Verliebt in eine Gottin
sie ärgerlich und ging hinter Sam her. Ihr Herz klopfte heftig. Daran war nicht nur der Schreck schuld. Es klopft mir bis zum Hals, mein Herz klopft mir bis zum Hals, wenn ich ihn nur ansehe, und das muss aufhören .
»Womit aufhören?«, fragte Sam und fiel neben ihr in Gleichschritt, ein Beschützer in der Dunkelheit. Wolfie tappte neben ihnen her.
»Plötzlich aus dem Nichts zu kommen«, erwiderte Shar. Nicht dieses Verb, Shar, nicht dieses Verb .
Sam und Wolfie blieben stehen, sie aber ging weiter.
»Das ist einfach gruselig«, fuhr sie fort, und Sam machte » Schhhh «.
Sie wandte sich um und sah, dass er den Kopf gehoben hatte, so wie Wolfie immer den Kopf hob, wenn er lauschte. Sie lauschte ebenfalls, hörte aber nichts, abgesehen von Gelächter, das aus der Ferne schwach zu ihnen drang, und den leisen Nachtgeräuschen. »Was denn?«, fragte sie, aber Sam hatte bereits kehrtgemacht und marschierte die Allee hinunter, Wolfie dicht auf den Fersen, vorbei an dem Hinterhof von Abbys Kaffeehaus, und sie folgte ihm, bis er vor einer großen, geschlossenen Mülltonne anhielt.
»Da drin«, sagte Wolfie, und Sam nickte und hob den Deckel mit einer Hand an, um hineinzusehen.
»Was ist da drin?«, fragte sie Wolfie, da griff Sam in die Mülltonne hinein und zog eine Einkaufstüte aus Plastik hervor, in der sich … etwas bewegte. Shar wich zurück, und Sam ließ den Deckel fahren, öffnete vorsichtig die Plastiktüte und griff hinein.
»Hilfe«, winselte eine schwache Stimme, und Shar trat näher, als Sam ein kleines, rotbraunes Hündchen mit langen Hängeohren aus der Einkaufstüte zog. Ohne nachzudenken, streckte sie die Arme aus, nahm ihm das Hündchen ab und begann, es tröstend in ihren Armen zu wiegen.
»Ist ja schon gut«, murmelte sie mit bebender Stimme und streichelte das kleine Kerlchen. »Ist ja schon gut. Jetzt ist alles in Ordnung.«
»WER HAT DAS GETAN?«, fragte Sam, und sie blickte mit Tränen in den Augen auf, Tränen des Mitleids und der Wut zugleich.
»Irgendein Student«, erwiderte sie. »Sie bekommen Hundewelpen oder Kätzchen geschenkt, und wenn das Studienjahr
vorbei ist, wollen sie sie nicht mitnehmen. Manchmal bringen sie sie ins Tierheim, und manchmal setzen sie sie einfach aus. Das ist schon schlimm genug. Aber so etwas …« Sie blickte auf den wimmernden Hund in ihren Armen, dessen dunkle Augen flehend auf sie gerichtet waren. »Keine Angst, bald geht es dir wieder gut«, versprach sie und streichelte und drückte ihn an sich. »Jetzt bist du in Sicherheit. Ich nehme dich mit zu mir nach Hause.«
»ICH WERDE DEN, DER DAS GETAN HAT, ZUR RECHENSCHAFT ZIEHEN«, erklärte Sam.
»Nein, bestimmt nicht«, entgegnete Shar. »Wer immer es auch war, er ist fort. Jetzt braucht dieser kleine Kerl erst einmal etwas Futter. Kommt schon.«
»Futter«, winselte der Welpe, und Shar drückte ihn an sich und tröstete ihn auf dem gesamten Heimweg, während Sam wachsam an ihrer Seite ausschritt und Wolfie auf der anderen Seite neben ihr einhertrippelte und immer wieder hinaufbellte: »Jetzt ist alles gut! Alles in Ordnung!«, bis Shar ihm schließlich befahl zu schweigen.
Zuhause angelangt, setzte Shar den Kleinen vor Wolfies gefüllten Futternapf und die Wasserschüssel, und er machte sich darüber her, während sie ihn tastend von Kopf bis Fuß nach Verletzungen absuchte. Die Rippen standen stärker hervor, als sie sollten, sonst aber war er in Ordnung.
»Es ist ein Dackel«, erklärte sie Sam, während der Kleine das Futter so hastig in sich hineinschlang, dass er fast daran erstickte. »Ungefähr ein Jahr alt. Sieh nur, sein Brustbein steht noch hervor. Er ist noch mitten im Wachstum.«
»Der haut aber rein«, bemerkte Wolfie, während er zusah, wie sein Futter verschwand.
»Wir haben genug Futter im Haus«, beruhigte Shar ihn, aber nach ein paar Minuten schob sie den Welpen von dem Futternapf weg, damit er nicht Gefahr lief zu platzen. »Du bekommst später noch mehr«, erklärte sie ihm und nahm ihn wieder in die
Arme. »Es ist immer genug Futter hier, wirklich.« Sie klopfte ihm sanft den Rücken, und er machte Bäuerchen wie ein kleines Kind und seufzte dann leise. »Wie heißt du, Kleiner?«
»Milton«, antwortete der Welpe.
»Da haben wir den ersten Hinweis«, meinte Shar zu Sam, während sie das Hündchen noch immer klopfte. »Sein Besitzer studiert wahrscheinlich Anglistik im höheren Semester.«
»Aber warum tut jemand so etwas?«, fragte Sam, und sie blickte auf und erkannte
Weitere Kostenlose Bücher