Verliebt in den Chef?
zum letzten Mal einen so entspannten Abend mit einer Frau verlebt hatte. Ella hatte es offensichtlich auch gefallen, aber es hätte ihn auch überrascht, wenn es anders gewesen wäre. Seit dem Tag, an dem er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war ihm klar gewesen, dass es nicht viel brauchte, um sie glücklich zu machen. Er bewunderte sie aufrichtig dafür, dass sie sich so viele Jahre um ihre kranke Mutter gekümmert hatte. Das war bestimmt nicht leicht gewesen.
Tristan war im Begriff, einen edlen Scotch einzuschenken, als Josh seine Krawatte glatt strich. „Wo wir gerade darüber sprechen, Grace in die Familie aufzunehmen … ich habe noch einen Grund für meinen Besuch.“
Tristan verharrte. „Was gibt’s?“
„Samstagnachmittag ist ein Familientreffen geplant, und ich möchte, dass du kommst.“
„Lass mich raten“, meinte Tristan stirnrunzelnd und reichte Josh das Glas. „Cade ist auch dabei, richtig?“
„Cade und ich arbeiten nicht nur zusammen, er ist auch unser Bruder.“
„Leider“, murmelte Tristan, bevor er einen Schluck nahm.
Josh atmete tief aus. „Ihr könnt euch nicht ewig streiten.“
Tristan ging zu dem hohen Fenster, von dem aus man einen wundervollen Blick auf Sydneys berühmtes Opernhaus hatte. Geblendet von dem Sonnenschein kniff Tristan die Augen zusammen und nahm einen weiteren Schluck. „Du bist zu jung, um das zu verstehen“, stieß er gepresst hervor.
„Ich bin achtundzwanzig und weiß genau, dass Mum sich im Grabe umdrehen würde, wenn sie von eurem Zerwürfnis wüsste. Ihr müsst darüber wegkommen und mit eurem Leben weitermachen.“
„Und was Cade mir angetan hat, zählt nicht?“, fragte Tristan sarkastisch. Wenn Josh auch nur die Hälfte wüsste …
„Du spielst wohl darauf an, dass der Vorstand nach Dads Tod nur Cade zum Vorsitzenden gewählt hat? Aber er hat mehr als einmal angeboten, das Amt mit dir zu teilen.“
Ja, das hatte er – unter der Bedingung, dass Tristan jeder von Cades Entscheidungen hätte zustimmen müssen. Tristans Meinung nach war sein Bruder hoffnungslos ichbezogen und selbstsüchtig. Er drehte sich zu Josh um. „Es war für alle das Beste, dass ich abgelehnt habe. Es hätte nie funktioniert.“
Cade und er hatten gemeinsam das Familienunternehmen geleitet, eine große südwestpazifische Hotelkette. Letztes Jahr, zu seinem siebenundzwanzigsten Geburtstag, war auch Josh in den Vorstand von Barkley Hotels aufgenommen worden. Wenn es nur Tristan und sein jüngerer Bruder gewesen wären, hätte es keine Probleme gegeben, denn sie gingen durch dick und dünn. Was aber Cade betraf … Tristan sah durch Josh hindurch und stellte sich seinen ärgsten Widersacher vor. „Er und ich, wir werden uns nie einig sein“, grollte er. Als ältester Bruder hatte Cade immer die Erfolge eingeheimst und von Tristan erwartet, zu allem Ja und Amen zu sagen.
„Ich erinnere mich“, sagte Josh. „Wir haben rote Zahlen geschrieben, und ihr beide konntet euch nicht darüber einigen, was zu tun sei. Du hast vorgeschlagen, die älteren Hotels zu renovieren und dafür einen Kredit aufzunehmen. Cade hat gemeint, dass die Firma sich das nicht leisten könnte, und der Vorstand hat ihm zugestimmt.“
„Trotzdem hat er das Geld gehabt, mich auszuzahlen“, sagte Tristan, ohne die Miene zu verziehen.
„Hast du ihm das nicht selbst vorgeschlagen?“
„Ja, und es war die beste Entscheidung meines Lebens.“ Tristan hatte damals die Situation sorgfältig geprüft und die Meinung vertreten, dass die Aufnahme eines Kredites für die Sanierungsmaßnahmen Erfolg versprechend sei. Aber Cade hatte ja wieder einmal Gott spielen müssen. Er leerte sein Glas und setzte es so heftig auf dem Schreibtisch ab, dass es wie ein Richterhammer klang. Er war aus Barkley Hotels ausgestiegen, um ein eigenes Unternehmen zu gründen. Er hatte sich auf die Erschließung von Grundstücken spezialisiert und musste endlich seinem Bruder nicht mehr klein beigeben. Das Projekt, an dem er im Augenblick arbeitete, versprach das größte und erfolgreichste seiner Karriere zu werden – vorausgesetzt, Bürgermeister Rufus stimmte der Nutzungsänderung in den Bebauungsplänen zu. Das erinnerte Tristan an den zweiten Grund, warum er nicht mehr mit Cade sprach – sein Bruder war mit Bindy Rufus ins Bett gesprungen, als sie eigentlich noch mit Tristan ausgegangen war. Nur einige Minuten bevor Bindy bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, hatte sie Tristan davon erzählt. Das war wie ein
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