eine Weile, bis sie bemerkte, dass niemand einstimmte. Stattdessen verließ einer nach dem anderen kopfschüttelnd den Keller. Der Heizungsmonteur brummte halbherzig den Text mit, hörte aber auf, als er merkte, dass nur noch er und Maribel sich im Raum befanden.
»Pass mal auf, Mädchen«, brummte er. »Ich komme hier unten schon alleine klar. Hau dich aufs Ohr.« Als er merkte, dass sie zögerte, sah er sich mit einem Seufzer zu ihr um.
»Bist alleine Weihnachten, stimmt’s?« Er sah, wie sie eine Haarsträhne zwirbelte und sich in den Mund schob.
»Mädchen, wenn’s nach mir ginge, würde ich dich ja mit zu mir nach Hause nehmen. Ganz harmlos. Nur zum Essen.« Ihr Schniefen schnitt ihm ins Herz.
»Aber meine Frau findet das bestimmt nicht so lustig, verstehst du?«
»Geht schon in Ordnung.« Maribels Euphorie schlug in abgrundtiefe Niedergeschlagenheit um.
»Alles klar. Ich bin in Ordnung. Kein Problem.« Maribel nickte ihm betont lässig zu und ging rückwärts zur Tür.
»Hoffentlich finden Sie den Fehler.«
»Bin doch Profi«, grinste
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