Verlieben war nicht abgemacht - Asher, B: Verlieben war nicht abgemacht - The Pretend Wife
bemüht, den gewohnt leichten Ton zu erreichen. Ich erzählte ihm, dass Helen heute nicht dabei sein würde. Sie gesellte sich manchmal zu uns, wenn sie einen ständigen Begleiter hatte, aber allein wollte sie nicht kommen. Dann entschuldigte sie sich mit wichtigen Terminen, die nicht selten sogar echt waren – Cocktailpartys mit Anzeigenkunden, Vernissagen, Verabredungen mit einem neuen Beau und Ähnliches. Wer wollte ihr verübeln, dass sie keine Lust hatte, als Single dabeizusitzen, während wir Paare über unsere verschiedenen Wunschfilme diskutierten?
»Was gibt’s denn Neues bei ihr?«, erkundigte sich Peter, als er auf die Umgehungsstraße einbog.
»Sie will jetzt keine Beziehung mehr – nur noch Romanzen«, berichtete ich.
»Wo ist der Unterschied?«, fragte Peter.
»Du kennst den Unterschied.«
»Ja, ich schätze, das tue ich… Sag mal, ich hoffe, es ist nicht Bettina dran mit der Filmauswahl«, wechselte er das Thema. Wir hatten uns in der Vergangenheit massenweise Filme mit Untertiteln angesehen. Da Bettina Deutsche war, fühlten wir uns alle dazu verpflichtet, um nicht zu amerikanisch zu wirken, obwohl wir nie darüber gesprochen hatten. Peter und ich hassten Untertitel.
»Ich weiß es nicht.«
»Wenn ich eine Story lesen will, dann nehme ich mir einen Roman vor«, sagte er.
»Bei Untertiteln frage ich mich jedes Mal, wie es wohl ist, taub zu sein«, sinnierte ich. Gleichgültig, in welcher Sprache der Film gedreht worden war – ich versuchte immer, den Text bei den Schauspielern von den Lippen abzulesen.
»Dann kannst du dich ja gar nicht konzentrieren.«
»Und manchmal suche ich in den Untertiteln nach Fehlern – als wäre ich ein unbezahlter Redakteur. Da fällt mir ein, ich habe meine Brille zu Hause vergessen. Mist.«
Tatsache war, dass wir uns nicht wohlfühlten in der Gesellschaft von Bettina und Shweers. Die beiden waren eines der wenigen Paare, die einander nicht nur aufrichtig liebten, sondern auch füreinander bestimmt waren. Seelenverwandte, wenn man an dieses Konzept glaubt. Faith und Jason hatten eine starke Beziehung, doch sie wies einige gravierende Schwachstellen auf, was Peter und ich beruhigend fanden. Ich freute mich regelrecht, wenn Faith mir ihr Herz ausschüttete. Ich freute mich, dass sie Jason für einen Scheißkerl hielt. Ich ergötzte mich daran, weil es meine und Peters Beziehung im Vergleich einigermaßen stabil wirken ließ. Ich muss gestehen, dass ich nach einem ruhigen Abend mit Peter, wenn ich dachte, dass ich lieber allein wäre, ein Buch lesen oder während einer ausgiebigen Dusche den Popsender im Radio hören würde, in der Hoffnung bei Faith anrief, von ihr zu hören, dass ihr Abend noch schlimmer gewesen war. Dabei hoffte ich nicht nur auf schlichte Langeweile, sondern darauf, dass sie und Jason sich ernsthaft über die Zubereitung eines Brathähnchens gestritten oder – noch besser – so schwer verkracht hatten, dass einer von ihnen nicht im Ehebett schlief.
Bettina und Shweers boten keine derartigen Freuden. Bettina, die ihre trockenen Kommentare lispelte und unter ihrem stumpf geschnittenen Pony hervor in die Runde spähte, und Shweers, der hin und wieder einen kleinen anzüglichen Scherz beisteuerte, hielten einander wirklich und wahrhaftig für komisch. Sie freuten sich aneinander, wirkten ständig wie magnetisch voneinander angezogen, aßen vom Teller des anderen und tauschten im Flüsterton Bemerkungen aus. Sie waren nie grob oder überheblich. Sie waren nie übertrieben zärtlich oder lobten den anderen überschwänglich. Sie waren nie belehrend. Sie waren absolut sie selbst im Umgang miteinander.
Der Unterschied zwischen ihrer und meiner und Peters Beziehung war kaum merklich – außer für Peter und mich. Wir nannten die beiden »die großen Blender«, denn wir hatten die Theorie, dass sie, alleine zu Hause, die Maske fallen ließen und sich über Nichtigkeiten stritten wie die Kesselflicker.
Ich schaute auf die vorbeifliegende Landschaft hinaus und sagte: »Vielleicht kommen sie heute gar nicht. Ist nicht Bettinas Mutter aus Deutschland zu Besuch oder so was?«
»Ich glaube, das war schon mal der Fall, und sie sind trotzdem gekommen.«
»Vielleicht hat ihre Mutter Unfrieden ins Paradies gebracht«, dachte ich laut. »Vielleicht haben sie jetzt endlich ein Thema.«
»Ich denke, an Themen mangelt es ihnen nicht.«
»Da hast du recht – und sie finden sie sogar interessant. Weißt du noch, wie wir mal zu ihnen kamen und er unsere
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