Verliebt bis unters Dach Roman
aber Liesel würde niemals die neue Liebe ihres Lebens beim Schlafen stören, weil sie so süß und friedlich aussah.
Godrich lag wie ein Bleiklumpen auf ihren Füßen. Er hatte von Eric eine riesige Portion Hühnerfleisch bekommen, die übrig geblieben war. Jetzt konnte sie an den Zehen spüren, wie sein Magen protestierend bei dem Versuch grollte, das Ganze zu verdauen.
Am Empfang war es ruhig und still. Nur gelegentlich hörte man lautes Gelächter aus der Bar. Dort ließen sich die Hausgäste von Ed unterhalten, der ihnen eine lange Geschichte über die Kartoffeln in Cornwall erzählte, über die sie alle schon seit zehn Minuten immer wieder lachten. Selbst
Marilyn, die Arbeitsame, hockte wie gebannt auf ihrem Barhocker.
Bei einem erneuten fröhlichen Auflachen blickte Liesel hoch und verfluchte sich für ihre furchtbar schlechte Laune.
Eigentlich brauchte sie das hier nicht zu tun, sie konnte bei den anderen sitzen, mit Marilyn eine Flasche trockenen Weißwein trinken und ebenfalls Spaß haben, doch in Wirklichkeit war Arbeit das Einzige, was sie in den letzten beiden Stunden vergessen ließ, dass es neun Uhr war, schon dunkel wurde und es schien, als hätte Tom sie versetzt. Nun, eigentlich nicht sie, sondern Ruby. Schließlich kam er ja nicht sie besuchen, sondern den Hund. Bislang hatte er sich allerdings bei keinem von ihnen sehen lassen.
Liesel hämmerte eine neue Adresse so fest in die Tasten, dass der Computer erst einmal einfror, um sich über eine solche Behandlung zu beschweren.
»Oh, du blödes, dummes, albernes, doofes Ding!«, knurrte sie unendlich frustriert. Dann wurde ihr Rücken vor Enttäuschung ganz schwach, so dass sie über der Tastatur zusammenbrach, was Ruby sehr erschreckte.
»Schlechter Tag heute?«
Ausgerechnet jetzt! Als sie aufblickte, stand Tom vor dem Empfang und sah auf sie herab. Sein Lächeln war eine Mischung aus Belustigung und Sorge.
Ruby, die unter Liesels Busen eingeklemmt war, jammerte kläglich auf, und als Liesel sich verlegen kerzengerade aufrichtete, stellte sich der kleine Hund auf die Hinterbeine und begann, ihr heftig das Kinn abzulecken, ehe er auf die lange Holztheke des Empfangs sprang und Tom die gleiche Zuneigung zeigte.
»Scheint sich gut eingelebt zu haben.« Lächelnd setzte er
den Hund sanft zu Boden, damit er auf der von Lorraine auf Hochglanz polierten Fläche nicht ausrutschte. »Es tut mir leid, dass ich erst so spät komme, aber ich wurde bei der Pferdezucht in Cubert aufgehalten. Eine Stute hatte eine Kolik. Ich wollte Sie vom Auto aus anrufen, um zu fragen, ob ich trotzdem kommen soll. Aber da war mein Akku leer.«
Liesel schluckte und konnte sich gerade eben noch beherrschen, sich nicht rechts und links zu ohrfeigen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Dann erst fiel ihr auf, dass Tom nicht bloß vor ihr stand, sondern auch so aussah wie für ein Historiendrama zurechtgemacht. Er trug schlammbespritzte Stiefel und Reithosen und roch nach Pferd - dieser wunderbar pfeffrige, frische, erdige Geruch! Sie schauderte vor Lust. Mr. Darcy aus »Stolz und Vorurteil« und sein arrogantes, kaltes Herz waren vergessen. Das einzige historische Drama, das Liesel bisher erlebt hatte, war, als Seth sie sitzen gelassen hatte und sie mit ihrer Periode spät dran war. Seth war bis dahin ihre längste Beziehung gewesen. Sexy Seth. Er war der bestaussehende Mann, mit dem sie sich je auszugehen getraut hatte.
Aber so gut wie Tom hatte er nie ausgesehen.
Tom hatte sogar im Gesicht einen Schlammspritzer und Stroh im Haar, und seine Wachsjacke war von grünbraunen Tupfen von Gott weiß was verschmutzt, aber er roch so gut und sah auf eine wunderbare Naturburschen-Art gesund und natürlich aus.
Ich finde ihn keineswegs attraktiv, ermahnte sich Liesel streng.
Lügnerin!, rief es zurück.
»Haben Sie immer noch Lust?« Tom sah sie stirnrunzelnd an. Sie sah vermutlich nicht gerade freundlich aus und hatte
seit seiner Ankunft kein einziges Wort gesagt, nicht einmal Hallo.
»Wenn Sie sicher sind...«, brachte sie heraus und bemühte sich zu lächeln.
Tom sah müde aus. Er hatte liladunkle Schatten unter den Augen, die heute einen Moment lang aussahen wie ein düsteres Meer.
»Ich bin hierher gezogen, weil ich das Meer so sehr liebe, aber ich habe kaum jemals Gelegenheit, an den Strand zu gehen. Daher, muss ich gestehen, freue ich mich darauf«
»Selbst im Dunkeln?«
»Es sieht nur von hier dunkel aus. Kommen Sie mit.« Er hielt ihr eine Hand hin, und
Weitere Kostenlose Bücher