Verliebt bis in die Haarspitzen (German Edition)
abzubeißen. „Hier wird dich schon kein Regentropfen erschlagen. Könntest du eventuell wenigstens hier das Ding abnehmen. Die dicken Tropfen, die eben auf deiner Sonnenbrille gelandet sind, lassen dich aussehen, wie eine Fliege, die weint. Und der Anblick macht mich ganz traurig.“
Er schien es ernst zu meinen. Helen war gerührt und fühlte ihr Herz einen kleinen Hüpfer machen. Wie sollte sie ihm das jetzt abschlagen, ohne sich erneut in irgendwas zu verstricken. Glücklicherweise hatte sie ja ihr Essen, auf das sie sich konzentrieren konnte. Zögernd nahm sie die Sonnenbrille ab und schenkte dann ihre Aufmerksamkeit wieder dem Würstchen auf ihrem Teller. Plötzlich sah sie Fabians Hand aus dem Augenwinkel ihrem Gesicht immer näherkommen.
„Du hast da gekleckert.“ Behutsam wischte er mit einer Serviette einen Senfspritzer von Helens Kinn. „Dein schönes Shirt soll doch nicht schmutzig werden.“ Frech zwinkerte er ihr zu.
Zu spät merkte Helen, dass sie ihn anstarrte. Die Funken aus Fabians Augen verursachten ein Feuerwerk in ihrem Magen und ihre Knie wurden zu Wackelpudding. Mit aller Gewalt riss sie ihren Blick los und versuchte verzweifelt, ihre Sonnenbrille wieder aufzusetzen, die stattdessen herunterfiel. Bei ihrem Rettungsmanöver geriet auf einmal das Würstchen ins Rutschen und schoss geradewegs von ihrem Teller auf Fabian zu. Riesige Senfkleckse landeten auf seinem Shirt.
„Oh nein, das wollte ich nicht!“ Helens Stimme war schrill. Sie warf ihren Pappteller zur Seite und griff nach einigen Servietten. Damit rieb sie den Senf von Fabians Shirt, verteilte ihn zuerst aber nur weiter. Plötzlich wich Fabian einen Schritt zurück.
Das war alles so schnell gegangen. Und dann diese Berührungen! „Ich mach das schon“, stammelte Fabian und griff selbst nach den Servietten.
„Tut mir echt leid! Ich bin so ein Schussel!“
„Nichts passiert!“ Er atmete tief durch und versuchte, Helen einen aufmunternden Blick zuzuwerfen. Die hatte einen knallroten Kopf. „Jetzt passen wir wenigstens zusammen.“ Fabian deutete von Helens Kaffeefleck zu seinen Senfflecken und musste grinsen. Auch Helen schien sich wieder zu entspannen. Jedenfalls, bis sie die zerbrochene Sonnenbrille auf dem Boden entdeckte.
„Oh Mist, Yvonne wird mich umbringen! Die war garantiert teuer.“ Sie hob das lädierte Stück vom Boden auf.
„Also doch nicht deine?“ Warum wunderte ihn diese Neuigkeit bloß nicht? Helen schaute ihn belämmert an. „Versuche es bitte nicht zu erklären“, winkte er ab, als er sah, wie Helen nach Worten rang. „Ich glaube, ich werde es sowieso nicht verstehen. Und übrigens tut es mir wirklich leid wegen diesem Dingsda.“ Er deutete auf die kaputte Brille. „Obwohl ich gestehen muss, dass die Welt ohne es definitiv schöner ist.“ Es war wunderbar, wieder ihr ganzes Gesicht und ihre großen blauen Augen, die momentan so niedlich erschrocken dreinschauten, betrachten zu können.
„Die Abwechslung mit dir tut mir echt gut!“, erklärte Fabian, als sie vor Helens Haustür ankamen.
Helen konnte sehen, wie Fabian sich ein Lachen verbiss. „Auf meine Kosten!“ Sie rieb sich demonstrativ den Ellenbogen, mit dem sie gegen eine Laterne gelaufen war, kurz nachdem sie sich wieder in seinen braunen Augen verloren hatte.
„Du siehst auch schon viel fröhlicher mit Smiley auf dem Shirt und ohne Sonnenbrille aus.“ Fabian tippte auf Helens Bauch, wo er auf den Kaffeefleck noch ein paar Senfpunkte verteilt hatte.
Die Wärme, die Fabians Hand ausstrahlte, verursachte ein Prickeln auf ihrer Haut. Wie konnte dieser Mann bloß schwul sein? Ob er es nun war oder nicht, sie hatte wirklich einen wundervollen Nachmittag verlebt. Schließlich hatte er sie zum Lachen gebracht und dafür nahm sie blaue Flecken bereitwillig in Kauf. „Was meinst du, sollen wir das wiederholen?“ Am liebsten bald, ergänzte sie in Gedanken.
„Sehr gerne!“ Seine Stimme war sanft und warm und er machte einen Schritt auf sie zu.
Es kam Helen vor, als hauchte er ihr unendlich langsam einen Kuss auf die Wange. Sie konnte kaum noch atmen und hatte das Gefühl, abzuheben und einige Zentimeter über dem Boden zu schweben.
„Nächste Woche gleiche Zeit?“, fragte Fabian, während er bereits ein paar Schritte die Straße hinunterging.
„Wunderbar!“, flötete sie in einer merkwürdig hohen Stimmlage. Sie hatte neutral klingen wollen, aber das war ihr nicht geglückt. Sie hoffte, dass Fabian weder ihre
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