Verliebt in einen Fremden
waren, lieà sich die angestaute Aggression kaum verhehlen, die sich wie eine undurchdringliche Wand zwischen ihnen aufbaute.
Als er beim Abendessen ankündigte, dass er noch ausgehen werde, setzte ihr schier das Herz aus. Mochte er sich bei Rayburn auch halbherzig mit einem Pokerspiel mit Freunden herausreden, so war Camille doch nicht völlig weltfremd. Es war viel eher wahrscheinlich, dass er sich mit Erica traf. War es ihr erstes Treffen seit der Szene im Restaurant am Tag ihrer Hochzeit, oder nur das erste, wovon Camille erfuhr? Wäre sie überhaupt misstrauisch geworden, wenn sie nicht mitbekommen hätte, dass er am Morgen mit Erica telefoniert hatte? Camille fand es jedenfalls merkwürdig, dass Erica riskierte, bei Zack zu Hause anzurufen. Es wäre doch unverfänglicher gewesen, wenn er sich bei ihr gemeldet hätte, oder? Hatte die Frau überhaupt keinen Stolz? Anscheinend war sie sich hundertprozentig sicher, dass Zack sie liebte.
Zack blieb bis zum frühen Morgen weg. Camille fand erst Schlaf, als sie hörte, wie er die Treppe hochkam und in sein Zimmer ging.
Von da an war er fast jeden Tag unterwegs. Camille bekam ihn gelegentlich morgens kurz zu Gesicht, bevor er das Haus verlieÃ. Manchmal sah sie ihn aber auch erst abends, wenn er zwischendurch zum Essen hereinschneite. Rayburn gegenüber versuchten sie zwar eine glückliche Fassade aufrechtzuerhalten, trotzdem fragte sie sich im Stillen, ob der alte Mann nicht doch etwas merkte.
Es war ihr ein Rätsel, warum Zack sie im Bad angemacht
hatte. Zweifellos konnte er sie nicht ausstehen, wieso dann diese Annäherungsversuche? Ein Blick in Rayburns erwartungsvolles Gesicht, und sie hatte die Antwort. Ihr Schwiegervater drängte auf einen Erben für Bridal Wreath. Wollte Zack nur mit ihr schlafen, damit er seinem Vater endlich das heià ersehnte Enkelkind präsentieren konnte? Tja, vermutlich war das seine einzige Motivation, seufzte sie frustriert.
Camille verbrachte die meiste Zeit mit Rayburn. Sie kümmerten sich gemeinsam um seine Pflanzen, machten kleine Spaziergänge durch das Erdgeschoss des Hauses, während sie ihm die letzten Phasen der Umgestaltung erläuterte. Wenn seine Kräfte und das Wetter es erlaubten, schlenderten sie auch manchmal drauÃen über die Terrasse.
Leider spielte das Wetter nicht allzu häufig mit. Der vorangegangene Monat war unangenehm feucht und trüb gewesen. Es hatte beinahe täglich geregnet, selbst an den wenigen trockenen Tagen hatte die dunkle Wolkendecke bedrohlich tief gehangen und nicht aufreiÃen wollen. Camilles Stimmung wurde immer gedrückter, wenn sie drauÃen den Nebel sah und den strömenden Regen, der unablässig vor die Fenster klatschte. Wann war diese heillose Geschichte endlich vorbei?
Was sie noch mehr bedrückte war der Umstand, dass Zack inzwischen fast jeden Abend ausging. Für gewöhnlich kam er zum Abendessen und blieb, bis Rayburn sich in seine Räumlichkeiten zurückzog. Camille hegte absolut keinen Zweifel daran, wohin ihn diese nächtlichen Ausflüge führten â nämlich geradewegs in die Arme von Erica Hazelett.
Vergebens versuchte sie, sich selbst moralisch und mental aufzubauen â es klappte nicht. Ihr Spiegelbild zeigte ihr schonungslos offen, wie blass und ausgezehrt sie aussah.
Ihre Augen waren öfter rot und verquollen vom Weinen und von zu wenig Schlaf.
An einem dieser verregneten, kalten, scheuÃlichen Tage saà sie mit Rayburn in dessen Wintergarten. Sie schauten sich Fotos in einem Album an, das er mit Camilles Unterstützung neu sortieren wollte. Sie betrachtete die Fotos von Zack, wie er als Kind, als Jugendlicher und als Student ausgesehen hatte. Er grinste ihr in Basketballshorts, im Trainingsanzug, in Baseballuniform und einmal sogar aus einem Footballhelm heraus entgegen. Gab es eigentlich nichts, wo er sich nicht getummelt hatte? Auf den Abschlussballfotos hing ein Mädchen in pinkfarbenem Seidentaft an seinem Arm. War sie diejenige, die er geliebt hatte? Die, die ihn so tief verletzt hatte und über die er in Snow Bird hinwegkommen wollte? Waren sie jahrelang miteinander gegangen, bis sie sich als Erwachsene dann doch entschlossen hatte, einen anderen Mann zu heiraten?
Auf der Highschool-Abschlussfeier war Zack ernst, mit Hut und Anzug abgelichtet, und dann wieder als strahlender Universitätsabsolvent, einen Arm freundschaftlich um die Schultern seines
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