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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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stapelten.
    »Wenn Sie mir erlauben, die Unterlagen, die ich brauche, selbst herauszusuchen, dann helfe ich Ihnen, alle Akten, die dort auf dem Boden liegen, zu archivieren.«
    »Auch nicht schlecht.«
    Maribel versuchte, sich ihren Triumph nicht zu deutlich anmerken zu lassen, als sie dem Mann in einen Nebenraum folgte.
    Ihre gute Laune schwand, als sie die Meter Regale sah, die sie durcharbeiten sollte.

XXXIII
    Am frühen Nachmittag verließ Maribel mit einem Stapel Bücher auf dem Arm das städtische Archiv. Nachdem sie ihr Versprechen, ihn ohne Bezahlung in seiner Arbeit zu unterstützen, bekräftigt hatte, zeigte sich der Archivar außerordentlich großzügig.
    »Eigentlich darf ich das nicht, dich hier beschäftigen, ohne Personalabteilung und so. Aber die lassen mich seit Jahren allein, obwohl die Arbeit nicht zu schaffen ist. Geld gibt’s auch weniger. Wenn die mich verscheißern, verscheißere ich die eben auch.« Er griente Maribel breit an. Maribel griente zurück.
    »In schlechten Zeiten muss man sich eben selber helfen. Und eine Hand wäscht die andere.«
    »Wieso?« Sein Misstrauen war ihm ins Gesicht geschrieben.
    »Mir tränen vor lauter Staub die Augen. Ich möchte ein paar der Akten mit nach Hause nehmen.« Sie sah, wie er den Mund öffnete, um zu protestieren.
    »Ich weiß, dass es nicht erlaubt ist. Aber was ist dieser kleine Gefallen gegen die Belobigung, die du bekommst, wenn du die Akten alle fertig eingescannt hast?« Fast wäre der Archivar auf seinem Stuhl vor Lachen nach hinten gekippt.
    »Wovon träumst du sonst noch? Bei uns wird nicht gelobt. Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz.« Dankbar nahm er das Papiertaschentuch, das Maribel ihm reichte, um sich die Lachtränen abzutupfen.
    »Also gut, nimm sie mit. Immer nur so viel, dass es nicht auffällt. Morgen bringst du sie zurück.«
    »Abgemacht.«
    Eigentlich war er ein richtig netter Kerl, befand Maribel, als er ihr zum Abschied die Tür aufhielt.
    *
    Es war ein spontaner Entschluss gewesen, die Akten mit in ihre Wohnung zu nehmen, um sie dort in Ruhe zu lesen. Maribel bereute ihn bald. Da sie kein Auto hatte, musste sie die Unterlagen nun durch die halbe Stadt schleppen. Ihr fiel ein, dass sie kein Brot mehr im Haus hatte, und sie überlegte, ob sie welches einkaufen sollte. Ebenso wie Milch und Haferflocken für den Morgenbrei, den sie neuerdings so gerne zum Frühstück aß. Doch mit jedem Schritt wurden ihre Arme länger. Ohne zusätzlichen Rucksack würde sie die Lebensmittel nie nach Hause bekommen.
    Ihr Weg führte an einem Brunnen vorbei, um den einige Bänke gruppiert waren. Aufatmend gönnte sie sich eine Rast. Die Akten legte sie neben sich auf die Bank.
    Den Mann mit der Staffelei bemerkte sie erst, als sie bereits saß. Eine Weile schaute sie ihm bei der Arbeit über die Schulter. Er zeichnete Porträts und bot seine Kunst Passanten an, die zufällig vorbeikamen. Soeben hatte er das Bildnis eines kleinen Mädchens fertiggestellt. Die Mutter wollte es der Großmutter des Kindes schenken. Maribel lächelte über den Begriff Großmutter. Genauso hätte der kleine Wilhelm seine Oma genannt – wenn er überlebt hätte.
    Maribel stutzte. Ihr kam eine wunderbare Idee.
    »Können Sie auch nach meinen Angaben zeichnen?«, wandte sie sich an den Künstler, der noch dabei war, die Münzen zu zählen, die die Frau ihm in die Hand gedrückt hatte.
    »Ich kann Sie zeichnen. Nehmen Sie Platz.«
    »Nein. Ich möchte, dass Sie ein Porträt nur nach meinen Angaben malen.«
    »Kostet aber das Doppelte.«
    »Zwanzig Prozent Zuschlag, nicht mehr.«
    »Dreißig.«
    »Einverstanden.«
    Maribel stützte die Ellenbogen auf die Oberschenkel und vergrub das Gesicht in die Hände, um sich besser zu konzentrieren. Angestrengt versuchte sie, sich ihren Traum, von dem sie immer noch nicht wusste, ob er nicht doch Realität war, ins Gedächtnis zurückzurufen.
    Unter den geschickten Händen des Mannes entstand auf dem Papier das Porträt von Andrej Makejew, dem Kosaken.
    *
    »Ein wirklich gut aussehender Mann.«
    Maribel riss erschrocken die Hände vom Gesicht, als sie dicht neben ihrem Ohr plötzlich eine Stimme hörte, die ihr bekannt vorkam. Der Mann, der gesprochen hatte, drehte ihr den Rücken zu, als er das Porträt studierte, unter das der Künstler soeben seinen Namenszug setzte.
    Während sie noch überlegte, wer der Mann sein könnte, drehte er sich zu ihr um. Sie kannte sein Gesicht. Wo war sie ihm bereits begegnet? Sein Name lag ihr auf der

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