Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
war im Bankgeschäft.
»Du solltest mit Frauen zu Mittag essen, die amüsante Bemerkungen zu Jane Austen machen«, meinte Helen. Sie versuchte unermüdlich, mich zu überzeugen, mir eine mehr künstlerisch ausgerichtete Tätigkeit zu suchen, eine Arbeit, die mich verdiente , wie sie es formulierte. Obwohl sie mich mit ihren Ausführungen aufbauen wollte, fühlte ich mich jedes Mal getadelt. Es fehlte mir etwas zur Künstlerin. Eine besondere Leidenschaft? Die nötige Überzeugung? Der Mut? Ich wusste nicht, was mir fehlte, aber ich würde es heute nicht herausfinden und auch nicht am kommenden Wochenende. Helens Definition nach fehlte ihr nichts. Ihre Arbeit als Herausgeberin eines Magazins war künstlerisch. Ihre Position biete ihr reichlich Raum für Kreativität, behauptete sie.
»Wenn du darauf aus bist – ich kann durchaus amüsante Bemerkungen zu Mr. Darcy beisteuern«, erklärte Faith in defensivem Ton. »Ich bin allerdings mehr ein Fitzgerald-Fan – Daisy und ihre Hemden, seine Liebesaffäre mit Zelda. Sie hat seine gesamte Kleidung in einer Hotelbadewanne verbrannt. Das sollte ich irgendwann auch mal probieren.«
»Ich finde nicht, dass du dir Zelda zum Vorbild nehmen solltest«, meinte ich. »Immerhin hat sie den Verstand verloren und ist in der Anstalt gelandet.«
»Wie geht’s Jason?«, wechselte Helen das Thema und nippte an ihrem Wein. »Hast du ihm verziehen?«
»Er ist ein Scheißkerl«, antwortete Faith. »Er kann sich zwar für irgendwelchen Mist entschuldigen, den er gebaut hat, aber nicht für seine Natur.«
»Ein brutales Urteil«, fand Helen, »doch sosehr es mir widerstrebt, das zu sagen, wahrscheinlich auch ein recht kluges.«
»Ich bin verwirrt«, gestand ich. »Bedeutet das, dass du ihm verziehen hast, oder nicht?«
»Es bedeutet, dass ich ihn akzeptiert habe.« Faith drehte nachdenklich den Stiel ihres Wasserglases zwischen den Fingern. »Ich bin ziemlich sicher, dass es das ist, was eine Ehe verlangt.«
Ich war verblüfft. »Du akzeptierst, dass Jason ein Scheißkerl ist?«
Sie nickte. »Ich wusste es schon vor der Hochzeit.«
»Weiß er das?«, fragte Helen.
»Dass er ein Scheißkerl ist? Ich denke schon. Er verfügt immerhin über ein Mindestmaß an Selbstwahrnehmung.«
»Aber weiß er auch, dass du ihn für einen Scheißkerl hältst?«, wollte Helen wissen.
»Es ist eine der Säulen unserer Beziehung.«
»Demnach muss man für eine funktionierende Ehe gar kein lebenslanges Gespräch führen!« Helen spießte mit ihrer Gabel eine Kirschtomate auf. »Was für eine Erleichterung!«
»Ich dachte, ich sollte diesen Satz auf deiner Hochzeit bringen«, erinnerte ich sie.
»Apropos Hochzeit … da fällt mir Elliot Hull ein …«
»Moment mal«, fiel Faith Helen ins Wort. »Elliot Hull? Aus dem College? Der Grübler?«
Als Faith wutentbrannt auf die Party gestürmt war, hatte sie Elliot nicht erkannt, und so brachten wir sie auf den aktuellen Stand der Dinge. Ich schilderte den Anfang der Ereignisse und Helen, was sich auf dem Balkon ergeben hatte. Faith schaute von einer zur anderen, unterbrach uns immer wieder, wenn ihr etwas unklar war, zwang uns, die Dinge in eine ordentliche Reihenfolge zu bringen. Faith konnte unerträglich pingelig sein. Es war eine Qual, ihr eine Geschichte zu erzählen. Sie war die Art von Intelligenzbestie, die im Kino idiotische Fragen stellte, auf die keiner eine Antwort hatte, weil die Handlung des Films noch nicht so weit gediehen war.
Als wir ihre Ansprüche bezüglich einer schlüssigen Berichterstattung endlich befriedigt hatten, lehnte sie sich zurück und fragte mich nach einem tiefen Atemzug: »Bist du immer noch entschlossen, seine Ehefrau zu spielen?«
»Ich habe es versprochen.«
»Eine verrückte Situation«, meinte sie. »Wart ihr damals im letzten College-Jahr nicht glühend verliebt ineinander?«
»Das lief nur ein paar Wochen – dann ist er zu seiner alten Freundin zurückgekehrt.«
» Das wusste ich nicht. Das ändert alles.« Helen grinste maliziös.
»Das tut es nicht.«
»Oh, doch.« Helen klopfte mit der Gabel auf ihren Teller. »Ich wusste es nicht, aber ich muss es gespürt haben.«
Faith erkannte wie immer das Wesentliche. »Weiß Peter, dass ihr ein Paar wart?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Du hast es ihm nicht erzählt?«, fragte Helen erstaunt. »Solltest du das nicht tun? Ich kenn mich ja nicht aus mit ehelichen Gepflogenheiten, aber erfüllt das hier nicht den Tatbestand des Zurückhaltens von
Weitere Kostenlose Bücher