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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Kent
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brauchen Essen für alle. Besonders Fleisch«, befahl er.
    »Warum machen Sie ein Geheimnis aus Ihren Sprachkenntnissen?«
    »Weil ich niemanden verwirren möchte.«
    »Sie werden lieber für einen wilden Barbaren gehalten als für …« Sie suchte nach Worten.
    »Bin ich ein besserer Mensch, nur weil wir dieselbe Sprache sprechen?« Seine Augen schienen bis auf den Grund ihrer Seele zu sehen. Beschämt wich sie seinem Blick aus.
    »Man sieht nur mit dem Herzen gut.« Hatte sie das gesagt? Sie musste den Satz irgendwo gelesen haben.
    Andrej lächelte warm. »Bittest du jetzt den Jungen, ins Haus zu gehen? Wir haben Hunger.«
    Sie nickte. »Aber warum haben Sie mich eingeweiht? Ich meine, Sie hätten mir nicht zu sagen brauchen, dass Sie Deutsch sprechen.«
    »Kannst du das nicht erraten?«
    Maribels Kopf fühlte sich plötzlich an wie mit Watte gefüllt. Ihre Gefühle spielten verrückt. Sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Der letzte Mann, der ihr Seelenleben derart in Aufruhr versetzt hatte, war Boris gewesen.
    Er hatte ihr nichts als Ärger gebracht.
    Schroff entzog sie Andrej ihre Hand.
    »Für Spielchen fehlt mir die Zeit. Ich werde Ben ins Haus begleiten, damit Sie ausreichend zu essen und zu trinken bekommen.«
    Spielerisch zog er seinen Säbel, prüfte die Klinge.
    »Oje, sie ist ganz verschmutzt.« Mit einer schnellen Handbewegung riss er Maribel die Schürze vom Kleid. Unter dem Gegröle seiner Kameraden begann er, seinen Säbel damit zu putzen.
    Mit funkelnden Augen blitzte Maribel ihn an. Um sie herum kippten die Kosaken den Branntwein, als handele es sich um Wasser. Es war nicht abzusehen, wie sie sich aufführen würden, wenn sie betrunken waren.
    »Tu, was er sagt«, wandte sie sich an Ben. »Sag dem Herrn, dass die Soldaten hungrig sind. Sie wollen vor allem Fleisch. Und noch jede Menge Branntwein.« Ihre letzten Worte trieften vor Sarkasmus.
    Vor Erleichterung, endlich entkommen zu können, rutschte dem Jungen der noch halb volle Krug aus der Hand. Die Scherben flogen in alle Himmelsrichtungen, als er auf dem Boden zerschellte. In hohem Bogen spieen einige Soldaten dem Jungen hinterher, als er eilig davonlief.
    Maribel griff nach ihrer Schürze, doch Andrej gab sie nicht her.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie und ärgerte sich, weil ihre Stimme zitterte. Der nächtliche Januarwind hatte kräftig aufgefrischt. Ungestüm zerrte er ihre Haare aus dem Zopf, den sie im Nacken gebunden hatte. Auch Andrej strich sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Ich möchte, dass du für mich übersetzt.«
    »Wenn Sie Russisch sprechen, verstehe ich kein Wort. Und wenn Sie Deutsch reden, können Sie das genauso gut laut tun.«
    »Willst oder kannst du mich nicht verstehen?« Verärgert legte er die Stirn in Falten.
    »Wird wohl an beidem liegen. Die Leute hier nennen mich auch die Schwachsinnige.«
    Einen Moment lang hatte Andrej sich nicht in der Gewalt. Mit offenem Mund starrte er sie an, was selbst einem so schneidigen Mann wie ihm ein dümmliches Aussehen verlieh. Doch dann warf er den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen.
    Ganz in der Nähe wurden einige der Kosaken auf sie aufmerksam. Wann hatte Andrej oder irgendein anderer von ihnen derart unbeschwert gelacht? Seine Heiterkeit musste mit dem Mädchen zusammenhängen.
    »Wer wettet, dass sie seine Partnerin für die Nacht wird?« Die Einsätze bestanden aus Kieselsteinen, über Geld verfügte längst niemand mehr. Die Wetten standen drei zu eins, dass Andrej die Kleine noch in derselben Nacht mit ins Heu nahm, als dieser sich endlich zu beruhigen begann. Nach Luft japsend wischte er sich die Lachtränen aus den Augen.
    Maribel war bereits auf dem Weg zurück zum Haupthaus. Auf halber Strecke holte er sie ein. »Ich habe dir nicht erlaubt, zu gehen.«
    »Und ich habe Ihnen nicht erlaubt, mich auszulachen.«
    »Eine Magd wie du kann es sich nicht leisten, empfindlich zu sein.«
    Maribel blickte hinüber zum Haus, hinter dessen halb erleuchteten Fenstern sie Lisette, Grete und die anderen vermutete, die sie beobachteten. Zornig nahm sie ihre Schürze, die er ihr mit einer übertrieben huldvollen Geste reichte.
    »Ich bin keine Magd. Ich bin …«
    »Ja?«
    »Es ist mitten in der Nacht. Ich bin müde. Kann ich jetzt gehen?«
    »Nur, wenn du ab morgen für mich die Übersetzerin spielst. Auch wenn wir als Befreier kommen, werden wir nicht überall mit offenen Armen empfangen. Die Menschen sprechen freier, wenn sie denken, man

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