Verliebt in einen Gentleman
ich nie für möglich gehalten, wenn jemand es mir erzählt hätte.
Ich blicke auf ein WC, ein kleines Handwaschbecken und eine Badewanne.
Zaghaft frage ich: „Eine Dusche habt ihr nicht?“
Abby sieht mich an, als wäre ich ein Marsmensch.
Sie runzelt ihre Stirn und sagt: „Dusche? Nein. Wir baden immer einmal die Woche.“ Dann fällt ihr aber etwas ein. „Wenn du duschen möchtest, kannst du den hier verwenden.“
Sie bückt sich und zieht aus einem Schrank unter den Waschbecken einen Schlauch heraus, an dessen einem Ende ein Gumminapf ist, den man auf den Hahn der Badewanne schieben kann. Am anderen Ende ist etwas, das wie der Aufsatz einer Gießkanne aussieht.
Oh je! Ich seufze. Ich merke, hier kommen interessante, aber auch harte Zeiten auf mich zu.
Auch, weil das Haus keine Zentralheizung hat.
Abby erläutert: „Wir halten uns im Winter hauptsächlich im Wohnzimmer und in der Küche auf. Glen macht am Morgen den Ölofen hier an.“ Sie klopft auf ein Gerät, das entfernt an einen Heizkörper erinnert. „Dann ist es hier im Bad richtig mollig warm.“
Mit bebendem Herzen folge ich ihr jetzt in mein Schlafzimmer.
Darin steht eine Kommode mit Schubladen. In der Mitte des Raums steht ein gewaltiges Doppelbett, auf dem ein Bettüberwurf, eindeutig aus 100% Polyester, liegt. Er hat einen gerüschten Rand und ist mit garstigen pinken Rosen bedruckt. Zwei Nachtkästen rechts und links vom Bett. Ein Stuhl.
Mit heißer Sehnsucht denke ich an das große, äußerst geschmackvoll eingerichtete Gästezimmer der Seafields zurück.
Aber ich will die große und gutmütige Frau nicht kränken und sage schlapp: „Sehr hübsch. Ich glaube, hier werde ich mich wohlfühlen.“
Sie schenkt mir zum Dank ein breites Lächeln, sagt mir, dass es um 18 Uhr „Supper“ gibt und verschwindet wieder nach unten.
Ich setzte mich auf das Polyesterbett und sehe mich verzweifelt um. Wo bin ich hier nur hingeraten? Was mach ich jetzt? Soll ich gleich morgen nach einem neuen Zimmer suchen? Auf einmal überfällt mich zum ersten Mal seit meiner Anreise hier in Gatingstone ein tiefes Heimweh.
Obwohl mir das Quartier überhaupt nicht behagt, packe ich bis zum Abendbrot meine Koffer aus und verstaue meine Kleider in der Kommode. Meine Examenslektüre stapele ich oben drauf. Auf den rechten Nachttisch stelle ich meinen kleinen elektronischen Reisewecker, der die Eigenschaft hat, mit seinem gleichmäßigen und sanften Ticken mich in den Schlaf zu lullen.
Ich will erst mal so tun, als ob ich hier bleiben wolle. Man muss die Alten ja nicht gleich kränken.
Als Abby zum Essen ruft, habe ich mich schon tief in eins meiner Bücher hineingelesen, allerdings im meinen wärmsten Pulli gehüllt, denn es ist eisig kalt. Wenn ich ausatme, kann ich eine kleine Dampfwolke sehen.
Ich lege mein Buch weg und eile die knarrende Treppe hinunter. Links ist die Tür vom Esszimmer. Ich schiebe sie auf, aber das Zimmer ist verlassen und leer. Da ist nur ein blanker, dunkler Holztisch mit vier Stühlen und eine schmale Anrichte. Die Stühle sind ordentlich unter den Tisch geschoben. Der Tisch ist leer. Der elektrische Kamin ist kalt, wie auch das ganze Zimmer. Habe ich mich verhört? Bin ich zu früh herunter gekommen? Hat jemand etwas auf der Straße gerufen?
Ich klopfe sanft an die Wohnzimmertür.
Abby macht sie auf und strahlt mich an.
„Komm rein und ziehe dir um Himmels Willen den warmen Pullover aus, der ist hier drinnen viel zu warm.“
Stimmt. Eine stickige Wärme schlägt mir entgegen.
Mit einem Blick sehe ich, was hier vorgeht:
Vor dem Fernseher ist ein kleiner Campingtisch aufgebaut. Um ihn herum stehen drei Klappstühle bereit. Auf einem sitzt Glen und zerlegt ein Hähnchen.
Abby sagt entschuldigend: „Du siehst, wir machen es uns in der kalten Jahreszeit hier im Wohnzimmer ein bisschen nett. Komm, setz dich hier hin.“ Sie zieht einen Klappstuhl einladend für mich zurecht. „Ich hol noch eben den Salat aus der Küche.“
Ich lasse mich auf den Stuhl fallen und denke zum tausendsten Mal heute: Hilfe! Wo bin ich hier nur hingeraten?
Glen ergänzt die Ausführungen seiner Frau, indem er milde sagt: „Es ist nämlich so, Schatz: Das elektrische Feuer im Esszimmer verschlingt den Strom so schnell, dass du zugucken kannst. Das ist verdammt teuer. Im Sommer benutzen wir schon das Esszimmer.“
Aha, denke ich, so ist das also. Ich bin bei so richtigen Knausern zu Gast. So etwas habe ich noch nie erlebt.
Zum Glück ist das
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