Verliebt in einen Unbekannten
werden, und niemand, nicht einmal der liebenswerte William, könnte mich von diesem Ziel abbringen.
Ich warf ihm einen letzten schnellen Blick zu, dann beschloss ich, endlich zu schlafen. Und beobachtete, wie meine Hand wie ferngesteuert zur Maus griff, auf Antworten drückte und anfing, ihm eine Nachricht zu schreiben.
Kapitel fünf
»Nun ja, ich dachte, William wäre echt prima für dich, deshalb habe ich ihm direkt geantwortet«, sagte ich leichthin. »Ich halte ihn für eine ausgezeichnete Wahl, was deine Verabredungszeitnische am sechsundzwanzigsten September angeht.«
»Verstehe«, erwiderte Shelley kurz angebunden. »Könnten wir bitte fortfahren? Ich habe genau vier Minuten.«
Ich konnte ruhigen Gewissens sagen, dass ich Shelley Cartwright nicht sonderlich mochte. Laut eigener Aussage befand sie sich im Augenblick in der Smithson-International-Zentrale, genauer gesagt, im Sitzungssaal 2305 des Vorstands. Ich stellte mir die Szene vor: eine frustrierte, kluge Frau, mir selbst nicht unähnlich, die mit finsterem Blick die futuristisch anmutende Canary Wharf, Londons gewaltiges Wirtschaftszentrum, überblickte. Gestresst, hektisch, verlegen.
Ich malte mir aus, ich wäre an ihrer Stelle. Würde im Vorstandssitzungssaal bei Salutech stehen und auf den unablässigen Verkehrsstrom auf der A1 zum Fort Kinnaird Retail Park blicken, einem beliebten Einkaufszentrum. Ich wäre ebenfalls gestresst, hektisch und verlegen. Ich machte Shelley nicht zum Vorwurf, dass sie sich so unbehaglich fühlte, dennoch wäre ich auf keinen Fall so unhöflich gewesen wie sie.
»Natürlich können wir es kurz machen«, sagte ich freundlich. »Vielleicht fangen wir mit deinen früheren Beziehungen an. Warst du lange allein?« Charley, du blöde Kuh! , dachte ich und spürte, wie sich Shelleys Nackenhaare sträubten.
»Ich bin seit fünf Jahren Single«, erwiderte sie knapp. Ich stellte mir vor, wie eine zornige Röte auf ihr geschäftsmäÃiges Gesicht trat. »Das liegt an meinem Job. Ich glaube nicht, dass das etwas zur Sache tut.«
»Es geht ausschlieÃlich darum, dass ich deine Antworten korrekt verfasse«, erklärte ich. »Manche Männer fragen schon früh nach solchen Dingen.«
»Dann sind sie nichts für mich«, beschied Shelley knapp. »Schlechte Manieren.«
Trotz meiner zunehmenden Gereiztheit lächelte ich. Das waren genau die Worte, die ich gesagt hätte. »Da drauÃen gibt es viele Männer mit schlechten Manieren«, pflichtete ich ihr bei. »Ich werde mein Bestes tun, um sie auszusieben.« Ich räusperte mich. »Nun, der erste Mann auf deiner Liste, Stuart, klingt so, als befände er sich in einer ähnlichen Situation wie du. Viel beschäftigt und trotzdem aufrichtig an einer Beziehung interessiert.«
»Genau wie der zweite, William«, sagte sie. »Ich denke, er ist meine erste Wahl.«
Ich versuchte, nicht den Mut zu verlieren. »Wie ich schon sagte: Ich habe bereits begonnen, E-Mails mit ihm auszutauschen. Wir können schon bald ein Date vereinbaren.«
»Ich dachte, bevor du nicht sämtliche persönlichen Informationen von mir hast, könntest du nicht mit der Korrespondenz beginnen.«
»Da hast du vollkommen recht. Genau aus diesem Grund habe ich das Ganze sehr oberflächlich gehalten. Wir sind noch weit davon entfernt, ins Detail zu gehen.«
Oberflächlich? In meiner Magengegend machte sich leichte Panik bemerkbar. Ich spielte ein gefährliches Spiel.
»Na schön, Charlotte. Die Referenzen auf deiner Seite sind hervorragend. Ich vertraue dir.«
Sie wird dir die Hände abhacken, sollte sie je herausfinden, was du getan hast , dachte ich.
»Wie stark bist du denn im Augenblick eingespannt?«, erkundigte ich mich und versuchte, meine Sorge mit einem geschäftsmäÃigen Ton zu überspielen.
»Sehr. Ich muss morgens um zwanzig nach sechs los und komme abends erst nach halb neun zurück«, sagte sie. »Im Augenblick besuche ich an zwei Abenden pro Woche einen Business-Spanisch-Kurs, weil wir vorhaben, nach Zentralamerika zu expandieren, auÃerdem leite ich einmal die Woche einen Buchclub, um sicherzustellen, dass sich meine Gedanken nicht ausschlieÃlich um die Arbeit drehen. Ich jogge täglich und gehe, wenn möglich, ins Fitnessstudio. Leider arbeite ich auch an den meisten Wochenenden.«
Ich schnitt
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