Verliebt in einen Unbekannten
»Hört, hört!«, sagte sie. Sam schlurfte davon, um einen Orangensaft für meine GroÃmutter zu bestellen.
Während sich Hailey und Granny Helen darüber austauschten, wie schwierig es doch sei, mich mal zu fassen zu kriegen, beobachtete ich Sam, der gerade seine eigene Bestellung aufgab â eine frittierte Teigtasche mit Pommes, was sonst? â und in der Tasche seiner Trainingshose nach Kleingeld kramte.
Ich war überrascht, dass er körperlich in der Lage gewesen war, Granny Helen in ihrem Rollstuhl den Hügel hinaufzuschieben. Er war heute Mittag fix und fertig in die Küche getaumelt und hatte etwas von einem Vögelmarathon gebrummelt, den Yvonne und er in der Nacht aufgestellt hatten. Seitdem hatte er sich in einem Zustand benommener Erschöpfung befunden. Während er sich auf dem Sofa gefläzt und Dr. Who geschaut hatte, hatte ich versucht, mir Dr. William aus dem Kopf zu schlagen, indem ich rund dreiÃig E-Mails für meine Klienten verfasste.
Es hatte nicht funktioniert.
Als Sam für sein Essen bezahlte, unternahm ich die gewaltige mentale Anstrengung, William zu den Akten zu legen, wenigstens für den Augenblick. Granny Helen hatte den ganzen Weg auf sich genommen, um mich zu besuchen, und meine beiden engsten Freunde hatten alles darangesetzt, die Lambert-Damen den Hügel hinaufzukutschieren. Ich war ihnen etwas schuldig, zumindest meine volle Aufmerksamkeit.
Sam kehrte an unseren Tisch zurück, reichte meiner GroÃmutter ihren Orangensaft und öffnete eine Dose Cola für sich selbst. »Prost«, sagte er abwesend, dann schlug er seine Zähne in den frittierten Fladen. Sam beim Essen zuzuschauen war ganz ähnlich, wie Malcolm seine volle Schüssel hinzustellen, und ich musterte ihn mit der üblichen Mischung aus zärtlicher Zuneigung und Verzweiflung.
»Du schlingst dein Essen runter wie Malcolm«, sagte Granny Helen zu ihm. Sie hatte die Angewohnheit, Dinge auszusprechen, die andere Leute lieber für sich behielten. Sam zuckte die Achseln. Das war für ihn nichts Neues. »Trotzdem bist du ein ausgesprochen hübscher junger Mann«, fügte sie hinzu. Sam errötete.
»Ja, nicht wahr?«, pflichtete Hailey ihr bei. »Was für eine Verschwendung! Stell dir vor, es gäbe einen netten, treuen Kerl, der so aussieht wie er!«
Sam zwinkerte unbekümmert. »Ich bin ein netter Kerl. Und treu bin ich auch. Seit wir zusammen sind, war ich Yvonne die ganze Zeit über treu.«
»Sechs Monate sind ja nicht gerade der Weltrekord«, wiegelte Hailey ab. Granny Helen lächelte verschmitzt und betrachtete Sams Gesicht. Sie liebte es, Geschichten über sein für gewöhnlich skandalöses Liebesleben zu hören, da diese sie angeblich stets daran erinnerten, wie glücklich sie sich schätzen konnte, mit Granddad Jack verheiratet gewesen zu sein.
»Das nicht«, gab Sam zu, »aber es ist mein persönlicher Rekord.« Er schnitt einen käseeckenförmigen Schnitz aus seiner seltsamen Teigtasche und steckte ihn gespielt vornehm in den Mund.
Es entstand eine Pause.
Dann: »Ich nehme eine von diesen Teigtaschen!«, rief Granny Helen dem Mann an den Fritteusen zu. »Aufhören!«, schimpfte sie, als Sam, Hailey und ich schallend auflachten. »Also, Charlotte, wie läuft das Geschäft, meine Liebe?«
Ich errötete und hoffte inständig, dass Hailey nichts von meiner beschämenden E-Mail-Korrespondenz mit William letzte Nacht erwähnte. »Es läuft gut«, antwortete ich. »Sam war mir eine enorme Hilfe, gerade was die Publicity anbetrifft. Dank seiner Bemühungen habe ich schon fast siebzig Klienten! Ist das nicht fantastisch?«
Granny Helen schüttelte den Kopf. »Ich hätte verdammt sein wollen, wäre diese Sache kein Renner geworden. Charlotte«, fuhr sie mit ihrer strengsten Stimme fort, »ich hoffe nur, du hast nicht vor, das Ganze weiterzuverfolgen, wenn du bei Salutech wieder durchstartest. Denn lass mich eins klarstellen, mein liebes Mädchen: Du kannst nicht beides machen.«
Meine Freunde nickten zustimmend, und Hailey blickte mit fragend hochgezogener Augenbraue auf meinen Fisch. Da mir bereits übel von dem vielen Fett war, schob ich den Rest zu ihr rüber.
Genau dieser Gedanke hatte mich bereits während der vergangenen Wochen beschäftigt. Ich hatte First Date Aid gegründet, weil ich sonst meinen Verstand
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