Verliebt in den Feind?
sollte.
„Sie können ja nichts dafür.“
Und doch fühlte er sich schuldig, was Kay Saxons Situation betraf. „Ich hätte nicht herkommen sollen.“
„Doch“, widersprach sie und warf das Tuch auf die Theke. „Sonst hätten meine Kinder Sie nicht kennenlernen können.“
„Aber Sie hätten nie …“ Er scheute sich, den Ehebruch beim Namen zu nennen.
„… die Wahrheit erfahren.“ Kay kam um den Tresen herum und klopfte Rafael auf die Schulter. „Die Wahrheit ist nichts Verwerfliches, Rafael. Was sagen Sie, wollen wir uns duzen?“ Als Rafael nickte, fuhr sie fort: „Vor einiger Zeit haben Phillip und ich Alyssa belogen. Mit der Folge, dass sie niemals ihren leiblichen Bruder Roland kennenlernen konnte.“
Unruhig trat Caitlyn von einem Fuß auf den anderen. Ihre Augen wirkten dunkler als sonst, und Rafaels Befürchtung, dass sie ihn vielleicht nicht sehen wollte, schwand.
„Beinah hätte diese Lüge Alyssa und Joshua auseinandergebracht“, erzählte Kay weiter. „Schließlich mussten wie ihnen die Wahrheit sagen. Unseren Kindern und natürlich Alyssa selbst, was noch viel schwerer war.“ Sie atmete tief ein. „Ich möchte auf keinen Fall, dass du mit meinen Kindern etwas Ähnliches erlebst. Ihr habt ein Recht darauf, euch kennenzulernen.“
Voll ehrlicher Bewunderung für ihre Offenheit, antwortete Rafael: „Du bist wirklich sehr selbstlos!“ Dabei wagte er nicht, zuzugeben, dass er nicht in erster Linie wegen seiner Geschwister hergekommen war. Zwischen Heath und ihm schwelte sogar so viel Aggression, dass es schon fast zu einer Rauferei gekommen wäre … Umso beschämender erschien ihm jetzt Kays Großzügigkeit.
„Es hat eine Weile gedauert, bis ich zu dieser Einsicht gekommen bin.“ Sie lachte. „Aber so ist es für dich und meine Kinder am besten.“
Sie sprach von ihren Kindern und ihm in einem Atemzug – und das, obwohl sein Auftauchen ihr ganzes bisheriges Leben infrage gestellt hatte. Und er hatte an nichts anderes denken können als daran, sich an seinem Vater zu rächen. Nun erst merkte Rafael, wie sehr er von diesem Gedanken besessen gewesen war.
Vielleicht hatte Caitlyn ja doch recht, und es gab eine Möglichkeit zur Versöhnung …?
Kay sprach weiter: „Phillip hat mich und deine Mutter betrogen. Jahrelang ist das ohne Konsequenzen für ihn geblieben. Seit du hier bist, ist mir klar geworden, dass unsere Ehe schon vorher nicht so gut gewesen ist, wie ich mir vorgemacht hatte.“
„Was meinst du damit?“, fragte Caitlyn.
„Bei unserer Heirat waren wir jung, verliebt und glücklich – und hatten einen Traum: Hier in Hawke’s Bay wollten wir Spitzenweine von Weltrang produzieren und einen Stall voll Kinder großziehen. Doch dann wurde ich nicht schwanger … und dadurch depressiv. Phillip kümmerte sich allein um alles, was mit dem Weingut zusammenhing. Schließlich schlug er vor, ein Kind zu adoptieren. Erst war ich dagegen, doch langsam … vielleicht zu langsam“, sie warf Rafael einen vielsagenden Blick zu, „… gefiel mir der Gedanke. Sobald ich Roland zum ersten Mal im Arm hielt, war er für mich wie ein eigenes Kind.“
Mit leerem Blick fuhr sie fort: „Phillip warf mir vor, dass sich alles nur um das Baby drehte und dass er sich ausgeschlossen fühlte. Ich habe ihn nicht ernst genommen, er hatte ja schließlich das Gut, um das er sich kümmern musste … Dann geschah ein Wunder: Ich wurde schwanger! Plötzlich hatte ich zwei kleine Kinder, denen ich meine Zeit widmete. Vielleicht habe ich Phillip tatsächlich vernachlässigt. Trotzdem finde ich unentschuldbar, dass er …“
„Mich in die Welt gesetzt hat?“
Sie schüttelte den Kopf. „Mit dir persönlich hat das nichts zu tun. Aber seine Untreue kann ich ihm einfach nicht verzeihen.“
„Aber du wirst doch keine überstürzte Entscheidung treffen?“, fragte Caitlyn entsetzt.
„Ich brauche etwas Abstand“, erklärte Kay. „Aber keine Angst, ich werde mir gut überlegen, ob ich die Scheidung einreiche.“
„Oh Kay, das wäre schrecklich! Hoffentlich kommt es nicht so weit“, sagte Caitlyn herzlich und umarmte sie. „Und bleib nicht zu lang in Australien.“
Rafael sagte die Worte, die seine Mutter ihm vor seiner Abreise mit auf den Weg gegeben hatte: „Vaya con Dios.“ Geh mit Gott.
„Danke für eure guten Wünsche.“ Kay zwang sich, tapfer zu lächeln. „Aber reden wir nicht immer von meinen Problemen. Rafael, was hast du als Nächstes vor?“
„Morgen werde ich Napier
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