Verliebt in einen Fremden
zwischen dem dunklen Grün und den Pastelltönen waren so aufeinander abgestimmt, dass sie geschmackvoll miteinander harmonierten.
Der flüchtige Betrachter sah nur einen stilvoll gestalteten Raum. Aber selbst wenn Zack die Resultate ihrer intensiven Bemühungen bemerkt hätte, so erwähnte er diese mit keinem Wort.
Soweit möglich, war sie dem klassischen Südstaatenstil treu geblieben. Für den Salon wählte sie ein Seidenblumengesteck aus Hartriegelblüten, das Büfett in der Eingangshalle verschönerte eine hohe Kristallvase mit getrockneten Baumwollstängeln, bei deren Arrangement sie gegen die aufsteigenden Tränen ankämpfen musste. Inzwischen liebte sie dieses Haus, und der Gedanke, es wieder verlassen zu müssen, war schmerzvoll. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, denn wenn die Renovierung abgeschlossen und Rayburn wieder fit wäre, würde er zwangsläufig von ihren und Zacks Trennungsplänen erfahren.
Jeder Auftrag, den sie bisher angenommen hatte, war für sie reine Routine, ein Projekt wie jedes andere gewesen. Ganz egal, wie zufrieden sie mit dem Endergebnis war oder ob der Kunde ihren Geschmack mit ihr teilte, sie freute sich nach Fertigstellung jedes Mal auf die nächste Herausforderung. Wieso hing sie dann so an Bridal Wreath? Hatte es etwa damit zu tun, dass sie den Besitzer liebte?
Sie spähte durch das Hauptportal in den Park. Zack hatte sie überraschen wollen und Gärtner bestellt, die Bäume und Sträucher gestutzt hatten. Die Blumenbeete waren gejätet, neue Pflanzen eingesetzt. Im Frühling würde der Vorgarten genauso hübsch und gepflegt aussehen wie der von Rayburn betreute hintere Teil. Als Camille vor Monaten in Bridal Wreath angekommen war, hatte das Anwesen heruntergekommen und vernachlässigt gewirkt. Davon war jetzt nichts mehr zu spüren. Seufzend fragte sie sich, ob in diesem wunderschönen Park jemals fröhliche, lachende Kinder spielen würden.
Sie hätte sich so gewünscht, dass es mit ihr und Zack anders gelaufen wäre. Wie schön wäre es, wenn sie glücklich in diesem fantastischen Haus lebten und eine Familie gründen könnten, die die Traditionen fortführte. Aber es sollte eben nicht sein.
Das Zusammenleben mit Zack war wie das mit einem Fremden. Wenn sie einander zufällig ansahen, war sein Blick kalt, abweisend, arrogant. Jedes Mal, wenn er von seinem Schlafraum ins Badezimmer ging, schloss er die Tür hinter sich ab. Sie hörte das Wasserrauschen und stellte sich vor, wie er vor dem Marmorbecken stand und sich rasierte, das Duschtuch lässig um seine Hüften geknotet. Sie hatte keine Ahnung, ob er ihr Make-up, ihre Lockenwickler und die anderen typisch weiblichen Accessoires in seinem Bad überhaupt wahrnahm â er erwähnte sie jedenfalls mit keinem Wort. Nur einmal, als sie in der Badewanne saÃ, hörte sie, wie er von auÃen versuchte, die Tür zu öffnen. Selbst als er merkte, dass sie abgeschlossen war, gab er keinen Muckser von sich. Sie vernahm die sich entfernenden Schritte, und er versuchte sich auch nicht wieder an der Tür, solange sie im Bad herumplätscherte.
Die Anspannung im Haus war nahezu greifbar, aber das Schlimmste waren ihre Krankenhausbesuche bei Rayburn. Camille und Zack fuhren gemeinsam hin, für gewöhnlich schwiegen sie die gesamte Strecke über. Sobald sie die Klinik erreichten, setzten sie gut gelaunte Mienen auf, wie die Darsteller in einem antiken Theaterstück ihre Masken. Stillschweigend akzeptierten sie ihre Rollen, indem sie den AuÃenstehenden das Bild eines glücklichen Ehepaares vorspielten. Sie hatten nie über ihr Versteckspiel gesprochen, zumal beiden klar war, dass Rayburn, um wieder ganz gesund zu werden, keine Aufregung haben durfte.
Gegen Mitte November erzählte Dr. Daniels ihnen, dass
sein Patient Ende der Woche aus der Klinik entlassen werde. Ab da hatte Rayburns Heimkehr nach Bridal Wreath für alle absoluten Vorrang. Selbst Zack verzichtete auf seine täglichen Fahrten zur Plantage und beteiligte sich an den Vorbereitungen. Zusammen mit Simon schleppte er Pflanzen in das künftige Apartment seines Vaters, bis er irgendwann stöhnte, dass sie am besten gleich eine Baumschule eröffneten und damit ihr Geld verdienten. Dearly arbeitete nach Dr. Danielsâ strengem Diätplan die Mahlzeiten für Rayburn aus. Sie zerbrach sich den Kopf, wie man dem Patienten
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