Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
Vom Netzwerk:
zerbrochen. Im blutdurchtränkten Boden bei Leipzig hatte er eigenhändig seinen Freund Pjotr, dem ein Kopfschuss zum Verhängnis geworden war, verscharrt.
    Dies alles hatte er auf sich genommen, um endlich wieder mit der Frau seines Herzens vereint sein zu können.
    Eine höhere Macht hatte ihm die Fähigkeit verliehen, in den Zeiten spazieren gehen zu können wie andere in der Natur. Mit dem Unterschied, dass er gezwungen war, mit jeder neuen Umgebung auch eine andere Identität anzunehmen.
    Seit seinem Wechsel ins neunzehnte Jahrhundert verging keine Nacht, in der er Maribel nicht von ganzem Herzen herbeisehnte. In seinen Träumen rief er nach ihr, flehte sie an, ihm zu folgen. Er fühlte ihren weichen Körper in seinen Armen, glaubte, den Duft ihrer Haut zu riechen, den ihr Körper ausströmte, wenn sie sich geliebt hatten. Nie hatte er die Hoffnung aufgegeben, dass auch sie es eines Tages schaffen würde, ihm in die Vergangenheit zu folgen. Er wusste nicht, wie sie es angestellt hatte. Doch nun stand sie vor ihm.
    Maribel.
    Schmaler und blasser, als er sie in Erinnerung hatte.
    Doch schöner denn je.
    Die Brust schnürte sich ihm vor Schmerz zusammen, weil er begriff, dass sie ihn nicht erkannte.
    War er ihr denn so gleichgültig, dass sie seine Nähe nicht spürte?
    In verletztem Stolz flogen seine Augen misstrauisch über die Gesichter der Menschen, die ihm zugewandt waren. Finstere Mienen bei Friedrich und seinen Knechten. Amüsiert abwartendes Gelächter bei seinen eigenen Leuten. Maribel selbst versteckte ihre Empfindungen hinter einer abweisenden Maske. Er war sich sicher, dass die Unnahbarkeit, die sie ihm gegenüber zur Schau trug, nichts weiter als ein Schutz vor ihren Gefühlen war, und er verspürte den verzweifelten Wunsch, ihn niederzureißen.
    Sein Blick fiel auf die schwere hölzerne Eingangtür des Herrenhauses. Unübersehbar hing dort noch die Kokarde als Zeichen der Unterwerfung unter die französische Besatzungsmacht. Und dies, obwohl jeder längst wusste, dass die französischen Streitkräfte kampf- und kopflos gen Westen flohen.
    Diese Höfler machten ihn wütend, rasend wütend sogar. Sie teilte ihr Leben mit Maribel, ohne zu wissen, was für einen kostbaren Schatz sie zwischen ihren Mauern beherbergten.
    Mit einem zornigen Aufschrei gab Andrej seinem Pferd die Sporen. Er zog den Kopf ein, als er durch die Tür ins Haus preschte. Ein vielstimmiger Aufschrei begrüßte ihn. Er riss sein Pferd herum, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Frauen. Viele Frauen, die sich angstvoll in einer Ecke des Zimmers zusammendrängten und sich schützend vor eine Gruppe von Kindern stellten, die hinter ihren weiten Röcken zu wimmern begannen.
    Möbel fielen um. Porzellan ging zu Bruch. Holz splitterte, als er auf dem Pferd durchs Zimmer schwenkte und es dabei einen Stuhl unter seinen Hufen begrub.
    »Zurück!«, befahl er scharf, als ein weiterer Kosak auf seinem Pferd hereindrängte. Ein wild aussehender Kerl mit einem Bart, der ihm fast bis zum Gürtel reichte. Um ein Haar wäre Friedrich in der offenen Tür von ihm zerquetscht worden, als er versuchte, sich neben dem Pferdekörper ins Haus zu zwängen.
    »Raus hier! Sofort!« Die Adern an Friedrichs Hals schwollen vor Anstrengung an, als er gegen den Lärm anschrie. Mit ausgestrecktem Arm wies er den Weg.
    Gott war sein Zeuge – er hatte versucht, friedlich mit den Soldaten auszukommen. Doch keinen Befreier der Welt würde Friedrich es kampflos gestatten, ihm Hof und Haus zu zerstören oder gar die Menschen zu gefährden, für die er verantwortlich war.
    Andrej nahm die Herausforderung an. Statt hinauszureiten, wie er es eigentlich schon vorgehabt hatte, ließ er sein Pferd noch eine Pirouette auf den Hinterbeinen drehen.
    Friedrich hörte die Frauen aufschreien, die Kinder weinen. Ohne darüber nachzudenken, griff er nach den Zügeln des tänzelnden Tieres. Es war kein Zaumzeug, wie er es kannte. Nur ein einfacher Zaum und der Kandarenzügel. Doch ehe er richtig zufassen konnte, zischte eine Peitsche durch die Luft. In der nächsten Sekunde durchzuckte ihn glühender Schmerz. Andrej hatte ihm die Peitsche mitten durchs Gesicht gezogen.
    Rote Feuerbälle tanzten vor Friedrichs Augen. Er schmeckte Blut in seinem Mund und musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um vor Schmerz nicht laut aufzuschreien. Agnes wollte entsetzt zu ihm eilen, doch mit einer Handbewegung gebot er ihr, auf dem Platz zu bleiben. Aufrecht bot er dem

Weitere Kostenlose Bücher