Verliebt in einen Gentleman
dafür schämt? Habe ich wieder irgendetwas gesagt oder getan, was ihm missfallen hat? Hoffentlich nicht.
James, jedenfalls, findet mich anscheinend hinreißend. Ich spüre, wie ich unter seiner Bewunderung aufblühe, wie eine Primel, die eine Weile lang ohne Wasser war und nun ordentlich gegossen wird. Ich muss mit einem Mal daran denken, das es mit diesem James ähnlich nett ist, wie mit Jens. Je mehr ich von meinem Studium erzähle, desto mehr sieht er mich auch mit Achtung an.
„Ich wusste gar nicht“, sagt James, „dass die englische Literatur so spannend ist. Ich habe meine Englischstunden nur durch gepennt. Aber wenn ich dich so erzählen höre, und sehe, wie deine Augen vor Begeisterung blitzen, dann möchte ich sofort alle nach Hause schicken, mich in einen tiefen Sessel vergraben, vielleicht einen schönen Whisky zur Hand, und einen Roman von Thomas Hardy lesen, oder von George Eliot.“
Ich lache. „Hoffentlich denken meine Schüler das auch eines Tages.“
James wird ernst. „Sag mal, wie soll das eigentlich mit euch weiter gehen, mit Ethan und dir?“
Ich stutze. „Wieso?“
„Machst du dir keine Sorgen, dass eure Beziehung auseinander geht, wenn du wieder in Deutschland bist?“
Ich werde rot. „Ich weiß nicht, ob man bei uns schon wirklich von einer Beziehung reden kann. So lange kennen wir uns noch nicht.“
„Ha, dann habe ich ja noch Hoffnung“, sagt James und legt mir wie zur Probe einen Arm um die Taille.
Doch jetzt kommen die beiden Mädchen wieder sehr energisch auf uns zugeschritten.
Ich springe auf und sage: „Jetzt sind die beiden aber dran. Ich kann nicht den Festhammel den ganzen Abend in Beschlag nehmen.“
Dann flitze ich die Stufen so schnell herunter, wie es meine High Heels erlauben, und bewege mich in Richtung des Billiardzimmers.
Auf dem Weg dahin, werde ich am Arm festgehalten. Ethan. Sofort erbebe ich. Seine Berührung macht das immer wieder mit mir.
Er sieht auf mich herab. „Na, Hauptsache du amüsierst dich gut“, sagt er mit vorwurfsvollem Unterton.
„Entschuldigung“, sage ich sofort, „ich wusste nicht, dass du dich darüber ärgern würdest. Ich dachte, du wärst ganz vergnügt beim Billardspiel.“
„Nur, weil du anscheinend andere Gesellschaft bevorzugst“, sagt er mürrisch.
Hach, seine Eifersucht tut mir gut, ich gebe es zu.
„Komm“, sagt er jetzt, „wir verabschieden uns und fahren. Mir geht die laute Musik auf die Nerven.“
„Okay“, sage ich, „lass mich nur noch schnell James Tschüss sagen.“
Jetzt fasst er meinen Arm kräftiger, fast ein bisschen zu kräftig.
„Unsinn. Der merkt schon irgendwann, dass wir gegangen sind. Komm.“
Er dirigiert mich zum Ausgang. Die Frau in der Dienstbotenuniform erscheint aus dem Nichts und reicht uns unsere Mäntel.
Wir verlassen das Haus und gehen zum Auto. Die kalte Nachtluft umspült meinen Körper und erfrischt mich angenehm. Auch wenn die Party mir wirklich Spaß gemacht hat, so freue ich mich jetzt darauf, mit Ethan alleine zu sein. Für meinen Geschmack habe ich auch viel zu wenig von ihm im Laufe des Abends gesehen.
Anscheinend geht es ihm mit mir genauso, denn während er sich anschnallt, brummelt er: „Ich finde es etwas eigenartig, wenn man mit jemandem auf einer Party ist, der es anscheinend vorzieht, sich mit anderen Leuten zu amüsieren.“
Ich spitze die Ohren. Oha! Das klingt tatsächlich nach Eifersucht, nicht schlecht.
Das gibt mir Aufwind, und ich sage: „Och, dieser James war aber ganz nett. Er tanzt fantastisch und hat er mich viel zum Lachen gebracht. Ich habe mich prächtig mit ihm unterhalten.“
Doch jetzt geschieht etwas, auf dass ich nicht gefasst bin. Ethan wendet sich mir zu, und ich sehe, dass er richtig zornig ist.
„Ja, und genau das hat mir überhaupt nicht gefallen, Lea. Dieses Herumflirten mit ihm, dieses laute Gekicher, dieses Auf-der-Treppe-Hocken, so dass jeder dir unter den Rock gucken konnte.“ Sein Blick wird intensiver. „Lea“, sagt er eindringlich, „ich mag dich wirklich, sogar sehr. Aber es gibt eine Sache, die mich an dir wahnsinnig irritiert.“
Ich erschrecke. Oh je! So wollte ich ihn den doch nicht provozieren, dass er so in Rage gerät. Obwohl – wenn Ethan so leidenschaftlich wird, auch wenn es vor Wut ist, sieht er noch unwiderstehlicher aus als sonst. Außerdem frohlocke ich auch ein klitzekleines bisschen, dass ich ihm offensichtlich so viel bedeute.
„Sprich weiter“, sage ich.
„Dass du, obwohl du schon
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