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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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altmodische Kutsche, wie Maribel sie von Bildern her kannte. Zwei Pferde weideten in einiger Entfernung. Aus ihren Nüstern qualmte weißer Atem.
    Ein Bild wie aus einem Märchen.
    Sie verbat ihrem Verstand, darüber nachzudenken. Sollte es sich um einen Traum handeln, würde sie früher oder später daraus erwachen. Andernfalls tat sie gut daran, alles, was um sie herum passierte, als real hinzunehmen. War es auch noch so verrückt.
    »Ist das der Wagen, von dem Sie gesprochen haben?«, fragte sie und räusperte sich, um ihrer Stimme einen möglichst gleichmütigen Klang zu verleihen. »Sieht doch völlig in Ordnung aus.«
    »Nicht der Wagen ist das Problem.«
    »Sondern?«
    »Friedrich? Bist du das?« Die gequälte Stimme einer Frau, die unter starken Schmerzen litt, drang aus dem Innern der Kutsche. Ihr nachfolgendes Stöhnen ließ Maribel erschaudern.
    Friedrich von Leyen, ihr Entführer, drängte Maribel zur Seite und riss die schmale Tür der Kutsche auf.
    »Ich habe eine Frau gefunden, die dir helfen wird, Agnes.« Seine Stimme klang besorgt. Im schwachen Licht des Mondes wirkte die Frau im Wagen unnatürlich bleich. Schweißperlen glitzerten auf ihrer Stirn.
    »Was fehlt ihr?«, fragte Maribel.
    »Sie bekommt ein Kind.« Die Anspannung war ihm nun deutlich anzuhören.
    »Ein Kind? Jetzt?«, wiederholte Maribel erstaunt. »Worauf warten Sie dann noch? Bringen Sie Ihre Frau ins Krankenhaus!«
    »Das nächste Krankenhaus liegt zwei Stunden entfernt. So viel Zeit haben wir nicht mehr.«
    »Dann eben zu einem Arzt, irgendwohin, wo sie entbinden kann.«
    »Es gibt keinen Arzt in der Nähe. Der nächste wohnt zu weit entfernt, um es noch rechtzeitig zu schaffen. Du wirst ihr helfen.«
    Maribel schluckte trocken. »Ich kann das nicht.«
    »Kinderkriegen ist Weibersache. Das war schon immer so.«
    »Aber ich habe damit keine Erfahrung. Ich weiß nicht, wie das geht.«
    »Du bist Jungfer?« Sein Blick glitt abschätzend über ihren Körper, dessen weibliche Rundungen von dem unförmigen Overall verschluckt wurden.
    »Sie meinen Jungfrau? Äh, nun, falls Sie wissen wollen, ob ich Männer hatte – geht Sie das was an?«
    Friedrich wich mit dem Oberkörper zurück, als habe sie ihm soeben eine ansteckende Krankheit gebeichtet. »Dein Ton ist unziemlich für eine Magd. Weißt du nicht, was sich gehört?«
    Empört zog Maribel die Luft ein. »Ihre Nerven möchte ich haben. Wer andere Leute mit der Waffe bedroht, sollte nicht mit dem Knigge winken.«
    »Du kennst den Freiherrn von Knigge? Ungewöhnlich für eine Frau deines Standes.«
    »Hier in der Nähe muss es doch noch jemand anderes geben, der Ihrer Frau helfen kann.«
    Maribels Aufmerksamkeit wurde von der Frau in der Kutsche abgelenkt, die sich in diesem Augenblick unter einer besonders schmerzhaften Wehe krümmte. Scharf zog die Ärmste die Luft durch die Zähne. Hilflos suchte sie nach Maribels Hand.
    »Bitte. Hilf mir.« Flehend sah Agnes sie an. Ihre Hand fühlte sich feucht und klebrig vor Schweiß an.
    »Oh, Mist! Ich weiß doch gar nicht, was ich machen soll.«
    »Dummes Ding! Stell dich nicht so an. Hast du noch nie bei einer Geburt zugesehen?«
    Maribel duckte sich erschrocken, als Friedrich die Hand hob, als wolle er sie schlagen. Schützend hielt sie die Arme vor ihr Gesicht.
    »Gewalt hilft mir auch nicht weiter.«
    In der Kutsche stieß Agnes merkwürdig kehlige Schmerzenslaute aus.
    »Das Baby – es kommt.«
    Maribel brach der Schweiß aus. Wie gebannt starrte sie auf die Pistole, mit der Friedrich nervös herumfuchtelte. Auf keinen Fall wollte Maribel riskieren, dass er sie erschoss, bevor sie herausfand, ob sie träumte oder in das verrückteste Abenteuer ihres Lebens gestolpert war.
    Fieberhaft dachte sie nach. »Wir brauchen heißes Wasser und warme Decken, damit Mutter und Kind nicht erfrieren. Und eine Schere für den Dammschnitt.
    Maribels Vorstellungen von einem Dammschnitt waren verschwommen. Ihre einzigen Kenntnisse über Geburten bezog sie aus den Krankenhausserien, die täglich über den Fernsehschirm flimmerten. Aber es flößte ihr Sicherheit ein, die Worte auszusprechen.
    »Du willst schneiden? Was?«
    Von Friedrichs steiler Stirnfalte gewarnt, druckste Maribel herum: »Den Stoff. Falls die vielen Röcke stören.«
    Ihr Blick wanderte bedeutungsvoll zu Agnes zurück, die in der Tat in jede Menge bauschenden Stoffs gehüllt war. Ihr Mantel, dessen Farbe Maribel in der Dunkelheit für Grau hielt, wölbte sich unterhalb ihres Busens in

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