Verliebt bis in die Haarspitzen (German Edition)
weiter auf. „Hallo, Helen?“ Er zögerte beim Eintreten.
„Hier“, kam die Antwort und gleich darauf: „Ich meine: Nicht herkommen!“ Ihre Stimme klang schrill. Dann hörte er einen kleinen Wutschrei.
„Ist alles okay bei dir?“ Fabian war hin- und hergerissen. Am liebsten wollte er zu ihr rennen und gleichzeitig wieder die Treppen hinunterrasen.
„Ja“, rief Helen etwas ruhiger. „Warte bitte einen Augenblick im Wohnzimmer. Ich bin gleich da.“
Im Storchenschritt betrat Fabian das Zimmer, in dem es aussah, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte. Decken und Kissen lagen zerstreut herum und ein Kaffeebecher verteilte seinen Inhalt gleichmäßig auf dem Boden. Nichtsdestoweniger beeindruckte ihn die traumhafte Einrichtung des Wohnraumes. Er hatte eine riesige Fensterfront, die hinaus auf eine Dachterrasse mit Blick über Zürich führte. Die roten Dachbalken und eine gigantische Couch in dunklem Orange sorgten für fröhliche Gemütlichkeit. Zudem hing noch ein Hängesessel von der Decke und schwang einladend vor und zurück. Fabian dachte an das kleine, trostlose Loch, in dem er wohnte, und musste unwillkürlich seufzen.
Helen beschloss, es aufzugeben. Sie hatte vergeblich versucht, alle Klammern der Hochsteckfrisur zu entfernen. Die zerknickten Federn von gestern Abend hatte sie immerhin geschafft, mit einem Ruck aus ihren Haaren zu ziehen. Nicht ohne Schmerzen und einem verlorenen Haarbüschel.
Erbarmungslos führte der Badezimmerspiegel ihr katastrophales Aussehen vor. Ein riesiger Kaffeefleck prangte auf dem weißen Sonntags-Schlabbershirt. Sie musste mit dem Kaffeebecher in der Hand eingeschlafen sein. Der Rest des Inhalts war dann auf dem Weg zur Wohnungstür verloren gegangen, als der eingeschlafene Fuß ihr den Dienst verweigert hatte.
Helen war bereits geschlagene zehn Minuten im Bad. Dummerweise hatte sie keine Wechselkleidung mitgenommen und musste sich Fabian also in diesem Aufzug stellen oder hier im Bad verschimmeln. Wenigstens war sie auf dem Weg hierher noch in ihre Jogginghose gesprungen.
Sie atmete tief durch. Sie würde das schaffen, redete sie sich gut zu. Für die Freundschaft mit dem schwulen Mr. Perfect und für die versprochene Wunder-Haarspülung, die ihr plötzlich wieder in den Sinn gekommen war. Wenigstens kam es jetzt nicht mehr so darauf an, wie sie aussah, fiel es ihr ein. Sie beschloss hinauszugehen, die Wunderspülung entgegenzunehmen und Fabian dabei keinesfalls in die Augen zu schauen!
„Ich sehe, du brauchst wirklich Hilfe mit deinen Haaren!“ Fabian traute kaum seinen Augen. Die Frau, die da vor ihm stand, konnte nicht dieselbe von gestern Abend sein. Aber irgendwie sah sie richtig süß aus, wie sie dort mit den verwuschelten Haaren und dem überdimensionierten Shirt stand und verlegen zu Boden schaute. Er hatte sowieso noch nie verstehen können, warum sich Frauen für Dinge wie Joggen schminkten und in Schale warfen.
„Ich hatte keine Gelegenheit, mich um sie zu kümmern. Mit deiner Superspülung wird es mir nachher sicherlich leicht fallen“, erklärte sie mit gesenktem Blick.
Fabian verkniff sich die Frage, was sie heute den ganzen Tag gemacht hatte. Stattdessen griff er in die Tasche seines Jogginggürtels und zog eine edle Flasche heraus.
„Danke!“ Sobald Helen die Spülung in der Hand hatte, drehte sie sich um und verschwand wieder. Fabian blieb verdutzt zurück. Was war nur mit ihr los? „Geht es dir gut?“, rief er hinter ihr her.
„Alles in Ordnung.“ Mit zittrigen Händen stellte sie die Pflegespülung auf den Badewannenrand. Es funktionierte. So konnte sie die Kontrolle über sich behalten. Allerdings würde Fabian irgendwann misstrauisch werden. Sie musste sich also etwas einfallen lassen.
„Sollen wir dann los?“ fragte Fabian irritiert.
„Ja gleich, geh schon mal runter.“ Panisch suchte Helen nach einer Lösung für ihr Problem. Ihr Blick fiel auf den Schuhschrank, auf dem eine von Yvonnes riesigen Sonnenbrillen lag. Das war die Idee! Sie war dunkel genug, sodass man unbemerkt an etwas vorbeischauen konnte. Zum Beispiel an den verflixten Funkelaugen eines unerreichbaren Traummannes. Helen sprang in ein paar ausgetretene Joggingschuhe und langte nach der rettenden Sonnenbrille.
Vor der Haustür wartete Fabian und blickte zuerst Helen skeptisch an und dann den stahlgrauen Himmel. „Na dann lass uns mal losjoggen bei diesem unsagbar grellen Sonnenschein. Hätte ich vielleicht noch Sonnencreme mitbringen
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