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Verliebt in einen Unbekannten

Verliebt in einen Unbekannten

Titel: Verliebt in einen Unbekannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Robinson
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den Tisch. (»Ich habe heute so gar keinen süßen Zahn«, bemerkte Granny Helen und verschlang vier Stück nacheinander.) Dad quälte uns mit einer spektakulären Interpretation von »Ring of Fire« auf seinem Banjo. Sein Spiel hatte sich inzwischen erheblich verbessert, doch man konnte es noch lange nicht als gelungen bezeichnen. Malcolm, der offenbar mit mir einer Meinung war, verzog sich auf seine Decke und legte eine dicke braune Pfote übers Ohr. Granny Helen schlief auf ihrem Stuhl ein.
    Als ich Dad zusah, wie er den zerbrechlichen Körper meiner Großmutter auf die Arme nahm und sie nach nebenan zu ihrem Cottage trug, hielt ich den Atem an. »Sie ist wieder ganz die Alte«, sagte er zu niemand im Besonderen.
    Die Tür fiel hinter ihm zu. Schweigen senkte sich auf uns herab. »Dad will es nicht wahrhaben«, durchbrach Ness schließlich die Stille.
    Mum zuckte die Achseln. »Er ist Arzt, Nessie«, sagte sie. »Er weiß es besser als wir.«
    Â»Ach, Mum, komm schon. Granny Helen ist einundneunzig. Du weißt, was ein Schlaganfall in ihrem Alter bedeutet.«
    Ich war erstaunt. Ness sprach selten so unverblümt.
    Â»Der Grund, warum ich so offen rede«, sagte Ness, als hätte sie meine Gedanken gelesen, »ist der, dass ich mir ernsthafte Sorgen um Dad mache.«
    Â»Ich mir ebenfalls«, pflichtete Mum ihr nach einer Weile bei. »Er hängt unglaublich an ihr. Ich weiß nicht, was wir tun, wenn sie …« Sie verstummte.
    Wir sahen sie scharf an. Mum wusste immer , was zu tun war. Sie wich unseren Blicken aus und fing an, die Teller abzuräumen. »Wir werden ihr ganz einfach die Daumen drücken müssen«, sagte sie entschlossen. Dann setzte sie den Kessel auf, und Ness und ich wussten, dass das Thema damit für sie beendet war.
    Als ich in meinem kunterbunten Kinderzimmer langsam in den Schlaf glitt, spürte ich plötzlich, wie etwas an meinem linken Bein vibrierte. »Bloß nicht«, brummte ich und tastete nach meinem Handy.
    Â»Oh nein, verdammter Mist«, sagte ich, als ich Shelleys Namen auf dem Display blinken sah.
    HAST DU WILLIAM IMMER NOCH NICHT ZURÜCKGESCHRIEBEN ?, simste sie mir ein paar Sekunden später. Ich ignorierte sie. Es gab Wichtigeres, als eine Fremde zu verkuppeln.
    Mein Handy fing wieder an zu klingeln, und ich setzte mich erzürnt auf. »Shelley, es ist kurz vor Mitternacht, und ich bin bei meiner Familie. Ich werde William morgen antworten, okay?«
    Â»Ã„hm … hi, Chas?«
    Ich starrte auf mein Handy. Oh, Mist. Auf dem Display war ein Bild zu sehen, das Sam mit einem Kondom über dem Kopf zeigte. »’tschuldige, Bowes.«
    Â»Du gehst ja freundlich mit deinen Klientinnen um«, bemerkte er nachsichtig.
    Â»Tut mir leid, ich bin bloß – sie – ach, grrr.«
    Sam lachte leise. »Ich weiß. William ist genauso schlimm. Die beiden treiben mich jetzt schon in den Wahnsinn.«
    Â»Rufst du mich deshalb an? Sitzt dir William im Nacken?«
    Â»Natürlich nicht!« Sam klang gekränkt. »Ich wollte nur hören, ob bei dir alles in Ordnung ist. Hab mir Sorgen um Granny Helen gemacht.« Schweigen. »Ich wollte nur gern wissen, wie es euch verrückten Lamberts geht.«
    Ich war gerührt. »Das ist wirklich lieb von dir«, sagte ich lächelnd. »Danke. Nun, Granny Helen geht’s nicht unbedingt großartig, Dad will das alles nicht wahrhaben, was Mum ziemlich stresst, ich bin müde … nur Ness ist so umwerfend wie immer.«
    Â»Das klingt anstrengend, Chas. Jetzt schlaf erst mal ein bisschen …« Das Ganze war etwas zu weichgespült für Sam, was ihm offenbar auch auffiel, denn er verstummte.
    Â»Danke für deinen Anruf, Bowes. Ich bin übrigens schwer erstaunt, dass du samstagabends nicht im Internet unterwegs bist, um die Damenwelt zu beglücken.«
    Â»Nun, das tue ich doch. Ich sitze hier mit einem Drink und chatte. Wollte mich nur vergewissern, dass es dir gutgeht.«
    Â»Das ist sehr lieb von dir. Doch nun zurück an die Arbeit!«
    Â»Aye-aye. Gute Nacht, Chas.«
    Lächelnd rollte ich mich auf die Seite. Sam war vielleicht ein »unverbesserlicher Schürzenjäger«, aber er konnte auch der süßeste Mann der ganzen Welt sein. Manchmal. Und das verblüffte mich immer noch.

Kapitel elf
    Am nächsten Morgen wurde ich von einem Richtung Dunbar rauschenden Zug

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