Verliebt in den Feind?
das nicht diskutieren. Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten, bis Rafael gezahlt hatte. Dann sagte sie: „Ich möchte gehen.“
Rafael blickte sie fragend an. Ohne Zweifel hatte er den kühlen Tonfall ihrer Stimme bemerkt. Caitlyns Anspannung war zurückgekehrt – und schlimmer als je zuvor. Solange sie geglaubt hatte, den Abend hier jederzeit beenden zu können, war alles in Ordnung gewesen. Aber nun …
Auf der Tanzfläche hatten ihre Gefühle sie überwältigt. Umso wichtig war es für sie gewesen, zu zahlen und gehen zu können, wann sie wollte. Dieser Möglichkeit hatte er sie jetzt beraubt. Jetzt wollte Caitlyn schnellstens nach Hause.
Rafael folgte ihr, als sie eilig das Lokal verließ. Vor der Tür atmete sie die herrlich frische Meeresluft tief ein.
„Was ist denn los?“
„Nichts.“ Wie sollte sie ihm erklären, dass es ihr Angst machte, sich so intensiv zu einem Mann hingezogen zu fühlen?
„Wollen wir ein Stück spazieren gehen?“, fragte er.
Vielleicht würde sie sich dabei etwas beruhigen. Sie nickte.
Der Strand war menschenleer, und sie fragte sich, ob der Spaziergang wirklich so eine gute Idee war. Leise plätscherten die Wellen. Eine kühle Brise strich über Caitlyns Arme.
„Möchtest du meine Jacke?“
Nein. Dazu fühlte sie sich viel zu erhitzt. „Es ist warm genug hier.“
„Aber der Wind?“
„Stört mich nicht.“ Seine Jacke zu tragen, die nach ihm roch, hätte die kühnsten Wünsche in ihr erweckt. Wünsche, mit denen sie nicht umgehen konnte … Sie wandte sich um und ging auf einen beleuchteten Brunnen im Art-déco-Stil zu.
„Schau mal“, sagte sie, als ob sie ihn absichtlich hierher geführt hätte.
Eine Zeit lang betrachteten sie schweigend die wechselnden Farben, und Caitlyn bekam ihre Gefühle wieder besser in den Griff. „Zauberhaft, nicht wahr?“, fragte sie.
„Ganz zauberhaft.“ Doch dabei sah er sie an.
Wieder ein Rückschlag für ihre Selbstbeherrschung. Caitlyn konnte nicht verhindern, dass sie erbebte.
Als Rafael den Wagen in den Hof vor den Stallungen fuhr, überlegte Caitlyn fieberhaft: Sollte sie ihm erlauben, sie zu küssen? Oder sogar zu streicheln? Aber würde er auch wirklich aufhören, wenn sie ihn darum bat?
In wenigen Tagen würde er abreisen, doch das bereitete ihr das wenigste Kopfzerbrechen. Wichtiger schien ihr die Frage, ob sie die intensiven Gefühle, die er bei ihr auslöste, auch aushalten konnte. Denn sie hatte genug von ihrem Dasein als Mauerblümchen. Irgendwann musste sie wieder anfangen zu leben. Warum nicht heute Nacht?
„Sollen wir noch einen Kaffee trinken?“, fragte sie mutig.
„Nein danke. Ich glaube, ich sollte lieber gehen.“
Das konnte sie nicht zulassen. Vielleicht würde sie sich nie wieder trauen, ihn zu sich einzuladen. „Vielleicht einen Schlummertrunk?“
Er schwieg und überlegte. „Ja“, sagte er schließlich. „Warum nicht?“ Und leicht spöttisch fügte er hinzu: „Wie wäre es mit einem Sherry?“
„Habe ich nicht.“ Nur nicht die leidige Angelegenheit wieder aufwärmen. „Aber ich kann dir ein Glas Eiswein anbieten.“
Während er die Außentreppe hochstieg, sagte er: „Gern, ich habe bisher noch nie welchen getrunken.“
Caitlyn schloss die Tür auf und ging voraus. „Du wirst nicht enttäuscht sein.“
Interessiert sah er sich in ihrem Wohnzimmer um: weiß getünchte Wände, dunkle Deckenbalken, Holzfußboden, weiche Teppiche. Alles sehr geschmackvoll. „Schön hast du es hier.“
„Der Mensch braucht ein Zuhause“, rief sie ihm aus der Küche zu.
Mit zwei schlanken Gläsern und einer Flasche kanadischen Eisweins kam sie zurück. Für die Eisweinherstellung werden die Reben oft erst mitten im Winter gelesen, auf jeden Fall in durchgefrorenem Zustand.
„Am Tag habe ich von hier aus eine herrliche Aussicht über die Weingärten“, sagte Caitlyn, während sie einschenkte. „Setz dich doch.“
Nachdem er noch ein wenig umhergegangen war, nahm Rafael auf dem Sofa Platz. Caitlyn reichte ihm sein Glas, und er probierte. „Süß, aber dennoch von frischer Säure.“
Eine wirklich kurze fachmännische Beschreibung. Sie lachte. „Fantastisch, nicht wahr?“
„Ja …“ Während er ihr tief in die Augen sah, fügte er hinzu: „Aber nicht übertrieben süß. Und ohne jeden unangenehmen Beigeschmack.“
Caitlyn überlegte, ob er wirklich vom Wein sprach … Sie setzte sich auf einen Hocker und sagte: „Hier auf Saxon’s Folly nehmen wir dafür Chardonnaytrauben.
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